Geisenfeld
"Blutgruppe Line Dance positiv"

14.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Die Cowboys und Cowgirls der Ilm River Dancer zeigten zuletzt auch bei der Verleihung des Geisenfelder Kulturpreises Ende Oktober in der Anton-Wolf-Halle ihr Können. - Foto: Kohlhuber

In Linien nebeneinander, ohne Partner, zu sämtlichen Musikstilen: Line Dance ist nicht vergleichbar mit Walzer oder Foxtrott. Dennoch verlangt er einem Einiges ab, wie unsere Reporterin beim Training mit den Ilm River Dancern in Geisenfeld festgestellt hat.

Geisenfeld (GZ) Countrymusik, Frauen und Männer mit Cowboystiefeln, Cowboyhut und Fransenweste: Mit diesem Bild im Kopf fahre ich zum Training der Ilm River Dancer nach Geisenfeld, die heute Abend ihr zehnjähriges Bestehen feiern. Im Fuchssaal wartet bereits die Vorsitzende Elfriede Eifertinger, in Jeans, T-Shirt und schwarzen Tanzschuhen. "Na, schon gespannt", fragt sie und lächelt. Die Turnschuhe werden gegen schwarze Stiefeletten getauscht. "Die Sohle ist glatt, das passt", sagt sie. Dann geht es los. "So, jetzt üben wir einmal ein paar Schritte", sagt die 73-Jährige, die bereits seit 20 Jahren den Line Dance tanzt. "Und side, cross, behind, side, step." Dann die nächste Schrittkombination, inklusive Vierteldrehung und Shuffle, eine Art abgewandelter Cha Cha Cha. Nach ein paar Wiederholungen sitzt die Choreographie.

Allmählich trudeln die Ilm River Dancer ein. Keiner von ihnen kommt mit dem Pferd oder schwingt seinen Cowboyhut. Alle in Jeans und dem Vereinsshirt in hellem Blau, vom Wilden Westen keine Spur. Unter den 30 Frauen tummeln sich auch vier Männer im Fuchssaal. Einer davon ist der Franzose Claude Rominger. Seit sechs Jahren ist er dabei. "Ich habe damals ein Auge auf eine gewisse Dame geworfen und mich dann hier angemeldet", erzählt der 51-Jährige. "Leider wurde nichts daraus, aber ich bin trotzdem geblieben, schließlich ist es schon schön, unter so vielen Damen zu sein." Drei Jahre lange war er sogar der Hahn im Korb - bis er männliche Verstärkung bekam.

Eifertinger geht auf die Bühne und die Gruppe positioniert sich vor ihr, in Linien nebeneinander. "Gut, dann wollen wir mit einem neuen Tanz anfangen." Sie zeigt ihrer Truppe die gleichen Schritte wie mir zuvor. Dann kommt die Musik dazu. Jetzt geht es nach Takt. Und eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht. Die Line Dancer, alle zwischen 40 und 74 Jahren alt, tanzen synchron, kaum einer macht einen Fehler. Das Tempo wird schneller. Jetzt wird es schon komplizierter mit der Koordination der Füße und dem Taktgefühl. Doch es klappt - noch.

"Man kann den Line Dance wirklich zu jeder Musik tanzen, egal ob Country, Rock, Pop oder Gospel", sagt Eifertinger. "Meine Tänzerinnen und Tänzer beherrschen 160 verschiedene Tänze, bei mir sind es über 200. Und jedes Lied hat seinen eigenen Tanz." Ein paar Kostproben dieses Repertoires präsentiert die Gruppe beim nächsten Tanz. Der Bonanza ertönt aus den Boxen und es geht los. Und eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht. Drehung, Drehung, Klatschen, kick, side, cross. Immer wieder komme ich aus dem Takt, drehe mich in die falsche Richtung oder verhake meine Füße und muss aufpassen, dass ich nicht gegen meine Nachbarin rumple. Das passiert noch einige Male und dann ist es so weit: Ich gebe auf. Als blutiger Anfänger ist es einfach unmöglich, mitzuhalten und den Schritten zu folgen, selbst wenn man sich immer wieder auf die Seite stellt, beobachtet und versucht, sich die Schrittfolge zu verinnerlichen. An Ehrgeiz und Spaß mangelt es nicht. Es fehlen einfach Routine und Übung.

"Ja, einfach ist es nicht, aber mit der Zeit und viel Übung sitzen die Schritte irgendwann", sagt Celine Ittstein. "Es ist dann fast schon wie eine Sucht." Seit drei Jahren ist die 65-Jährige bei den Line Dancern dabei, seit ihrem achten Lebensjahr tanzt sie. "Mittlerweile habe ich die Blutgruppe Line Dance positiv", sagt sie und lacht. "Und ganz praktisch: Man braucht keinen Mann als Tanzpartner." Bewegung, Geselligkeit und Gehirntraining: die wichtigsten Dinge, die Maria Mayer, Inge Mölter und Clara Boguth am Line Dance so mögen. "So wie andere zum Zumba gehen, machen wir eben Line Dance", sagt Mayer.

Das nächste Lied läuft, diesmal ein ruhiger Gospel. Die Schritte sind langsamer, die Bewegungen nicht mehr so flott wie etwa beim Bonanza. Es sieht schön aus, wie die Tänzer im Takt und synchron ihre Füße vor- und nebeneinander setzen, es wirkt schon fast etwas beruhigend. Und auch mein Puls ist allmählich wieder normal.

ZEHN JAHRE ILM RIVER DANCER

Mit einer internen Feier heute Abend im Fuchssaal begehen die Ilm River Dancer ihr zehnjähriges Bestehen. 
Begonnen hat alles 2007 mit der von der Stadt gestarteten Initiative "Geisenfeld macht sich fit". Ziel: Die Bürger für mehr Bewegung begeistern. Das war die Geburtsstunde der Geisenfelder Line Dancer. Seither trainieren diese jeden Freitag ab 19 Uhr unter der Leitung von Elfriede Eifertinger im Fuchssaal. Die Liste ihrer Aufträge ist lang: Neben einem jährlichen Treffen mit über 500 Gleichgesinnten aus aller Welt im Birkenheide-Biergarten stehen sie auch bei Feiern, Jubiläen, Geburtstagen, im Fasching oder bei Treffen mit anderen Vereinen auf der Bühne. Zu den Höhepunkten zählten dabei der Auftritt in der Filmstadt "Lansing" bei den Darstellern von "Dahoam is dahoam" sowie ein Vereinsausflug nach Irland.