Geisenfeld
Ziemlicher Zirkus um den Kreisbauhof

Fahrender Artistenclan hat sich hier festgesetzt und beeinträchtigt Einsatzfähigkeit von BRK-Gruppen

08.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:27 Uhr

Bissig oder nicht? Zwei große Hunde lassen die Zirkusleute auf dem Bauhofgelände frei herumlaufen. Vier Einsatzgruppen des BRK haben auch deshalb seit Monaten große Probleme, an ihr hier eingelagertes Material zu gelangen - Foto: Kohlhuber

Geisenfeld (GZ) Mitglieder eines Wanderzirkus haben sich seit gut einem Jahr im Kreisbauhof in Geisenfeld festgesetzt. Dort lagert aber auch dringend benötigtes technisches Material des BRK-Kreisverbandes, an das die verschiedenen Einsatzgruppen oft nicht herankommen.

Man werde von den Zirkusleuten immer wieder schikaniert und behindert, berichtet Markus Liersch, Kreisbereitschaftsleiter beim BRK. Mittlerweile sei die Einsatzfähigkeit massiv gefährdet, die Einsatzgruppe Betreuung sei bereits stillgelegt.

Liersch spricht von „großen Hunden der Zirkusleute, die auf dem Bauhof frei herumlaufen und auch an einem hochspringen, bis Brusthöhe“. Trotz Aufforderung habe sich der Zirkuschef geweigert, die Tiere anzuleinen. „Wir können da, besonders nachts, unsere Leute nicht mehr auf das Gelände lassen – das ist zu gefährlich.“ Niemand wisse, ob die Tiere im Dunkeln nicht doch zubeißen.

Das Rote Kreuz ist auf dem Gelände an der Augsburger Straße, außerhalb von Geisenfeldwinden, schon länger zahlender Mieter des Landkreises. Hier lagert Material von vier BRK-Einsatzgruppen, unter anderem von jenen für Betreuung, Technik und Unterstützung. Teilweise konnte die Situation durch in den Rettungsleitstellen vorhandenes Material kompensiert werden, aber diese Notlösung stößt mittlerweile an ihre Grenzen.

Auch mit den menschlichen Bewohnern des Geisenfelder Bauhofs haben die BRK-Helfer so ihre Probleme. „Es gab immer wieder mal Streit, seit die sich dort aufhalten, aber seit November hat sich die Situation zugespitzt.“ Unter anderem würden die Zirkusleute die Ausfahrten zum Bauhof und die Parkplätze des BRK zuparken.

Die Gerätschaften der Rettungssanitäter und -assistenten sind wiederum so abgestellt, dass sie anders nicht mehr nach draußen gelangen können, erläutert Markus Liersch. Auf freundliche Aufforderungen, doch beiseite zu fahren, würden die Zirkusleute meist gar nicht reagieren. „Wir hoffen, dass sich bald etwas ändert“, sagt der Kreisbereitschaftsleiter. „Unsere Mitglieder sind doch motiviert und möchten helfen.“ Äußern möchten sich die Zirkusleute nicht zu den Vorwürfen, auch der Versuch einer telefonischen Kontaktaufnahme scheiterte.

Das Drama begann vor mehr als einem Jahr. Damals hielt sich die Zirkusfamilie Brumbach zunächst in Ernsgaden auf und wusste nicht, wohin. Der ehrenamtliche Bürgermeister Karl Huber (CSU), im Hauptberuf Pressesprecher des Landratsamts, vermittelte sie aus Mitleid auf den Pfaffenhofener Kreisbauhof in Geisenfeld. Schließlich suchte die Zirkus-Truppe händeringend ein Winterquartier.

Wobei: „Zirkus“ – das bestätigt jeder, der das Ensemble schon mal in Aktion erlebt hat – eine eher beschönigende Beschreibung für das inzwischen nur noch aus den besagten Hunden und einigen wenigen Artisten bestehende Ensemble ist. „Ich habe ihnen mal einen Auftritt auf dem Geisenfelder Volksfest vermittelt, aber die Resonanz war gering“, berichtet Bürgermeister Christian Staudter (USB). Zuvor hatte der Zirkuschef vom Rathauschef Geld gefordert: Er müsse erst Sprit kaufen, um mit den Wagen zum Volksfestplatz fahren zu können, hieß es. Ihren Lebensunterhalt bestreitet die Familie inzwischen mit Hartz-IV-Leistungen, eine stabile und vor allem dauerhafte Einnahmequelle stellt der Zirkus schon lange nicht mehr dar. Mittlerweile hat sich auch das Verhältnis zwischen dem rund zehn Köpfe umfassenden fahrenden Volk und den Alteingesessenen abgekühlt, Bürger beschweren sich laut Aussage von Christian Staudter im Rathaus unter anderem über Lärmbelästigung.

Die Geisenfelder sind im Übrigen nicht die erste Kommune in der Region, die unangenehme Erfahrungen mit einer der besonders in Süddeutschland zahlreichen umherziehenden Zirkusfamilien macht. Im Jahr 2010 etwa zog ein anderer „Circus Brumbach“ (mutmaßlich Verwandte) illegal auf das Gelände am Alten Schlachthof im Osten von Regensburg, in der Folge verwüsteten sie nach Angaben des Vereinschefs den Rasen beim Sportverein BSC. Später kam es in der oberpfälzischen Bezirkshauptstadt zu einer blutigen Auseinandersetzung zwischen den dortigen Brumbachs und einem anderen Zirkus-Clan – es ging wohl um Einflussgebiete.

Dem Landkreis Pfaffenhofen dürfte wohl nach jetzigem Stand der Dinge kaum eine andere Chance bleiben als eine Räumungsklage, um die ungeliebten Nutzer auf dem Bauhof wieder loszuwerden. Eine solche wird nach den Worten von Landratsamt-Sprecher Karl Huber auch bereits vorbereitet. Man sehe die Sorgen des BRK, befinde sich auch bereits seit Monaten in Gesprächen mit der Familie. Allerdings seien vom Familienoberhaupt bisher immer neue Gründe vorgeschoben worden, warum man die Weiterreise nicht antreten könne, erläutert Karl Huber. „Mal war die Ehefrau ernsthaft erkrankt, mal waren die Wagen kaputt.“ Mit dem Versuch, den Zirkusleuten wenigstens den derzeit vom Steuerzahler gesponserten Strom abzustellen, ist die Kreisbehörde ebenfalls gescheitert. Nach einiger Zeit musste er wieder geliefert werden.

Dass die Zirkusfamilie gerade jetzt, im Winter, freiwillig weiterzieht, dies zu erwarten sei illusorisch, warnt Christian Staudter. Er hoffe, dass sich irgendwo ein großherziger Gönner findet, der beispielsweise einen alten Bauernhof zur Verfügung stellt.