Geisenfeld
Den Rollstuhl auch als Sportgerät

20-jähriger Geisenfelder Josef Dost ist stolz auf den Titel des Bayerischen Landessiegers im Basketball

29.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Rollstuhl-Basketball ist eine der großen Leidenschaften von Josef Dost (rechts). In dieser Sportart wurde er im Juli Bayerischer Landessieger. Das Foto zeigt ihn im Team der Westpark-Wheelys, seiner Mannschaft beim BVSV Ingolstadt. - Foto: Kowalski

Geisenfeld (GZ) Wenn in einigen Tagen in Brasilien die Paralympics beginnen, wird Josef Dost mehr als andere mitfiebern. Der 20-jährige Geisenfelder wurde mit einem offenen Rücken geboren, ist als Rollstuhlfahrer aber selbst sportlich sehr erfolgreich.

Wie er so am heimischen Küchentisch mit spürbarem Stolz von seinem jüngsten Erfolg erzählt, wirkt Josef Dost wie ein ganz gewöhnlicher Jugendlicher. So hat er etwa beim Landesschulsportfest "Jugend trainiert für Paralympics" in Coburg gleich vier Titel auf einmal geholt: "als Einzelsportler ein erster Platz im Dreikampf, ein zweiter Platz beim Schwimmen, und Gold beim Staffellauf im Team". Das besondere Highlight bei dem Wettbewerb war es freilich, dass er mit seiner Mannschaft zudem im Rollstuhl-Basketball den Titel als Bayerischer Landessieger geholt hat. "Seit acht Jahren ging diese Auszeichnung damit erstmals wieder an unsere Schule", freut sich der Schüler des Wirtschaftszweigs an der Bayerischen Landesschule München.

Unter der Woche ist er dort im Internat und fühlt sich "total wohl, weil alles so familiär ist". Wie jeden anderen Twen treiben ihn derzeit Gedanken um seine berufliche Zukunft um. "Erst mal möchte ich nach dem Abschluss eine Lehre im Bürobereich machen ", erzählt er.

Dass er heute sein Leben so zielstrebig angehen kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn Josef Dost wurde mit offenem Rücken (spina bifida) geboren.Im Klinikum Landshut verschließt man bald nach der Entbindung die offene Stelle im Rückenmark und legt ihm einen Shunt, damit das Hirnwasser in den Bauch abfließen kann. Mit sechs Jahren begibt er sich in die Hände des Spezialisten Leonhard Döderlein, der zunächst seine beiden luxierten Hüften operiert, später die Kniebeuger operativ streckt und die Füße begradigt. "Ich war vom 4. August bis 8. November 2003 in Heidelberg im Krankenhaus", erinnert sich der Geisenfelder noch genau an die Zeit.

Kaum wieder zu Hause fällt er zu Boden und zieht sich einen Oberschenkelbruch zu. Über ein Jahr lang hat er mit den Folgen zu kämpfen. Weitere Operationen folgen, aber Selbstmitleid ist nicht sein Ding. "Ich fühle mich nicht behindert", sagt er und ergänzt: "Natürlich brauch ich Hilfe und kann nicht ohne Vierpunktstützen gehen, aber andere Menschen haben doch auch ihre Probleme." Schlechte Erfahrungen hat er aufgrund seiner Behinderung so gut wie keine gemacht. Die meisten Menschen reagierten positiv, gerade für seine Leistungen erhalte er "viel Anerkennung und Lob". Nur wenige verhielten sich "ein wenig zu sehr besorgt um mich", sagt er schmunzelnd. Einziges Ärgernis im Alltag sind für ihn "die vielen Stolperschwellen oder Hürden, über die ich mit dem Rollstuhl einfach nicht drüber komm". Im Urlaub in Österreich fällt ihm immer auf, "dass die da schon sehr viel weiter sind mit der Barrierefreiheit".

Dass er sein Leben annehmen kann, wie es nun einmal ist, "dabei hat mir die Mama geholfen", betont Josef Dost. Mutter Marion, die selber als Tennistrainerin aktiv war, animierte ihn früh, sich sportlich zu betätigen "weil das die soziale Integration fördert und gesundheitlich ja nur von Vorteil sein kann", wie die seit 18 Jahren alleinerziehende Verwaltungsangestellte sagt. Sie suchte zudem nach einer integrativen Schule, in der ihr Sohn auch nach der Grundschule optimal gefördert wird. Von der Bayerischen Landesschule in München ist sie in dieser Hinsicht begeistert.

Grund zum Ärgern hat sie eigentlich nur im Umgang mit der Krankenkasse. Die nämlich nahm die sportliche Leistung ihres Sohnes zum Anlass, dessen erhöhte Pflegebedürftigkeit in Zweifel zu ziehen. "Dass er den Alltag nicht ohne vielfältige Unterstützung bewältigen kann und diverse teure Hilfsmittel an der Tagesordnung sind, das interessierte nicht", so die 50-Jährige. Erst nach einem über zweijährigen Kampf und einer Klage vor Gericht, in der sich ein unabhängiger Arzt mit einem Gutachten einbrachte, bekam sie Recht. Physiotherapie auf Rezept braucht Josef Dost nicht - stattdessen trainiert er im Fitnessstudio und mit den Iguaanas, seinen Rollstuhl-Basketballkollegen in München. Zudem spielt er beim BVSV Ingolstadt in einer Mannschaft, die sich Westpark Wheelys nennt. "Für Tennis, Handball und Monoskifahren hab ich inzwischen fast keine Zeit mehr", räumt der 20-jährige ein. Denn ein Hobby will er bei allem sportlichen Ehrgeiz nicht vernachlässigen: das Theaterspiel. Für dieses engagiert er sich in der Schulspielgruppe "Theater AG" in München - und besteht dabei auf Rollen, "in dene i boarisch red", meint er mit einem Lächeln.

Und die nächste sportliche Herausforderung? Das ist der 24-Stunden-Lauf in Geisenfeld. Im Team des Landkreises will Josef Dost da zum dritten Mal dabei sein. "Da ist die Atmosphäre immer so toll", lobt er die integrative Veranstaltung.