Unterhausen
"Nur Schreiner machen Frauen glücklich"

Wie die zwei Lehrlinge der Firma Appel in Unterhausen ihre Ausbildung erleben

29.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Im Holzlager der Schreinerei Appel steht der Rohstoff, aus dem die Lehrlinge Manuel Jarsen (links) und Ricardo Dos Santos Serodio eine komplette Inneneinrichtung erschaffen können: Möbel, Treppen, Küchen oder auch Schränke. - Foto: Belzer

Unterhausen (DK) Fachkräftemangel, Nachwuchssorgen im Handwerk – warum eigentlich? In einer Serie stellen wir die verschiedenen Ausbildungsberufe im Handwerk vor. Heute an der Reihe: Schreiner.

„Nur Schreiner machen Frauen glücklich“, heißt es. Wirklich? „Also unsere Kundinnen sind schon immer sehr zufrieden“, erzählt Ricardo Dos Santos Serodio und grinst. Er ist fast fertig mit seiner Ausbildung in der Schreinerei Appel in Unterhausen, noch zwei Tage, dann ist er Geselle. „Gerade Frauen wissen oft die Holzmöbel, die wir hier herstellen, mehr zu schätzen, haben mehr ein Auge dafür und einen Sinn für schöne Dinge.“

Schreiner – das war nicht immer sein Traumberuf. Eigentlich steht der 19-Jährige vor allem auf Musik, hat deshalb zu Schulzeiten auch ein Praktikum als Veranstaltungsmechaniker gemacht. Für die Lehre hätte er aber schon 18 sein müssen – was er nicht war. Über ein zweiwöchiges Betriebspraktikum bei seinem jetzigen Arbeitgeber ist er dann doch zum Beruf des Schreiners gekommen. Sein heutiger Chef hat ihm nach den Schnupperwochen gesagt, dass er sich nach der Schule gern bei ihm bewerben könne – die Zusage hat er dann nach seinem Quali bekommen, obwohl auch ein Realschüler seine Unterlagen abgegeben hatte. „Aber da war das Praktikum hier der Türöffner, der Chef kannte mich ja schon.“

Bei seinem Kollegen Manuel Jarsen aus Karlshuld, der im zweiten Ausbildungsjahr ist, war der Weg in die Schreinerei Appel ein anderer. Er wollte nämlich eigentlich nach der Schule eine Ausbildung bei der Audi als Modellbauer machen. „Aber die nehmen eher Realschüler und haben uns dann empfohlen, erstmal Schreiner zu lernen.“ Der 18-Jährige hat damals auch Praktika beim Ingolstädter Autobauer in den Bereichen Metallbau und Werkzeugmechaniker gemacht. „Da bist du dann einer von 1000“, sagt er. „Hier lernt man auf jeden Fall mehr, ist bei allen Arbeitsschritten eingebunden und macht total unterschiedliche Sachen. Bei der Audi ist man irgendwann am Band und macht den ganzen Tag das gleiche Teil.“ Dennoch: Wenn’s ums Geld geht, spielen die Ingolstädter in einer anderen Liga. Ausschließen wollen die beiden jungen Männer nicht, dass sie sich in ein paar Jahren dort bewerben. „Aber vorher sammeln wir noch ein paar Jahre lang Erfahrungen. Aber klar, Geld ist schon wichtig.“

Drei Jahre lang dauert die Ausbildung zum Schreiner, das erste davon verbringt man komplett in der Schule in Eichstätt. Berufsgrundschuljahr, kurz BGJ, nennt sich das. Während die Lehrlinge in vielen anderen Bereichen auch schon im ersten Jahr im Betrieb mithelfen, drücken die angehenden Schreiner die Schulbank, besuchen Unterrichtsfächer wie „Montage und Service bieten“, „Fertigen“, „Arbeit vorbereiten“ und „Gestalten und konstruieren“. „Da denkt man nach seinem Quali: ,Nie wieder Schule’ und dann fängt man gleich wieder von vorne an“, erzählt Ricardo. Außerdem: Es gibt kein Gehalt. Die beiden jungen Männer haben in dieser Zeit nach wie vor vom Taschengeld ihrer Eltern gelebt, Manuel hat an den Wochenenden im Gasthof Vogelsang in Weichering hinter der Theke gestanden. Neben der Theorie lernen die Schüler in diesem ersten Jahr auch die handwerklichen Grundfertigkeiten: Sägen, Schleifen, Hobeln. Später dann das Gleiche an den Maschinen. „Ein Hocker, Tablett, Brotzeitbrett, Tierformen oder Spiegelrahmen“, zählt Manuel auf, was man an praktischen Übungen in dieser Zeit meistern muss. Im zweiten und dritten Lehrjahr sind die Azubis dann nur noch einmal pro Woche in der Berufsschule, die Themen sind dann schon spezifischer: Möbelbau, Wandverkleidungen, Schränke, Treppen, Fenster und Türen stehen auf dem Stundenplan – alles Dinge, die die Lehrlinge auch im Betrieb brauchen.

Am besten gefällt den Beiden der Möbel- und Treppenbau. „Da ist unser Betrieb auch am besten“, erklärt Ricardo. „Nur wir dürfen in der ganzen Region freihängende Treppen anfertigen.“ In der Schreinerei Appel werden die Azubis in jeden Schritt involviert – vom Bauen bis zum Montieren. Da kann es auch schon mal vorkommen, dass einer der Lehrlinge mit nach Österreich darf, wo der Betrieb einen großen Auftrag hatte. „Das war schon cool“, erinnert sich Ricardo. „Da haben wir in einem Privathaus eine Wendeltreppe, einen Tisch, eine Garderobe und die Schlafzimmerschränke montiert.“

Aus einem auf den ersten Blick möglicherweise langweilig wirkenden Baum etwas schaffen, woran sich Menschen erfreuen, etwas, das sie jeden Tag benutzen und ihnen Freude bereitet – das ist der ganz persönliche Erfolg und die Motivation eines jeden Schreiners. „Ein Baum ist erstmal nur ein Baum“, sagt Ricardo. „Aber wenn man den aufschneidet und das Innenleben sieht und weiß, was man damit alles machen kann, dann ist das viel interessanter und schon toll.“