Pfaffenhofen
Maibaum in Gefahr?

Ortsteilvertreter sind sauer wegen Auflagen - Stadt verspricht praktikable Lösung

20.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:58 Uhr
Ran an die Schwalben: In einigen Ortsteilen, wie hier vergangenes Jahr in Affalterbach, wird der Maibaum noch händisch aufgerichtet. Heuer aber sehen Verantwortliche der Dorfgemeinschaften das Brauchtum durch Sicherheitsauflagen in Gefahr. −Foto: Bendisch/Archiv

Pfaffenhofen (PK) Der 1. Mai steht vor der Tür, aber ob in den Pfaffenhofener Ortsteilen Maibäume aufgestellt werden, ist in der Schwebe: Die örtlichen Verantwortlichen sehen sich wegen Sicherheitsauflagen einem unkalkulierbaren Haftungsrisiko ausgesetzt. Um Schadensbegrenzung bemüht, verspricht die Stadt praktikable Lösung.

Weil in den Ortsteilen die Maibäume von den Dorfgemeinschaften und Vereinen offiziell im Auftrag der Stadt aufgestellt werden, sind die Helfer durch die kommunale Haftpflicht- und Unfallversicherung versichert. Zumindest, wenn sie bestimmte Sicherheits- und Kontrollvorgaben einhalten. Deshalb schickt die Stadtverwaltung alle Jahre gegen Anfang April ein Merkblatt mit zu unterschreibender Empfangsbestätigung an die Maibaumverantwortlichen der Ortsteile. Geregelt ist etwa die Maximalhöhe der Stämme oder der Mindestdurchmesser von Verankerungsschrauben.

Heuer aber fanden sich zusätzliche Vorgaben: Einerseits müssen demnach die Schwalben, also die Holzstangen zum händischen Aufstellen des Maibaums, vorher von einer qualifizierten Person überprüft werden. Andererseits müsse bei einer Verankerung des Maibaums im Erdreich eine fachkundige Person auf eine ausreichende Tiefe der Grube von mindestens zehn Prozent der Baumlänge und die korrekte Verkeilung achten. Der wiehernde Amtsschimmel löste bei den Verantwortlichen, gelinde gesagt, Irritationen aus. Auf Rückfrage an die Stadtverwaltung, was denn eine fachkundige Person sei, gab es keine verbindliche Antwort.

Bei einem Krisentreffen vergangenen Dienstag in Affalterbach machten die Betroffenen ihrem Ärger Luft. "Es ist ziemlich hoch hergegangen", berichtet Affalterbachs Ortssprecher Michael Weiher. "Da habe ich einige Kraftausdrücke dazugelernt." Eine gemeinsame Erklärung der ehrenamtlichen Maibaum-Verantwortlichen aus Uttenhofen, Ehrenberg, Wolfsberg, Walkersbach, Gundamsried, Affalterbach, Niederscheyern und Tegernbach wurde aufgesetzt, in der sie ankündigen, die Unterschrift zu verweigern. "Mit der Unterschrift sähen wir uns einem unkalkulierbaren Haftungsrisiko ausgesetzt", schreiben sie. "Sollten wir von diesem durch die Stadt Pfaffenhofen nicht befreit werden oder uns keine andere praktikable Lösung angeboten werden, können wir dieses Jahr keinen Maibaum aufstellen." Das sitzt.

Für die Sache der Maibaumfreunde setzt sich auch der CSU-Ortsvorsitzende Christian Moser ein, an den sich die Verantwortlichen gewandt hatten: "Generell stelle ich mir die Frage, wie wir unsere Ehrenamtlichen noch mehr verprellen können, als durch diese überbordende Bürokratie", findet dieser. Streng ausgelegt würden die Vorlagen nämlich bedeuten, dass die Dorfgemeinschaften einen Seilmeister für die Schwalben und einen Tiefbauingenieur für das Ausheben des Loches bräuchten. "Das kann und darf nicht sein." Es brauche Rechtssicherheit für die Ehrenamtlichen und eine praktikable Lösung, die guten Gewissens in jedem Ortsteil geleistet werden könne. "Eigentlich müsste es doch möglich sein, dass zum Beispiel ein Feuerwehrmann, der schon seit Jahren beim Maibaumaufstellen mithilft, als fachkundige Person gilt", sagt Moser. Und rennt damit beim Stadtjuristen Florian Erdle offene Türen ein.

Denn wie dieser erläutert, könne "Fachkunde" nicht nur in einer Ausbildung, sondern auch durch praktische Ausübung erworben werden. Im Sinne der Brauchtumspflege brauche es seiner Ansicht nach keinen ausgewiesenen Ingenieur, sondern es reiche je nach Einzelfall zum Beispiel ein erfahrener Maibaum-Veteran aus den Ortsteilen.

Das erklärte Erdle auch, als das Thema am Donnerstagabend im Stadtrat zur Sprache kam. Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) tobte in der Sitzung, schimpfte über "Verordnungswahnsinn" und ein "Attentat auf die bayerische Kultur". Den Vorwurf, die Stadt wolle Verantwortung auf die Ehrenamtlichen abwälzen, wollte Erdle aber nicht gelten lassen. Das Gegenteil sei der Fall: "Die Stadt will das Brauchtum fördern und deshalb den kommunalen Versicherungsschutz weiterreichen, um Helfer und Ehrenamtliche für den Fall der Fälle abzusichern." Sehr wohl räumt der Jurist aber ein, dass das städtische Schreiben ungeschickt formuliert gewesen sei: "Es sind Passagen drin, die zu einer Irritation führen können." Dabei habe sich an der Rechtslage eigentlich nichts geändert.

Für Montagabend wurde nun kurzerhand ein Runder Tisch im Rathaus anberaumt, um die Wogen zu glätten und praktikable Regelungen zu finden. Bis dahin soll möglichst auch eine Einschätzung des bayerischen Gemeindetags vorliegen. "Der Untergang des Abendlandes steht nicht bevor", beschwichtigt Erdle, der bei aller Bürokratie zu gesundem Pragmatismus rät. "Dem Aufstellen von Maibäumen durch die Dorfgemeinschaften und Vereine steht nichts entgegen."

Michael Kraus