Ernsgaden
"Einen wie Mujeeb könnte man immer brauchen"

Fünf afghanische Flüchtlinge erledigen in Ernsgaden gemeinnützige Arbeit 15 von 22 haben Ablehnungsbescheide

22.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:54 Uhr

Willkommene Hilfe beim Abladen erhalten die Nutzer des Ernsgadener Wertstoffhofes noch bis Oktober von fünf afghanischen Flüchtlingen, die im Rahmen eines Bundesprogramms 18 Stunde pro Woche gemeinnützige Arbeit leisten. - Foto: Kohlhuber

Ernsgaden (GZ) Sperrmüll oder Elektroschrott? Mujeeb fragt lieber nach - nicht dass er das Trumm in den falschen Container wirft. Von den Schwierigkeiten der Mülltrennung lässt sich der 33-Jährige aber nicht entmutigen. Hauptsache: Endlich mal was arbeiten.

Mujeeb ist einer von fünf in Ernsgaden untergebrachten afghanischen Flüchtlingen, die derzeit am örtlichen Wertstoffhof und am Bauhof mit anpacken dürfen. Unter Vermittlung der Gemeinde und organisiert vom Landratsamt und der Agentur für Arbeit erledigen sie im Rahmen eines Bundesprogrammes gemeinnützige Arbeit. Und spüren auf diesem Weg zumindest ein wenig von dem, was als Schlagwort immer wieder gefordert wird, aber zumeist nur auf dem Papier steht: Integration.

Seit knapp eineinhalb Jahren sind in Ernsgaden etwa zwei Dutzend Flüchtlinge untergebracht - alles junge Männer aus Afghanistan. Jenem Land, in das nach dem verheerenden Anschlag mit 160 Toten und 450 Verletzten die Abschiebungen jetzt wieder aufgenommen wurden. Gut die Hälfte der Flüchtlinge wohnt seit Anfang an in der Containersiedlung am östlichen Ortsrand, vom Start weg gut betreut von einem sehr engagierten Helferkreis. Der, so berichtet Bürgermeister Karl Huber, "ist zwar auch bei uns etwas abgeschmolzen", aber ein fester Stamm von etwa einer Handvoll an Ehrenamtlichen ist es noch, die sich regelmäßig kümmern. Die Deutschunterricht geben oder bei Behördenangelegenheiten behilflich sind.

Abgesehen von gelegentlichen internen Reibereien gab es "noch nie Probleme mit den Burschen", berichtet der Bürgermeister. "Sie sind äußerst höflich und freundlich, ein paar sind im Sportverein aktiv und kommen auch da mal ins Gespräch." Intensivere Berührungspunkte mit der Bevölkerung gibt es aber nicht, sagt der Gemeindechef. Die Flüchtlinge würden von der Bevölkerung akzeptiert - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Bleibeperspektiven sind für Flüchtlinge aus Afghanistan bekanntlich nicht sonderlich gut. Von den 22 Afghanen, die in Ernsgaden untergebracht sind, haben nach einer Aufstellung des Landratsamtes 15 einen Ablehnungsbescheid erhalten. Von diesen befinden sich acht im Klageverfahren. Soll heißen, sie gehen juristisch gegen den Bescheid vor. Ein paar andere, so hört man, sind angesichts der drohenden Abschiebung untergetaucht. Bei drei weiteren Flüchtlingen liegt bereits eine "negative Abschlussmitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor", sie stehen also unmittelbar vor ihrer Abschiebung. Nur noch drei der in Ernsgaden untergebrachten Afghanen befinden sich im laufenden Asylverfahren, haben also noch keinen Bescheid erhalten. Lediglich einer der 22 wurde anerkannt, er wohnt aber noch in einem der Container, weil er noch keine andere Bleibe gefunden hat. "Fehlbeleger" heißt dies im Beamtendeutsch.

Der 33-jährige Mujeeb, der zusammen mit vier weiteren Flüchtlingen im Rahmen des Bundesprogramms gemeinnützige Arbeit in Ernsgaden leistet, ist einer von den Dreien, die noch keinen Bescheid haben. Zwei Jahre lang, bis zu seiner Flucht im Dezember 2015, hat er in Afghanistan als Dolmetscher für die US-Army gearbeitet. Zuvor war er in einem IT-Betrieb tätig gewesen. Vor einer Abschiebung hätte er gewaltige Angst, gibt Mujeeb zu, "wegen meiner früheren Arbeit bei den Amerikanern hätten es manche Kreise auf mein Leben abgesehen", berichtet er in fließendem Englisch.

Für die Gelegenheit, jetzt am Bauhof und am Wertstoffhof mit anpacken zu können, ist der 33-Jährige sehr dankbar, wie er betont. Schließlich hat er mit seinem derzeitigen Status keine Genehmigung für eine feste Arbeitsaufnahme. Das Programm, das noch bis Oktober läuft, umfasst etwa 18 Stunden pro Woche. Als Entgelt gibt es 80 Cent pro Stunde. "Sie sind pünktlich und fleißig", bescheinigt Simon Huber, Vorarbeiter am Ernsgadener Wertstoffhof, den fünf Afghanen eine gute Arbeitsmoral.

"Vielleicht noch ein Jahr Sprachkurs, und jeder von denen könnte ohne Probleme bei einem Handwerker anfangen", sagt Bürgermeister Karl Huber. "Hochmotivierte Leute wie diese suchen die Betriebe händeringend", weiß der Gemeindechef, der sich deshalb wünschen würde, es gäbe in Deutschland "eine zweite Schiene der Zuwanderung" in Form eines Einwanderunggesetzes wie etwa in Kanada. Ein System mit Aufnahmetests in den Heimatländern, das Deutschland in die Lage versetzten würde, "sich die Leute aussuchen zu können". Im Gegenzug müsse die unkontrollierte Zuwanderung durch eine konsequente Sicherung der EU-Außengrenzen konsequent unterbunden werden, meint Huber.

"Einen wie Mujeeb oder auch etliche der anderen afghanischen Burschen aus Ernsgaden, könne man in Deutschland immer gebrauchen", sagt der Ernsgadener Bürgermeister. "Doch leider gibt es für sie hier nur die Asyl-Schiene."