Geisenfeld
Notbremse gegen Verödung des Zentrums

Stadt räumt sich per Satzung Vorkaufsrecht für alle Grundstücke im erweiterten Stadtkern ein

03.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:57 Uhr

Geisenfeld (GZ) Im Kampf gegen die fortschreitende Verödung des Stadtzentrums hat der Stadtrat jetzt die Notbremse gezogen. In seiner jüngsten Sitzung verabschiedete das Gremium eine Satzung, die der Stadt bei Grundstücken im Ortskern ein besonderes Vorverkaufsrecht einräumt.

Was seine Innenstadt angeht, hat Geisenfeld dasselbe Problem wie viele andere Kleinstädte auch. Weil sich der Einzelhandel mehr und mehr zurückzieht und immer weniger Menschen in den Altstadthäusern wohnen, droht eine Verödung. Gegen die man mit der Verordnung nun ein Instrument zu haben glaubt.

Die genaueren Hintergründe für den Schritt der Stadt legte in der jüngsten Stadtratssitzung Verwaltungsleiter Hannes Hetzenecker ausführlich dar. Wie dieser erläuterte, seien viele Altstadthäuser nur noch von Menschen „jenseits der 70“ bewohnt. „Hier ist der Leerstand von morgen schon heute absehbar“, so Hetzenecker, wobei dieser Leerstand das Interesse von Investoren wecke. Diese wiederum seien naturgemäß mehr an einem kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Gewinn interessiert als an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.

Zur Gewährleistung einer solchen biete das Baugesetzbuch durch das gemeindliche Vorkaufsrecht die Möglichkeit, „städtebaulich nicht gewünschten Grundstücksgeschäften entgegenzuwirken“. Sofern also das Wohl der Allgemeinheit den gemeindlichen Eigentumserwerb rechtfertige, könne dieses Vorkaufsrecht ausgeübt werden.

Ziel müsse es sein, so Hetzenecker, Geisenfeld auch in seinem Stadtkern zunehmend wieder auch für junge Menschen lebenswert zu machen. Die Stadt werde sich deshalb in nächster Zeit „gezielt um die Deckung des Wohnraumbedarfes von Bevölkerungsgruppen kümmern, die auf dem freien Markt Probleme haben, hier zum Zug zu kommen\". Stichwort: sozialer Wohnungsbau. „Spekulative Ankäufe von Altstadthäusern etwa zum Zweck der zeitlich befristeten Unterbringung von Monteuren sind hier kontraproduktiv“, betonte der Verwaltungschef, offenbar auf einen konkreten Fall am Marienplatz anspielend. „Wir brauchen diese Satzung als Handhabe gegen unliebsame Entwicklungen“, betonte auch Bürgermeister Christian Staudter (USB).

Was bedeutet die neue Satzung nun konkret? Wichtig ist hierbei zunächst einmal der Umgriff, in dem sie Gültigkeit hat. Hier wurde vom Stadtrat der Bereich innerhalb der früheren Stadtmauer von 1423 gewählt. Will heißen der Bereich, der im Osten von der Krankenhausstraße, in Norden von der Regensburger Straße, im Nordwesten von der Grabengasse, im Westen von der Fuchsbüchlerkellerstraße und im Süden vom Hafnerbergl eingegrenzt wird. Bei allen Grundstücken innerhalb dieses Bereiches gilt das städtische Vorkaufsrecht. Bei allen Grundstücksgeschäften hat dabei der Verkäufer der Stadt Geisenfeld den Inhalt des Kaufvertrages unverzüglich mitzuteilen. Und das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer nur dann als Eigentümer eintragen, wenn das Amt den Nachweis hat, dass die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch macht.

Ausüben kann die Stadt ihr Vorkaufsrecht dabei nicht willkürlich. „Wir müssen jeweils einen triftigen Grund, eine Folgenutzung, benennen“, erläuterte der Bürgermeister auf eine entsprechende Anfrage von Hans Schranner (CSU). Dieser machte deutlich, dass es sich hier schon um einen „gewichtigen Eingriff in das Recht am eigenen Grund und Boden“ handle. Günter Böhm (USB) stellte dazu klar, dass die Stadt niemanden zwinge, etwas zu einem bestimmten Preis zu verkaufen. „Wir bieten dieselben marktüblichen Konditionen wie der private Interessent.“

In Kraft tritt die Vorkaufssatzung „am Tage nach ihrer Bekanntmachung“ und somit noch im Laufe dieser Woche. Gültigkeit behalten soll sie, bis sie irgendwann in den nächsten Jahren von einer noch umfassenderen Sanierungssatzung abgelöst wird. Diese Satzung soll dann Ausfluss eines integrierten städtebaulichen Gutachtens sein, das die Stadt vor einigen Monaten in Auftrag gegeben hat – auch in Hinblick auf Bezuschussungen bei der anstehenden Neugestaltung des zentralen Gandorfer-Areals.