Geisenfeld
Das Wildererdrama von Ernsgaden

Schusswechsel im Wald fordert 1882 zwei Menschenleben – Folge vier der GZ-Serie über historische Kriminalfälle

28.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Geisenfeld (GZ) Wildern ist in früheren Jahrhunderten ein überaus verbreitetes Delikt gewesen. Im Frühjahr 1882, so berichten wir in der dritten Folge unserer Serie über Kriminalfälle von anno dazumal, kam es dabei in Ernsgaden zu einem Drama, das zwei Menschenleben forderte.

Das Geisenfelder Wochenblatt berichtet über den Vorfall ausführlich. Am Mittwoch, 1. März, so heißt es hier, sei der königliche Waldaufseher Ignaz Haug aus Ernsgaden morgens um 8 Uhr auf Kontrollgang im Irschinger Pfarrwald gewesen, und dabei habe er im Streu versteckt eine frisch geschossene Rehgeiß gefunden. In der Überzeugung, dass die Wilderer die Rehgeiß bald holen würden, versteckte er sich in einem Gebüsch, um sie abzupassen – zunächst ohne Erfolg. Als sie aber im Laufe des Vormittags nicht kamen, holte Haug zwei Gendarmen herbei und versteckte sich mit diesen abermals im Dickicht. Am späteren Nachmittag wurde das Warten dann belohnt: Die Wilderer schlichen heran, um ihre Jagdbeute abzuholen.

„Als sich Haug mit den Gendarmen erhob, um die beiden Jagdfrevler festzunehmen, erhielt er sofort von einem derselben einen Schrotschuss in die Seite. Trotzdem hielt sich Haug aufrecht und gab auf den Schützen zwei Schüsse ab, von denen einer traf. Auch die Gendarmen feuerten nun auf diesen Wilderer, während Haug schwer getroffen zusammenstürzte.“

Die Gendarmen, so heißt es in dem Bericht weiter, verfolgten einen Wilderer eine Strecke weit, doch gelang es diesem zu entkommen. „Darauf begaben sie sich zu Haug zurück und trugen ihn in das benachbarte Lindach. Der Waldaufseher Haug starb vier Tage später unter starken Schmerzen an seiner schweren Verwundung.“ Am Tag nach dem Vorfall entdeckte eine Gerichtskommission, die am Tatort nach Spuren suchte, einen der Wilderer tot im Dickicht. Er hielt seinen Jagdzwilling noch in der Hand. Die Leiche des zunächst unbekannten Mannes wurde von seinem Vater identifiziert. Es handelte sich um den 34-jährigen Kolonistensohn Thomas Fieger aus Mändelfeld im Donaumoos. Er hatte bereits wegen Totschlags eine sechsjährige Zuchthausstrafe verbüßt. Sein Bruder war ebenfalls beim Wildern ums Leben gekommen.