Geisenfeld
Mobbing "im Keim ersticken"

Geisenfelder Mittelschüler wirken an Modellversuch für Präventionsprojekt an Schulen mit

07.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:43 Uhr
Unterrichtsprojekt Mobbing in Geisenfeld −Foto: Zurek, Magdalena, Geisenfeld

Geisenfeld (GZ) Mobbing ist kein Scherz und hat für die Opfer oft lebenslange Folgen. Mit einem Präventions-Projekt will man im Landkreis für das Thema sensibilisieren. Schüler der Irlanda-Riedl-Schule Geisenfeld haben als erste bei einem Modellversuch mitgewirkt und fanden´s "sehr interessant".

Federführend verantwortlich zeichnet dabei Manfred Liesaus, Stabstelle Jugendschutz, der Schulen, Schüler und Eltern seit Jahren unter anderem in Sachen Mobbing oder Gefahren des Internets beratend begleitet. Dabei habe er oft erlebt, dass jugendliche Täter ihr Handeln als "bloßen Spaß" bezeichnen und kein Mitgefühl mit den Opfern zeigen. Genau an dieser Stelle soll das neue Projekt ansetzen.

Kerstin Klementz, an der Mittelschule für die Jugendsozialarbeit zuständig, begrüßt die Initiative. Die Erfahrung zeige, dass es gelingen kann, "Mobbing im Keim zu ersticken". Wichtig sei dabei neben der Sensibilisierung für das Thema, dass es für die Schüler Ansprechpartner an der Schule gibt. "Wir ermuntern die Jugendlichen, gleich zu uns zu kommen, wenn sie vermuten, dass irgendwo jemand gemobbt wird, damit sich die Situation nicht zuspitzt".

Liesaus hat ein aus sieben Modulen bestehendes Konzept erarbeitet, das Lehrern und Jugendsozialarbeitern an Schulen didaktische und pädagogische Hilfen und viel konkretes Material an die Hand gibt- mit dem Ziel, "Schulen für die eigenständige Präventionsarbeit gegen Mobbing stark zu machen".

Derzeit befindet sich das Konzept sozusagen im "Feldversuch". Funktioniert der neue Ansatz? Wo muss noch nachgebessert werden, damit die Botschaft tatsächlich bei den Jugendlichen ankommt? Die Klasse 6 B macht dabei den Anfang. Als die Mitarbeiterin der Zeitung vorbeischaut, haben die Schüler schon zwei Module hinter sich. Als ersten Schritt gab es zwei Stunden lang "Kurzfilme mit berührenden Fallbeispielen zu sehen", erklärt Liesaus. Um besser nachempfinden zu können, wie die einzelnen Akteure beim Mobbing "ticken", sind die Schüler in einer zweiten Einheit in die Rolle von Opfer, Mobber, Helfer, Zuschauer geschlüpft. Das sei wichtig, betont Klementz, denn "die Schüler sind sich oft der Tragweite ihres Handelns nicht bewusst".

Gerade wiederholen die Jugendlichen das am Vortag in Modul 3 Gelernte. Aus welchen Puzzleteilen setzt sich Mobbing zusammen? Erst zaghaft, dann immer eifriger gehen die Finger hoch. Von Beleidigung bis zur Verbreitung von Nacktbildern gehen die theoretischen Beispiele. Doch beim klassischen Abfragen soll es nicht bleiben, in Kleingruppen sollen die Jugendlichen echte Fälle beurteilen. Im Flur sind Plakate aufgehängt - Screenshots von Chats sowie Bilder aus sozialen Medien. "Krass" finden die Teenager, was da so abgeht - so manchem sind ähnliche Vorfälle bekannt.

Am nächsten Tag werden sie sich altersgemäß mit der rechtlichen Situation beschäftigen. Je nach Alter in unterschiedlicher Intensität. Für die Sechstklässler ist es neu, dass Mobbing selbst zwar kein Straftatbestand ist - das, was dabei geschieht - von Nötigung über Erpressung bis zu verbaler oder tatsächlicher Gewalt - aber schon. Auch hier wird nichts gestellt, die Fallbeispiele stammen aus dem wahren Leben.

In einer nächsten Einheit wird "das Hineinversetzen in die Opfer vertieft", so Liesaus. Es folgt die Beschäftigung mit den persönlichen Grundrechten und am Ende stehen technische Möglichkeiten zum Selbstschutz, die die Schüler am eigenen Handy erlernen und einrichten können.

Und was sagen die Teilnehmer des Projektes? In einer anonymisierten Umfrage waren sich alle einig, dass das Projekt sinnvoll ist. "Ich wurde auch schon mal gemobbt, das war schlimm", lautet ein Kommentar, der sich in anderem Wortlaut wiederholt. Eigentlich sei eine Woche zu kurz für das Projekt, das als "interessant und gar nicht langweilig" gewertet wurde, heißt es mehrfach. Und als besonders hilfreich fanden die Schüler konkrete Tipps, wie man Angriffe über Snapchat, Instagram und Co blockieren kann.

Als Nächstes wird der Versuch in einer siebten Klasse an der Mittelschule in Schweitenkirchen wiederholt, im Herbst dann an einer Förderschule im Landkreis. Erfahrungen aus der Erprobung werden in das Material eingearbeitet, bevor dann im Herbst erste Lehrer und Jugendsozialarbeiter sich auf breiter Basis mit dessen Benutzung vertraut machen können.