Gerolsbach
Wenn die Wende Amor spielt

Susan Ilschner kam für ihre Ausbildung nach Bayern – und blieb der Liebe wegen da

01.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:44 Uhr

Foto: Claudia Lodermeyer

Gerolsbach (PK) Im Kinderzimmer steht schon alles bereit, auch der zweijährige Simon freut sich schon. Einen Monat ist noch Zeit: Dann bekommen Susan und Michael Ilschner ihr zweites Kind. Dass die junge Familie in Gerolsbach einmal ihr Glück findet, davon war lange Zeit keiner ausgegangen. Denn eigentlich war der Plan immer gewesen, dass Susan Ilschner dem Landkreis Pfaffenhofen wieder den Rücken kehrt.

 

Susan Ilschner war als 17-Jährige nach Pfaffenhofen gekommen, um eine Ausbildung am Landratsamt zu machen. Doch nach den drei Jahren wollte sie ursprünglich auf jeden Fall wieder in die Heimat in Sachsen. Doch dann machte ihr die Politik einen Strich durch die Rechnung – und außerdem war da noch ein junger DJ aus Loipersdorf. „Ich hab’ in Allershausen aufgelegt und auch in Schweitenkirchen“, erzählt Michael Ilschner. „Aber immer, wenn ich gearbeitet hab’, ist sie gar nicht gekommen.“

In die Region war Susan Ilschner kurz nach der Wende gekommen. Sie hatte sich beim Landratsamt in Torgau beworben. Der sächsische Landkreis bekam nach dem Fall der Mauer Unterstützung aus Bayern: Pfaffenhofen sollte dort mit Rat und Tat zur Seite stehen und helfen, eine Verwaltung mit aufzubauen. Damit sich die Torgauer aber in Zukunft auch selbst helfen konnten, kamen zwei Auszubildende nach Pfaffenhofen. „Sie haben zu uns gesagt, die Ausbildung ist dort ja besser und daher hätten wir eine sichere Stelle in Torgau, wenn wir wieder zurück kommen“, erinnert sich Susan Ilschner. „Eigentlich bin ich damals ganz alleine rüber gekommen – ich kannte ja auch das zweite Mädchen gar nicht.“

Am Anfang seien sie da ziemlich ins kalte Wasser geschmissen worden. „Wir haben keinen gekannt. Aber in meinem Fachgebiet, da gab es eine ältere Frau, die hat uns mit in ihre Familie aufgenommen.“ Trotzdem war für die junge Frau klar: „Ich war immer unter der Voraussetzung hier, dass ich wieder zurück gehe.“ Doch nach der Wende kam für die Neuen Bundesländer auch eine Gebietsreform: Gemeinden wurden zu größeren Verbünden zusammen gelegt, Verwaltungsgemeinschaften entstanden und auch die Landkreise wurden neu geregelt. „Die Leute, die uns vor der Ausbildung die Zusage gegeben hatten, dass sie uns übernehmen – die waren nicht mehr da.“ Daher ist Susan Ilschner nach der Ausbildung zwar schon wieder zurück, aber auf mehr als 30 Bewerbungen gab es keine einzige Zusage. „Und große Beziehungen hatte ich auch keine mehr in Torgau.“ Stattdessen hatte sie kurz zuvor einen jungen Mann in Bayern kennen gelernt. „In der Disco, beim Fortgehen“, sagt sie. Da nutzte Susan Ilschner die Gelegenheit, und kehrte erst einmal für ein halbes Jahr zurück ans Pfaffenhofener Landratsamt. „Schweren Herzens, aber ich wollte nicht arbeitslos sein.“

Danach schien sich alles zu fügen. Der damalige Kreiskämmerer Heinz Grusdat warf sich für die junge Frau in die Bresche. „Bei ihm war eine Stelle frei und er hat sehr dafür gekämpft, dass ich die bekomme – sogar bis in den Kreisausschuss.“ Denn so einfach ging das nicht. „Der Landkreis hatte ja Zuschüsse bekommen, dass sie jemanden aus dem Osten ausbilden – und die hätten sie dann zurückzahlen müssen, wenn sie mich behalten.“ Aber die Übernahme klappte. „Wenn ich den Chef nicht gehabt hätte, dann wäre alles anders gekommen.“

Doch nun stand auch der Beziehung mit Michael Ilschner nichts mehr im Weg. „Wir haben es langsam angehen lassen und waren schon ziemlich lang beieinander, bevor wir zusammengezogen sind“, erinnert er sich. Auch bei Susan Ilschners Familie zeigte sich am Anfang eher die Vorsicht: „Meine Mama hat schon mit ein bisschen Abstand auf ihn reagiert – weil er ja der Grund gewesen ist, dass ich hier geblieben bin.“ Doch mit der Zeit habe sich das gegeben. Im Mai 2002 stand schließlich die Hochzeit ins Haus – Ja-Wort in Pfaffenhofen, Fototermin im Kloster Scheyern und Feier in Rohrbach. Drei Jahre später kauften sie sich das Grundstück in Gerolsbach und vor gut zwei Jahren kam Simon auf die Welt – das Geschwisterchen kommt nun pünktlich zum Jubiläum der Einheit.