Behinderte missbraucht und geschwängert

30.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr
Im Franziskuswerk Schönbrunn bei Röhrmoos soll ein 52-jähriger Pfleger aus dem Landkreis Pfaffenhofen eine behinderte Frau missbraucht und geschwängert haben. Er sitzt in U-Haft. −Foto: Stefan Puchner (dpa)

Schönbrunn (DK) Die Vorwürfe wiegen so schwer, dass Haftbefehl erging: Ein 52 Jahre alter Pfleger aus dem Landkreis Pfaffenhofen soll sich im August 2014 an einer geistig schwerbehinderten Frau vergangen und sie geschwängert haben. Der Mann wartet in Untersuchungshaft auf seinen Prozess.

Das mutmaßliche Sexualdelikt hatte sich in der katholischen Behinderteneinrichtung Franziskuswerk Schönbrunn im Kreis Dachau ereignet. Es wäre wohl nie aufgeflogen, wäre die 28-Jährige nicht schwanger geworden. Die Frau „leidet an einer massiven Entwicklungsstörung mit autistischen Zügen“, sagte Ken Heidenreich von der ermittelnden Staatsanwaltschaft München II, die jetzt die Anklageschrift verfasst hat. „Sie kann sich verbal nicht äußern.“ Eine Kommunikation sei allenfalls sehr eingeschränkt über Gesten möglich. „Wir gehen von einer Einzeltat aus. Der Vorwurf lautet auf schweren sexuellen Missbrauch Widerstandsunfähiger. Tatzeit war wohl im vergangenen August.“

Die Ermittlungen kamen in Gang, als die 28-Jährige im Mai ein gesundes Kind zur Welt brachte. „Der Kreis der Verdächtigen war überschaubar, weil die Frau ständig betreut werden muss“, sagte Heidenreich. So war der 52-Jährige als eine der wenigen Kontaktpersonen ins Visier geraten. Ein Abstammungsgutachten bestätigte seine Vaterschaft. Der Beschuldigte wurde vorläufig festgenommen. „Er sitzt seit Juni in Untersuchungshaft.“

Der Mann hat die Vorwürfe bisher weder bestätigt noch zurückgewiesen, er schweigt. Sein Verteidiger Ekkehard Dehn aus Dachau erhielt die Anklageschrift erst gestern, so dass er sich nicht weiter zum Inhalt äußern möchte. „Ich habe nicht alle Akten vorliegen, erst dann kann ich den Fall einordnen. Im Moment kann ich nicht sagen, ob und in welcher Form Einlassungen von unserer Seite erfolgen werden“, bat er um Verständnis. Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest. Dem Vernehmen nach sollen mehrere Prozesstage zwischen Ende Oktober und 11. Dezember geplant sein.

Das Kind lebt vermutlich bei Pflegeeltern, Details dazu gab es nicht. Der Beschuldigte hatte im April 2014 gekündigt und das Haus im Oktober darauf verlassen, noch bevor der Skandal bekannt wurde. In der Behinderteneinrichtung ist die Betroffenheit groß. „Wir waren überzeugt, mit unserer bisherigen Regelung gut aufgestellt zu sein“, erklärte Sprecher Tobias Utters. Seit 2003 gebe es ein Papier zum Umgang mit Gewalt und sexuellen Übergriffen, 2008 und 2009 seien die Vorgaben noch erweitert worden. Inzwischen gebe es eine Arbeitsgruppe, um alles auf den Prüfstand zu stellen. „Mit der Missbrauchsbeauftragten der Erzdiözese steht jetzt außerdem eine außenstehende Ansprechpartnerin zu Verfügung.“