Pfaffenhofen
Die neue Transparenz der Ilmtalklinik

Kreisräte schwanken: Nächstes Kapitel in traurigem Roman oder einmalige Chance auf Neuausrichtung des Hauses

17.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr
Überraschung! Wie es mit der Sanierung der Ilmtalklinik weiter geht, ist wieder offen. −Foto: Gegger

Pfaffenhofen (PK) Überrascht sind die Verantwortlichen von den Entwicklungen rund um die Sanierung der Ilmtalklinik. Wer hat was gewusst, was gesagt, was verschwiegen? Neben den neuen Zahlen und Fakten, die eventuell sogar einen Neubau rechtfertigen könnten, sind das die drängendsten Fragen.

War bislang von einer knapp 80 Millionen Euro teuren Generalsanierung des Krankenhauses mit rund 220 Betten die Rede, kam jetzt ans Licht, dass erhebliche Bereiche im Erd- und Untergeschoss des gut 30 Jahre alten Gebäudekomplexes in den Renovierungsplänen nicht berücksichtigt sind. Bis zum 20. September haben die Hitzler-Ingenieure als Projektplaner einige Hausaufgaben zu erledigen, um Transparenz in die Vorgänge zu bringen. Zudem wird geprüft, wie teuer ein Neubau der Klinik wäre. Völlig neue Voraussetzungen also, die Fragen aufwerfen. Vor allem eine: Wieso hat der Aufsichtsrat nicht gewusst, dass die Küche, die externen Praxen und die Physikalische Therapie nicht saniert werden sollen? Bei Kosten von fast 80 Millionen Euro – gut 50 zahlt der Freistaat für die förderfähigen Bereiche, gut 20 der Landkreis – ist das kaum vermittelbar.

Geschäftsführer Christian Degen bleibt seiner Linie treu und bemüht sich um Offenheit. Nach einer Vorbesprechung mit den Chefärzten trafen sich Degen und der weitere Geschäftsführer Ingo Goldammer vor etwa vier Wochen mit den Planern, um die weiteren Sanierungsmaßnahmen – der Umbau von Gynäkologie und Geburtshilfe war schon unter Vorgänger Marcel John besprochen worden – abzustimmen. „Dabei ging es auch um das Erd- und Untergeschoss“, so Degen. Die beiden hätten erstmals davon gehört, dass die nicht förderfähigen Bereiche bei der Sanierung nicht angetastet würden. Sie schlugen Alarm, informierten Landrats-Stellvertreter Anton Westner (CSU). Da dieser davon noch nie etwas gehört hatte, wurde die Sitzung anberaumt. Degen sagt nun, dass der frühere Geschäftsführer John eigentlich im Bilde gewesen sein müsste. „Das Planungsbüro hat alle Absprachen dokumentiert. Also was, wann, wem gesagt wurde. Die können das nachvollziehen.“

Am 20. September soll im Aufsichtsrat alles auf den Tisch kommen. Wie es zu der Entscheidung kommen konnte, die Teilbereiche nicht zu sanieren, kann sich Degen nur so erklären, dass John versucht habe, die Kosten für den Landkreis gering zu halten. „Das Haus ist 30 Jahre alt. Wenn wir jetzt sanieren und fünf Jahre später daherkommen, dass wir im Erd- und Untergeschoss die Leitungen und Lüftungsrohre auswechseln müssen, zeigen uns alle einen Vogel“, führt er aus. Daher sei nur der Gang an die Öffentlichkeit geblieben. „So eine Entscheidung braucht eine breite Basis. Da muss die Politik mitreden.“

Und die fällt sprichwörtlich aus allen Wolken. Aus dem Landratsamt verlautet Sprecher Karl Huber, dass „jegliche Spekulationen müßig“ seien. Vielleicht sei etwas gesagt worden, das dann nicht weitergegeben wurde. Oder vergessen. „Oder es wurde aneinander vorbeigeredet. Das kann alles sein“, so Huber. Jetzt komme es darauf an, den Sachverhalt zu erforschen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Politiker aller Fraktionen reagieren überrascht, ein wenig erschrocken, aber auch mit Erleichterung. Der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Straub findet es gut, dass die neue Geschäftsführung alle Steine aufhebt. „Da findet sich das eine oder andere, das keinem bewusst war.“ Degen und Goldammer sollten dennoch weiter hinterfragen. „Auch wenn das mal weh tut.“ CSU-Kreisfraktionssprecher Reinhard Heinrich ist langjähriger Aufsichtsrat, konnte bei der Sitzung aber nicht dabei sein. „Ich habe davon nie etwas gehört und bin davon ausgegangen, dass die Sanierung alles umfasst“, sagt er. Jetzt komme es darauf an, Klarheit zu schaffen, ein Gesamtkonzept zu erstellen, Ross und Reiter zu nennen. Es habe vermutlich jemand so gehandelt, dass der Aufsichtsrat nicht alles wissen konnte. „Ich gehe sogar soweit, dass etwas bewusst verschwiegen wurde“, so Heinrich, der daher vor allem eines fordert: „Aufklärung!“

Die Resonanz aus den anderen Fraktionen ist ähnlich. Degen und Goldammer ernten viel Lob. „Das sind ganz neue Argumente“, sagt Martin Schmid (SPD), der von einem seltsamen Vorgang spricht. „Jetzt brauchen wir Zahlen – dann müssen wir schwer nachdenken.“ Der Aufsichtsrat könne das nicht alleine entscheiden. „Da ist der Kreistag gefragt.“ Kerstin Schnapp (Grüne) hielt sich bedeckt. Sie will die Fakten abwarten. „Ich bin froh, dass sich die Geschäftsführer ihre Gedanken machen und die Kreisräte offen informieren.“

Christian Staudter von der Aktiven Unabhängigen Liste sieht in den neuen Fakten eine Chance. „Wenn die freien Praxen rausgehen, schafft das Platz für eine Neuausrichtung der Klinik“, sagt er. Das könne sogar Kreisgelder sparen, falls die Bereiche dann in die Förderung fallen sollten. Die frühere Geschäftsführung verteidigt Staudter. „Die haben wohl keine Notwendigkeit darin gesehen, die Bereiche sanieren zu lassen“, meint er. Ob das richtig oder falsch gewesen sei, will er nicht beurteilen. Reinhard Haiplik (ÖDP) spricht von einem „weiteren Kapitel in einem traurigen Roman“. Das „Ende der Mauschelei“ begrüßt er jedoch. „Das ist ein großer Schritt nach vorne. Jetzt müssen wir auch den Mut haben, die richtige Entscheidung zu treffen, wenn wir alle Infos haben.“