Reichertshausen
D' Raith Schwestern einmal ganz anders

Altbayerischer Advent zaubert Wohnzimmer-Atmosphäre in die Ilmtalhalle - Da Blaimer als Erzähler

17.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr
D’ Raith Schwestern und da Blaimer Ilmtalhalle Reichertshausen −Foto: Hammerl, Andrea, Karlshuld(Grash

Reichertshausen (PK) Eine schlichte, zweckmäßige Mehrzweckhalle zum Wohnzimmer umzufunktionieren, scheint schier unmöglich. D' Raith Schwestern und da Blaimer aber gelingt es mit ihrem zauberhaften Programm "Altbayrischer Advent" in der Ilmtal-Halle in Reichertshausen mühelos.

Ganz in Schwarz gekleidet, mit hinreißend schönen, stimmungsvollen Bildern einer (meist) verschneiten Winterlandschaft im Hintergrund, vor allem aber mit ihren ausdrucksstarken Stimmen und den zu Herzen gehenden, traditionsreichen Liedern versetzen sie ihre Zuhörer im Handumdrehen in (vor)weihnachtliche Stimmung. "Ihr seid's sozusagen bei uns daheim im Wohnzimmer", hat Tanja Raith dem eineinhalbstündigen Programm vorausgeschickt, an dem "unser Vater schuld ist". Denn er habe auf das Radio eingeschimpft, weil er "den ganzen Tag Jingle Bells satt hatte". Stattdessen wünschte er sich bayerische Weihnachtsmusik von Töchtern und Schwiegersohn. Die bekam er dann im Advent darauf auf CD, weil "der Andi ein Aufnahmegerät dabeigehabt hatte".

Die wenigsten Konzertbesucher kennen die Lieder, doch den Zauber, der von den wunderschönen Volksweisen ausgeht, den spüren sie alle. Da sind gefühlvolle Jodler, der "Barti-Landler" als Hackbrett-Solo von Susanne Raith, weiter typische Stubnmusi-Stücke einschließlich einer Walzer Eigenkomposition, das besinnliche Lied "Im Wold is so staad", aber auch Heiteres wie die zungenbrecherische Ballade vom Nussknacker, der das Mädchen frisst, das ihm keine Nuss abgeben will. Dazu ergänzt Tanja die Anekdote vom familieninternen Nussknack-Wettbewerb, der für Opas riesigen Nussknacker mit einem Kieferbruch endet.

Da ist das träumerische Lied "Votramt und voschloffa", wunderbar eingängig "Da Wind blost vo da Leitn her", zum Zurücklehnen und Genießen das bekannte "Jetzt kommt die heilig‘ Weihnachtszeit", dessen melodiösem Walzerrhythmus sich ewig lauschen ließe. Leise, ganz im Hintergrund sitzt Robert Bischof am Kontrabass, und Andreas Blaimer ist nicht nur für den Gitarrensound zuständig, sondern rundet das Programm mit adventlichen Geschichten ab, die es sonst nicht zu hören gibt.

Geschichten von der Raith-Mutter, die er für sich adaptiert hat. Bekannt ist lediglich das Sauerkraut als Lametta-Ersatz am Christbaum, das dann fürs Silvestermenü abgeht und vom Vater wieder vom Silberlack befreit wird. Ebenso heiter, aber auf ruhigere Art, die Geschichte vom brennenden Adventskranz, der den Ich-Erzähler von anno dazumal ein einziges Mal die ach so langweilige Adventszeit mit den eintönigen Rorate-Messen in der eiskalten Kirche genießen lässt. Schmunzeln lässt der unheilige Kirchgänger, der das Ende der Messe kaum erwarten kann, lehrreich die Fabel vom unzufriedenen Tagelöhner. Am meisten aber berührt die Kriegsheimkehrergeschichte des Raith-Großvaters Ludwig, dessen Frau Maria vergeblich am Bahnhof auf den angekündigten Heimaturlauber wartete und dann jahrelang nichts mehr von ihm hörte, bis er unverhofft aus der Gefangenschaft heimkehrte.

Wer die sonst eher kracherten Programme der Raith-Schwestern kennt, hätte ihnen kaum ein so betörend-besinnliches zugetraut. Ein wunderschöner Abend, der mit "Still, still, still" und Tanja Raiths Zuruf "Lasst euch nicht stressen, nächstes Jahr kommt auch noch eine Weihnachtszeit" endet. Oder enden würde, wenn sich das begeisterte Reichertshausener Publikum nicht noch den gemeinsam gesungenen "Andachtsjodler" als Zugabe erklatscht hätte.