Geisenfeld
Erst die Arbeit, dann die Wohnung

Drei Jahre nach Beginn der Flüchtlingswelle schließen die ersten Neuankömmlinge ihre Lehre ab

06.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr

Deutsch lernen ist für die Flüchtlinge nach wie vor das erste Gebot. Denn nur dann können sie sich integrieren, eine Arbeit und womöglich sogar eine Wohnung finden. - Foto: Zurek

Geisenfeld (GZ) "Bitte Arbeit" - das war der Satz, den die Helfer am häufigsten hörten, als vor knapp drei Jahren die Flüchtlingswelle den Landkreis erreichte. In Geisenfeld ist der Wunsch für viele Neuankömmlinge in Erfüllung gegangen. Einige haben jüngst sogar eine Lehre abgeschlossen.

Das war für den Asylkreis der Nachbarschaftshilfe ein besonderer Grund zur Freude, hatten sich die jungen Männer aus Afghanistan, Uganda, dem Senegal und der Demokratischen Republik Kongo doch richtig reingehängt, fleißig Deutsch gelernt und für die Berufsschule gebüffelt. Einer von ihnen hat die Lehre zum Altenpfleger als einer der besten seines Jahrgangs abgeschlossen. Drei andere sind nun fertige Maurergesellen. Alle wurden von ihren Arbeitgebern übernommen.

Doch wie sieht es bei den anderen aus? Von einst rund 300 Geflüchteten leben derzeit noch 208 in der Großgemeinde - 135 von ihnen in der Gemeinschaftsunterkunft (ehemalige Patriotstellung), 73 in der Stadt und ihren Ortsteilen. 153 von ihnen hängen in der Warteschleife, harren auf den Ausgang ihres Asylverfahrens. Die meisten von ihnen stammen aus Pakistan, Afghanistan oder Nigeria - und haben wenig Hoffnung auf einen positiven Bescheid. Den übrigen 55 (davon lediglich zehn aus der Patriotstellung) wurde nach Prüfung ihres Antrags vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Flüchtlingsstatus oder subsidiärer Schutz zugebilligt. In einigen Fällen besteht zudem ein nationales Abschiebehindernis. Nach Auskunft von Roland Matejka vom Helferkreis Feilenmoos ist es dennoch gelungen, etwa 70 Prozent der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in Arbeit zu vermitteln - meist in Jobs, die eine geringe Qualifikation erfordern. Das sind zum Beispiel Helferarbeiten am Bau, in der Gastronomie oder bei der Müllabfuhr. Diese Zahl sei saisonalen Schwankungen unterworfen. Die übrigen 30 Prozent seien traumatisierte oder kranke Menschen. "Oder auch Problemfälle, die ihre Arbeit aufgrund Unzuverlässigkeit verloren haben, oder noch gar nicht Deutsch sprechen", so Matejka weiter. Der Versuch für einige Personen die Erlaubnis zur Ausbildung zu erhalten, sei mit Ausnahme eines einzigen Falles trotz Eignung und vorhandener Ausbildungsstelle an fehlenden Identitätsnachweisen gescheitert.

Bei den vom Asylkreis der Caritas Betreuten, die dezentral in der Stadt und den Ortsteilen untergebracht sind, stellt sich das Bild wie folgt dar: Ein Drittel der Personen verdienen ihren Unterhalt selber - bei örtlichen Handwerksfirmen und Dienstleistern oder in größeren Unternehmen in Pfaffenhofen. Vier haben eine Lehre abgeschlossen, zwei befinden sich noch in Ausbildung, andere besuchen Deutsch-, Integrations- oder Berufsvorbereitungskurse.

Mittlerweile ist die Vermittlung in Arbeit nicht mehr das vorrangige Problem. Der eingangs zitierte Satz ist dem Wunsch nach kleinen Wohnungen gewichen. "Da befinden wir uns als Helfer in einem Dilemma, denn wir möchten nicht Hilfsbedürftige gegeneinander ausspielen, sondern wünschen uns eine faire Chance für jeden Suchenden", meint Gabi Fink vom Asylkreis.
 

Sonderstellung der Jugendlichen

Eine Sonderstellung unter den in Geisenfeld untergebrachten Geflüchteten nehmen die sechs Jugendlichen aus Afghanistan, Pakistan, Albanien und Somalia ein, die als unbegleitete Minderjährige in einer teilbetreuten Wohngruppe der Jugendhilfeeinrichtung Praxis Rölz am Schießstättweg leben. Drei von ihnen sind erst vor Kurzem hier angekommen. Sie lernen gerade Deutsch im Berufsgrundschuljahr. Von den Übrigen besuchen zwei Flüchtlinge das berufsvorbereitende Jahr für Maurer an der Regens-Wagner-Berufsschule in Hohenwart beziehungsweise jenes für Holztechnik an der Berufsschule Pfaffenhofen, ein weiterer die Berufsfachschule für Altenpflegehilfe in der Kreisstadt.

„Wir suchen noch dringend nach Praktikums- und Ausbildungsplätzen“ erklärt Betreuerin Kathrin Schreck. Interessierte Unternehmen können sich an Angelika Förtsch, Telefon (08452) 98-1 09 wenden, die seitens der Stadtverwaltung als Anlaufstelle fungiert. Als Beispiel dafür, wie motiviert die Burschen sind, erzählt Schreck von einem jungen Afghanen aus ihrer Gruppe, der mittlerweile in Schweitenkirchen wohnt. Um zu Unterrichtsbeginn um 8 Uhr in Freising zu sein, musste er bisher an Berufsschultagen jeden Morgen um 5 Uhr mit dem Fahrrad nach Kirchdorf und von dort um 5.41 Uhr mit dem Bus nach Freising fahren. Obwohl die Schule um 16.30 Uhr endete, war er erst gegen 20 Uhr wieder zurück. Sehr zur Freude der Betreuer ist ihm nun „behördlicherseits ein Umzug in den Landkreis Freising, in die Nähe seiner Ausbildungsstelle in Aussicht gestellt worden“, so Schreck.