Pfaffenhofen
Kaum Chancen auf dem Wohnungsmarkt

Mehr als 360 anerkannte Flüchtlinge brauchen momentan im Landkreis Pfaffenhofen eine neue Bleibe

27.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr
Asylbewerber −Foto: dbr (dbr)

Pfaffenhofen (PK) Besonders die Schwachen verlieren auf dem Wohnungsmarkt im Landkreis Pfaffenhofen. Aktuell bräuchten allein 360 anerkannte Flüchtlinge eine Wohnung. Dazu kommen besondere Fälle wie die Familie Hussein oder Familie Allbabidi, die dringend eine neue Bleibe suchen.

Abdulkarim Hussein ist seit 19 Monaten in Deutschland. Solange versuchte der syrische Kurde auch schon, seine Familie nachzuholen. „Das ist ein sehr spezieller Einzelfall“, betont Manfred Mensch Mayer, bei dem die fünfköpfige Familie mit Aufenthaltserlaubnis mittlerweile wohnt. Denn der 14-jährige Mohammed leidet an einer seltenen Bluterkrankheit, so Mayer. „Ich hatte Schmerzen beim Gehen“, berichtet der Junge mittels eines Übersetzers. „Wenn die Krankheit nicht richtig behandelt wird, geht es auf die Gelenke“, sagt Mayer. Wer nicht behandelt werde, könne sogar sterben. Es dauerte dennoch lange, bis Mohammed zusammen mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Bruder nach Deutschland kommen durfte. Grund sei das behördliche Hin und Her wegen der Papiere gewesen, erklärt Mayer. Erst Ende Mai war die Familie in Pfaffenhofen vereint, wo Mayer die Familie bei sich aufnahm, „weil ich nicht wollte, dass sie bei Hohenwart unterkommen.“ Dort wäre es zu schwer für den Sohn gewesen, regelmäßig nach München zu gelangen, denn dort müsse dessen Krankheit nämlich behandelt werden. „Es wäre auch schwerer für den Vater, Arbeit zu finden“, sagt Mayer. Die Familie lebt nun in zwei Zimmern im Obergeschoss, Mayer teilt die Küche mit ihnen. „Das ist aber nur eine vor-übergehende Lösung“, sagt der Pfaffenhofener. Die Familie brauche Platz, einen Ort für sich.

So wie ihnen dürfte es mindestens 360 Flüchtlingen im Landkreis Pfaffenhofen gehen. Laut Landratsamt sind das die sogenannte Fehlbeleger – also Asylbewerber mit Bleiberecht, die in eine Wohnung ziehen dürften – gebe es denn genug. „Sie konkurrieren natürlich auch mit den einheimischen Geringverdienern“, erklärt Landratsamtssprecher Karl Huber. Denn Alleinerziehende, Arbeitslose und soziale Härtefälle suchen auch dringend günstigen Wohnraum. So wurden im Landkreis 255 Wohnberechtigungsscheine ausgestellt – und nur knapp 90 sind Asylbewerber – die anderen Flüchtlinge haben bisher noch keinen Antrag gestellt, so Huber. Sie würden ohnehin erst einmal warten. „Es ist ein Grundproblem hier, dass es günstigen Wohnraum fast nicht gibt“, sagt Huber. Meist kommt noch hinzu, dass sie die deutsche Sprache noch nicht beherrschen und daher Hilfe bei der Wohnungssuche benötigen – die bekommen sie von der Asylsozialberatung im Landratsamt, der Caritas und natürlich den Ehrenamtlichen, die sie teils zu Besichtigungen fahren und ein gutes Wort für sie einlegen. Eigentlich ist es aber nicht die Aufgabe des Landratsamtes. Sie sind grundsätzlich selbst verantwortlich, erklärt Huber. „Es dauert meist Monate oder Jahre, bis sie fündig werden.“ Generell gelte: Je mehr Hilfe jemand bekomme, desto schneller gehe es.

Doch nicht immer führt die Hilfe eines netten Einheimischen auch zum Erfolg. Die Hettenshausenerin Bärbel Ruckhäberle lebt nun seit eineinhalb Jahren mit der sechsköpfigen Familie Allbabidi und dem Bruder des Vaters unter einem Dach – sie sind palästinensische Flüchtlinge, die über Syrien nach Deutschland flohen. Die Familie wohnt im Obergeschoss, dort schlafen die Kinder je zu zweit in einem Bett, die Eltern sind mittlerweile in das alte Kinderzimmer von Ruckhäberles Tochter eingezogen. Wenn die Familie in das Bad möchte, muss sie durch das Zimmer von Farag Allbabidi, dem Bruder des Vaters. Er wohnt bereits seit 2014 in Hettenshausen. Damals begann er seine Lehre als Metallbauer. Für die anerkannte Flüchtlingsfamilie gab es bei ihrer Ankunft keine geeignete Wohnung, deshalb setzte sich der Bruder bei Ruckhäberle dafür ein, das sie auch einziehen könnten. Sie stimmte zu. „Aber sie brauchen mehr Platz“, sagt die Hettenshausenerin. Gut wäre eine Wohnung in Pfaffenhofen oder in der Nähe, weil der Familienvater dort bereits einen Job als Automechaniker gefunden hat und die Mutter einen Deutschkurs in der Stadt besuchen will.

 

Generell werden die beiden Familien künftig eher mehr Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt bekommen: Es gibt derzeit laut Landratsamt insgesamt 1269 Flüchtlinge im Landkreis, davon sind 840 im laufenden Verfahren und 69 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Aus dieser Gruppe werden sicher einige bald eine Wohnung suchen.