Gerolsbach
"95 Prozent sind die Leidtragenden"

Der Erfolg der Petition gegen das Gehwegpflastern sorgt für Unverständnis in Gerolsbach

20.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Gerolsbach (bdh) Bürger pflastern ihre Gehwege selbst und müssen dafür keine Straßenausbaubeiträge zahlen: Dieses sogenannte Gerolsbacher Modell ist nicht gesetzeskonform - das hat der Kommunalausschuss des Bayerischen Landtags nach einer entsprechenden deutlichen Stellungnahme aus dem Innenministerium festgestellt. Im Gerolsbacher Gemeinderat sah man das pragmatisch: "In Zukunft werden wir ganz normal abrechnen, wie alle anderen Gemeinden auch", erklärte Bürgermeister Martin Seitz betont emotionslos.

Ganz viel Wut im Bauch haben dagegen viele Anwohner der Pfaffenhofener Straße. Denn denen bleibt zwar das mühsame Pflastern des neuen Gehwegs erspart - dafür erwarten sie nun Straßenausbaubeiträge in vier- oder fünfstelliger Höhe. Einer der Anlieger ging vor der Sitzung schnurstracks zu Gemeinderat Stefan Maurer (fraktionslos), den er als Hintermann der Petition vermutet, und dankte ihm mit triefendem Sarkasmus für seinen "Einsatz für uns Bürger". Maurer hatte aber bereits im Januar mitgeteilt: "Ich stehe nicht im Absender der Petition und habe diese auch nicht (mit-)unterschrieben." Allerdings, so Maurer weiter, "hätte ich auch eine Petition zur Erlangung von Rechtssicherheit eingereicht, wenn der Bürgermeister, wie hier, sich scheinbar weigert, den Leuten verbindlich und schriftlich zuzusichern, dass sie nicht zahlen müssen, wenn sie pflastern." Die Petition hatten zwei Anwohner der Pfaffenhofener Straße eingereicht, die schon zweimal - 2008 und 2014 - zusammen mit Maurer auf der UB-Gemeinderatsliste kandidiert hatten.

Jakob Buchberger (CSU) zeigte sich im Gemeinderat "persönlich enttäuscht" von dem, was passiert sei. "Ein paar wenige" hätten sich offenbar mit dem Gerolsbacher Modell nicht abfinden wollen, und nun "sind 95 Prozent die Leidtragenden". Rudi Lönner (CWG) meinte: "Dass das Pflastern ein bisserl halbseidig war, das wissen wir ja." Umso weniger verstehe er, was sich die Einreicher von ihrer Petition erhofft hätten, nachdem ja schon im Vorfeld klar gewesen sei, dass eine generelle Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung in Gerolsbach nie genehmigt werden könne. Erst im November hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass eine solche Satzung nicht einmal bei deutlich reicheren Gemeinden als Gerolsbach aufgehoben werden könne.

Auch Paul Wengert (SPD), Landtagsabgeordneter und Berichterstatter des Kommunalausschusses, sagte auf Anfrage unserer Zeitung, dass es für Gerolsbach "gar keine Chance" gebe, die Satzung aufzuheben, weil "Straßenausbaubeitragssatzungen obligatorisch sind für die Gemeinden". Allerdings hätten die Petenten die Aufhebung auch gar nicht explizit beantragt - sie hätten sich gegen das eigenhändige Pflastern und die generelle Notwendigkeit der Gehwegerneuerung ausgesprochen.

Dennoch habe das Innenministerium die Satzung für "nichtig" erklärt - "das ist die höchste Stufe der Unzulässigkeit", erklärte Wengert. Das bezieht sich allerdings auf die Abweichungen von der in vielen Gemeinden geltenden Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags, die in Gerolsbach das Pflastern als Alternative zur Beitragszahlung erlaubt. Man achte zwar das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung, aber das Landratsamt Pfaffenhofen als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde werde nun gebeten, "auf eine Änderung der bisherigen Verwaltungspraxis hinzuwirken". Die Zeiten des Selberpflasterns seien in Gerolsbach damit vorbei, stellte Bürgermeister Seitz klar. Das bedeutet: Auch in anderen Straßen wird es diese Möglichkeit nicht mehr geben.