Geisenfeld
Am PC Deutsch lernen – in 50 Sprachen

Kostenfreie Lernsoftware für Asylbewerber: Als Pilotprojekt im Landkreis will die Stadt das "Tölzer Modell" einführen

23.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

Selbstständig am PC die deutsche Sprache erlernen können Asylbewerber mit dem Tölzer Modell, das die pensionierte Diplom-Mathematikerin Waltraud Haase (rechts) entwickelt hat. Auf dem Foto zeigt sie einem jungen Asylbewerber aus Nigeria den Umgang mit dem System - Foto: Zurek

Geisenfeld (zur) „Einfach einfach“ – so beschreibt Initiatorin Waltraud Haase das „Tölzer Modell“, das Asylbewerbern das Erlernen des Deutschen am Computer möglich macht. Die Stadt Geisenfeld will das kostenfreie System als erste Kommune im Landkreis Pfaffenhofen einführen.

Haase erläuterte die Hintergründe der von ihr ins Leben gerufenen und vom Verein Asylplus getragenen Initiative in einem Vortrag in der jüngsten Stadtratssitzung. Das Stimmungsbild, das sich auf Rückfrage von Bürgermeister Christian Staudter (USB) ergab, zeigte im Gremium eine durchweg positive Grundhaltung zu dem Pilotprojekt. Zu klären bleiben indes, wie Gabriele Bachhuber (CSU) betonte, wichtige Fragen – allen voran jene nach geeigneten Räumlichkeiten.

Nachdem sich vor einigen Wochen eine Gruppe des örtlichen Asylhelferkreises in Begleitung unter anderem des Integrationsbeauftragten Manfred Meixensberger (USB) in Bad Tölz über die Umsetzung der Maßnahme informiert hatte, erläuterte Haase auf Einladung der Stadt nun die Eckdaten des Modells. „Es darf nichts kosten, kein Personal benötigen und die Computer müssen von selber laufen“ – dies seien die Maximen, so die Diplom-Mathematikerin im Ruhestand mit einem Augenzwinkern.

Doch was genau verbirgt sich hinter dem Projekt? Vereinfacht gesagt, ermöglicht es Lernenden über eine Internetplattform Zugriff auf Online-Bildungsangebote renommierter Anbieter wie Goethe-Verlag oder Deutsche Welle. In erster Linie geht es um das selbstständige Erlernen von Deutsch (ausgehend von 50 Sprachen), aber auch Mathematik gehört zu den Lerninhalten.

Bereits 148 der derzeit rund 300 Nutzer hätten dank dieser Unterstützung einen zertifizierten Sprachabschluss geschafft, so Haase. Damit komme man dem Ziel näher, „aus Leistungsempfängern Leistungserbringer zu machen“. Genutzt wird dafür Ubuntu, ein kostenloses Linux-Betriebssystem, das als besonders virussicher, benutzerfreundlich und stabil gilt. Für die stetige Erweiterung des Angebotes etwa durch kostenlose Apps arbeite man mit der TU München und der Uni Regensburg zusammen, erklärte Haase, die ihren IT-Experten Muafaq al Mufti, selber Asylbewerber, zu ihrem Vortrag nach mitgebracht hatte.

Die Beschaffung der für die Umsetzung des Projekts benötigten Computer sei bisher „kein Problem“, nahm sie Bedenken vorweg. Aus Firmenspenden könne man für das Pilotprojekt Geisenfeld schon mal zehn bereits konfigurierte Exemplare kostenlos zur Verfügung stellen, teilte sie mit. Die Betreuung der Geräte und Zentren laufe über Ehrenamtliche – auch unter den Asylbewerbern seien ja viele, die sich in der Materie gut auskennen. „Wir müssen da das Bild in unseren Köpfen ändern“, so die Mathematikerin über Vorurteile. Was den nötigen Internetzugang über WLAN oder Hotspot angehe, könne man nach Prüfung des Einzelfalles unterschiedliche, mit Blick auf die Betreiberhaftung rechtlich sichere Lösungen finden, die sich über einen geringen Eigenbeitrag der Asylbewerber (sogenannte Voucher) selber finanzieren, so Haase auf Anfrage von Meixensberger. Bisher gibt es weder in der Unterkunft Feilenmoos noch in der Rosenstraße einen Internetzugang. Der Verein Asylplus werde dem Geisenfelder Team hier anfangs gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen – auch bei der Schulung potenzieller Betreuer.