Geisenfeld
Premiere im Storchen-Kino

Kamera überträgt jetzt live aus dem Nest – Klasse 6 d der Realschule wirkt an Forschungsprojekt des LBV mit

03.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Das Geschehen auf dem Geisenfelder Storchenhorst kann ab sofort jeder Internetnutzer live mitverfolgen. Das Foto rechts zeigt den Bildausschnitt, den die auf dem Kirchturm installierte Kamera einfängt. Zur „Storchenkino-Premiere“ hatte Professor Hans-Joachim Leppelsack die Klasse 6 d der Geisenfelder Realschule besucht (linkes Foto). An der digitalen Tafel erläuterte er auch den Umgang mit der App, die Daten über das Flugverhalten des mit einem Sender ausgestatteten Storches liefert - Foto: Zurek/Screenshot DK

Geisenfeld (GZ) Eifriges Flattern mit den Flügeln, Streckübungen und aufgeregtes Klappern – die jungen Störche im Geisenfelder Horst machen sich bereit für den ersten Ausflug. Seit Freitag ist das live mitzuerleben – per Webcam. Erste Funksignale überträgt zudem der Sender, den einer der drei Geschwister trägt.

„Wunderschöne Bilder“, sogar als Stream, liefere die im örtlichen Kirchturm untergebrachte Kamera, zeigt sich Hans-Joachim Leppelsack vom Landesbund für Vogelschutz begeistert. Wovon sich jeder im Internet unter www.pfaffenhofen.lbv.de (Stichwort „Störche im Landkreis“) selber überzeugen kann. Zu danken ist dies dem örtlichen Bürgerring, der die Initiative des Kreis-LBV zur Umweltbildung mit 3820 Euro unterstützt hatte. Technisch umgesetzt wurde das Projekt von der Pfaffenhofener Firma Stahl.

Zur Storchenkino-Premiere hatte sich Leppelsack am Mittwoch in der Klasse 6 d der Realschule Geisenfeld eingefunden. Deren Schüler werden im Rahmen des Wahlfachs Biologie eine besondere Rolle in Sachen Storch spielen. „Ihr könnt bei einem Forschungsprojekt mitwirken, das mit modernster Technologie arbeitet und bisher ziemlich einzigartig ist“, betonte der Biologe. Noch immer gebe es nämlich viele Fragen im Zusammenhang mit dem Zugverhalten der Störche. Dank Beringung und Horstkameras habe man in jüngster Zeit viele als unumstößlich geltende Erkenntnisse wieder verwerfen müssen. Nun erhoffe man sich zusätzliche Aufschlüsse durch Sender, wie sie einer der Jungstörche aus Geisenfeld trägt.

Der „elektronische Rucksack“, mit Solarmodul und drei Antennen, erfasst per Datenlogger wichtige Informationen. Nicht nur darüber, wo sich der Storch gerade befindet, sondern auch ob er Aufwinde nutzt und gleitet oder per Muskeleinsatz fliegt. Selbst die Umgebungstemperatur wird erfasst.

Zusätzlich ist der fliegende Forschungsgehilfe eingebunden in ein sogenanntes Citizen-Science-Projekt – an dem eben auch Schüler aus Geisenfeld mitwirken dürfen. „Jeder ist willkommen, mitzumachen“, betont Leppelsack, der in den nächsten Tagen daher auch in der Mittelschule Gespräche führen wird. Möglich wird die wissenschaftliche Hilfe dank der sogenannten, Animal-Tracker-App. Wer sie auf sein Handy herunterlädt, sieht, wo sich die besenderten Tiere gerade befinden.

Wahlweise lässt sich die Route über zwei Wochen oder ein ganzes Jahr nachvollziehen. Befindet sich der Vogel in der Nähe des eigenen Standortes, lässt er sich mittels App „auf fünf Meter genau orten“, wie Leppelsack verrät – und damit live beobachten. Ihre Fotos, Kommentare und Erkenntnisse können die Schüler gemeinsam mit ihrem Lehrer direkt ans Max-Planck-Institut in Radolfzell senden, wo sie von Wissenschaftlern ausgewertet werden. So leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des Storchenzuges, der Gefahren der Reise und der Lebensweise der Tiere. Alles Dinge „um die Art besser schützen zu können“, sagt der LBV-Vorsitzende.

Weil „ihr“ Storch ja noch im Nest sitzt, nehmen sich die Schüler zu Demonstrationszwecken in dieser Stunde „Sepp“ und „Ziegen-Tom“ vor. Die Brüder stammen, wie über die App zu erfahren, aus einem Horst in Frensdorf (Oberfranken). Ersterer tummelt sich in der Nähe einer Bewässerungsanlage in Libyen herum. Letzterer hingegen befindet sich schon wieder in heimischen Gefilden. Die GPS-Daten sind ganz aktuell, als Hintergrundbild des Aufenthaltsortes dient jedoch eine Aufnahme von Google Earth (die meist mehrere Monate alt ist). Ab 2016 ist hier eine andere Lösung in Sicht: An der Raumstation ISS sollen Kameras installiert werden, die brandaktuelle Darstellungen des Areals liefern, an dem der Storch geortet wurde.

„Ich hab die App schon auf meinem Tablet“, verrät Biologielehrer Christian Fröhler und schmiedet eifrig Pläne für den Einsatz im nächsten Schuljahr. Für das Wahlfach Biologie gäbe es „viele schöne Möglichkeiten“ ist er überzeugt. Und denkt unter anderem an die Erstellung eines Storchen-Tagebuchs. Ganzheitlich könne man da vorgehen und – das Einverständnis der Kollegen vorausgesetzt – auch fächerübergreifend arbeiten. Schließlich habe der Storchenzug ja auch etwas mit Erdkunde zu tun.

Noch hat „ihr“ Storch in Geisenfeld keinen Namen. Es wird zu den ersten Aufgaben der am Projekt beteiligten Klassen gehören, einen Modus zur Namensfindung festzulegen.