Pfaffenhofen
Die H-Frage

Weil die verschenkten Hendl nicht bio sind: Bund Naturschutz boykottiert Volksfest-Vereinsabend

26.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr
Bio oder konventionell – Wer heutzutage ein Hendl isst, führt schnell eine Grundsatzdebatte. Der Bund Naturschutz bleibt heuer aus Protest dem Landkreis-Vereinsabend fern – dort spendiert der Festwirt nämlich konventionelle Hendl an die Vereinsmitglieder. −Foto: Ebener/dpa

Pfaffenhofen (PK) Die Kreisgruppe des Bund Naturschutz boykottiert den Vereinsabend auf dem Pfaffenhofener Volksfest, weil dort keine Bio-Hendl ausgegeben werden. Die Stadt verweist auf Festwirt Lorenz Stiftl, der die Hendl spendiert. Stiftl sagt, es sei mengenmäßig kaum möglich, so viele Bio-Hendl anzubieten.

Schon im vergangenen Jahr war die Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN) dem landkreisweitem Vereinsabend aus Protest ferngeblieben – „aber leider blieb unser Protest ungehört“, so die BN-Kreisvorsitzende Christine Janicher-Buska. Deshalb wird der BN auch heuer am 11. Oktober nicht dabei sein, wenn die Vereine des Landkreises 2000 Maß Gratis-Bier sowie 2000 kostenlose Hendl verzehren, die von einer Brauerei und dem Festwirt gespendet werden. „Es ist ja nett, dass der Festwirt sie spendet“, sagt Janicher-Buska. Für sie sei es aber unerträglich, dass auf dem Tisch dann „Qual-Hähnchen“ lägen, die aus einem ähnlichen Stall wie dem in Eschelbach stammten. Bekanntlich hat der BN gegen die Genehmigung der Erweiterung des Hähnchenmast-Betriebs in Eschelbach Klage eingereicht. „Es ist falsch, wenn die Stadt die Vereine mit konventionellen Hähnchen anlockt“, so Janicher-Buska.

Der Volksfestreferent der Stadt, Richard Fischer (ÖDP), widerspricht ihr in diesem Punkt keineswegs: „Ich bin froh, dass der BN engagiert ist“, sagt er. Er begrüße es, wenn ein Zeichen gegen Massentierhaltung gesetzt werde. Ihm wäre es eigentlich auch lieber, so Fischer, wenn man die Gutscheine der Stadt für ein halbes Hendl ummünzen könne, etwa in allgemeine Wertgutscheine. Er will das unbedingt für das Volksfest im kommenden Jahr in Angriff nehmen, und zwar mit dem Nachhaltigkeitskatalog, der gerade in Arbeit sei. Zurzeit gibt die Stadt laut Amtsleiter Hans-Dieter Kappelmeier bei Einzug, Seniorennachmittag und Standkonzert insgesamt 4550 Bier und 4050 Hendl aus – das kostet ungefähr 50 000 bis 55 000 Euro, so Kappelmeier.

Der Vereinsabend jedoch ist ein Sonderfall. Dort „haben wir nur bedingt Einfluss“, so Fischer, denn hier spendiere Festwirt Lorenz Stiftl die Hendl für die Vereine. Dem widerspricht Janicher-Buska: „Die Stadt könnte ja trotzdem mit dem Wirt verhandeln“, sagt sie. Beispielsweise könne man ja ausmachen, dass es statt Hendl Käse für alle gebe. Oder die Bio-Hendl einfach vierteln.

Festwirt Stiftl hält davon wenig. Es sei generell nicht einfach, eine große Menge Bio-Hendl zu bestellen. Das müsse ein halbes Jahr vorher erfolgen, und sei deutlich aufwendiger als bei den konventionellen Hendl. „So müssen die Bio-Hendl zum Beispiel auf einem extra Grill gegrillt werden, außerdem dürfen sie auch nicht mit den anderen Hendln zusammen gekühlt werden.“ Natürlich könne jeder an dem Abend zum Beispiel Käse und Brezen käuflich erwerben und auf das Hendl verzichten, so Stiftl. Der Wert des Hendl könne da aber nicht angerechnet werden. „Die Hendl sind schon bestellt“, erklärt Stiftl. Wenn jeder sich alles frei aussuchen könne, seien die Mengen schwer zu kalkulieren, „das wäre einfach ein großer Aufwand“.

Die Hendl aus den konventionellen Ställen stammten im Übrigen aus der Region. „In den Ställen gibt es regelmäßige Kontrollen.“ Außerdem dürfe man bei der Diskussion nicht vergessen, dass Bio-Hendl eben deutlich teurer seien, rund vier bis fünf Euro Unterschied mache das aus. „Das kann sich einfach nicht jeder leisten.“ Doch Janicher-Buska ist überzeugt: „Die Vereine sind sicherlich bereit, einen Obulus dazu beizutragen“, so die BN-Kreisvorsitzende in ihrem Schreiben an den Volksfestreferenten zum Vereinsabend.

Fragt man bei den Vereinen selbst nach, ist zweifelhaft, ob das Hendl-Thema überhaupt auf der Agenda steht. Hans Felbermeir vom Gebirgs- und Volkstrachtenverein Ilmtaler Pfaffenhofen jedenfalls findet, dass dieser Punkt am Vereinsabend keineswegs der Wichtigste ist: „Es geht doch darum, Werbung für die Vereine zu machen“, so Felbermeir. Zur Hendl-Frage habe sein Verein keine feste Meinung, „jeder der Mitglieder hat dazu seine individuelle Einstellung“. Und Helmut Reiter, Vorsitzender des MTV Pfaffenhofen, zu dem mehr als 3000 Mitglieder zählen, sagt: „An mich wurde dieses Thema noch nie herangetragen.“

Sicher ist – auch heuer wird Festwirt Stiftl wieder Bio-Hendl anbieten. Rund fünf Prozent der Hendl seien mittlerweile bio. „Wir hatten da schon Beschwerden, dass die teils ausgehen“ mahnt Volksfestreferent Fischer. „Da muss der Wirt reagieren.“ Stiftl hat bereits eine größere Menge bestellt. Doch er sagt auch: „Manchmal gehen die Bio-Hendl eben aus, das kann man nicht so genau kalkulieren.“

 

Kommentar von Desiree Brenner

Es gibt ein Sprichwort, das auch in diesem Fall gilt: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Wenn der Wirt des Pfaffenhofener Volksfestes Hendl für die Vereine sponsert, dann ist das trotz des Werbeeffektes eine nette Geste – der Boykott des Bund Naturschutzes (BN) wirkt da eher deplatziert. Würde der Volksfestreferent nun auch noch intervenieren, damit der Festwirt Käse statt Hendl verschenkt, wäre das ziemlich anmaßend. Schließlich ist es nur zu begrüßen, wenn Steuergelder so wenig wie möglich beansprucht werden.

Wenn der BN für den Abend ein Umdenken zu Bio-Hendl oder Käse und Brezen fordert, dann klingt das ohnehin ein wenig nach Bevormundung. Und, da hat Hans Felbermeir vom Trachtenverein ganz recht: Es geht am Vereinsabend schließlich um die Vereine, und nicht darum, was auf den Tellern liegt.