Geisenfeld
Das verflixte siebte Jahr

Vier Bürgerbus-Fahrer gehen in den Ruhestand – jetzt werden dringend neue Ehrenamtliche gesucht

04.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:35 Uhr

Dank für die geleistete Arbeit: Die langjährigen Bürgerbus-Fahrer Willi Seckler (von links), Franz Sorg und Elisabeth Lachermeier-Lemke zeichnete Bürgermeister Christian Staudter mit einer Ehrenurkunde aus. Es fehlt Ludwig Diepold - Foto: Ermert

Geisenfeld (PK) „Ich bin eine Frau der ersten Stunde“, sagt Elisabeth Lachermeier-Lemke und lacht. Für Franz Sorg, Willi Seckler und Ludwig Diepold gilt das auch. Alle vier sind Bürgerbus-Fahrer. Und weil sie jetzt damit aufhören, sucht die Stadt dringend neue Ehrenamtliche.

„Es waren sehr schöne Zeiten. Mir hat das immer Spaß gemacht“, sagt Franz Sorg. Geschichten könnte er erzählen. Jede Menge. Aber er muss vorsichtig sein. „Das Wichtigste, was ein Bürgerbus-Fahrer können muss, ist schweigen“, sagt Willi Seckler. Bei den Fahrten durch die Ortsteile, vormittags, rein in die Stadt, sieht und hört man eben so einiges. „Ich weiß über viele Familien bestens Bescheid. Und über so manchen Streit unter Nachbarn auch“, fügt Elisabeth Lachermeier-Lemke an. Auch sie war stets mit Leib und Seele Busfahrerin. Jahrelang. Doch anders als ihre drei männlichen Kollegen hört sie nicht aus Altersgründen auf. „Ich habe nicht mehr die nötige Zeit. Da ist einmal die Familie. Zum andern orientiere ich mich gerade beruflich neu“, sagt sie, als sie aus den Händen von Bürgermeister Christian Staudter (Unabhängige Soziale Bürger) eine Ehrenurkunde in Empfang nimmt. Direkt vor dem Rathaus. Gleich neben dem Fahrzeug, in dem sie in den vergangenen Jahren so viele Stunden verbracht hat. Unentgeltlich. Ehrenamtlich. Aber immer gerne.

Staudter hat etwas Sorge um die Zukunft der Einrichtung, die er längst für unentbehrlich hält. Er kann seinen Fahrern nur danken. Und er hofft, Ersatz zu finden. „Anfangs wurden wir auch mal ausgelacht. Als Geisterfahrer verspotte, wenn wir mal wieder eine Leerfahrt hatten“, berichtet Seckler. Aber das ist Vergangenheit. Manche Ortsteile durchfährt der Bus an jedem Dienstag und Donnerstag zwar immer noch ohne Halt. Aber es werden weniger. Und an den meisten Haltestellen steigt jemand zu. Meistens sind es ältere Damen. „Die haben euch schon gemocht“, sagt Lachermeier-Lemke in Richtung ihrer Kollegen. Die können sich das Lachen nicht verkneifen. „Es sollen sich ja alle wohlfühlen“, rechtfertigt sich Seckler. Und Sorg fügt an: „Man darf die Alten nicht unterschätzen. Sie haben viel zu erzählen, wissen viel – und sind sehr unterhaltsam.“

Die Gründe, weshalb die Menschen den Bürgerbus nutzen, sind unterschiedlich. Viele der Seniorinnen haben nie einen Führerschein besessen. „Und wenn ihnen dann der Mann wegstirbt, brauchen sie eine Möglichkeit, um auch mal in die Stadt zu kommen“, sagt Seckler. Gar so viel Spaß mache es eben dann doch nicht, jedes Mal die Tochter fragen zu müssen, ob sie einen zum Friseur kutschieren könne, führt Lachermeier-Lemke aus. „Sie wollen halt auch mal etwas Zeit für sich, um allein und in aller Ruhe ein paar Dinge zu erledigen – oder um einfach nur zu schauen und zu ratschen.“

Ein paar Männer sind auch unter den Stammgästen. Die sind aber eher schweigsam. Einer von ihnen nannte mal einen ganz pragmatischen Grund, weshalb er den Bürgerbus schätzt. „50 Cent für eine Fahrt in die Stadt. Dafür fahre ich mein Auto nicht mal aus der Garage.“

Aus welchen Gründen auch immer. Die Leute sind dankbar, dass es den Bürgerbus gibt. „Und das gibt einem viel mehr als Geld“, meint Seckler. Gern gesehen seien die Fahrer stets überall gewesen. Ein gutes Beispiel für das Ansehen, das die Ehrenämtler in den Ortsteilen genießen, erzählt Franz Sorg. Immer wieder sei er auf seiner Tour durch Obermettenbach gekommen. Ein Zwetschgenbaum mit riesigen reifen Früchten sei ihm dabei aufgefallen. Immer wieder habe Sorg gehalten und sich ein paar davon stibitzt. Die Besitzer hätten das offenbar gesehen. Aber geschimpft sei er nicht worden. Im Gegenteil: Eines Tages hätten sie ihm einen ganzen Korb voller Zwetschgen gepflückt und hingestellt. „Weil ich sie so gerne mag, haben sie gesagt – und ich habe mich riesig darüber gefreut.“

Es sind die kleinen Freuden, die das Leben erst lebenswert machen. Das wissen die Bürgerbus-Fahrer ganz genau. Daher hoffen sie mit Bürgermeister Staudter, dass sich schon bald viele Freiwillige finden, die in ihre Fußstapfen treten. Wer Interesse hat und sich informieren möchte, braucht nur bei Angelika Förtsch im Vorzimmer des Rathauschefs anzurufen. Unter der Nummer (0 84 52) 89 40 ist sie erreichbar.