Sie schuften, während die andern feiern

05.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:50 Uhr

Trommler außer Gefecht: Diesem Festspielteilnehmer ist die Kniescheibe herausgesprungen. Markus Fahrmayr vom BRK verarztet ihn.

Neuburg (DK) Der Fanfarenzug marschiert mit seinen Fahnenschwenkern durch die Gassen, die Kinder kreischen vor Freude beim Mäuseroulette und die Eltern genießen eine Maß Bier auf dem Karlsplatz. Das Schlossfest kann so schön sein. Doch nicht für alle sind die beiden Festwochenenden das pure Vergnügen – Für manche bedeutet das Schlossfest vor allem eines: Jede Menge Arbeit.

Ute Elias (42) und Monika Winkler (29) von der Touristinfo können davon ein Lied singen. "Es ist der Wahnsinn", sagt Elias. "Am Tag kommen um die 1500 Menschen hier herein." Dann klingelt auch schon wieder das Telefon. "Nein, tut mir leid. Die Reiterspiele sind schon ausverkauft." Diese Anruferin muss Elias leider enttäuschen.

"Parlez-vous français"

Ansonsten bemühen sich die zwei Damen – beide natürlich stilecht im Schlossfestgewand – mit viel Charme, die Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen. Wenn es sein muss, auch in einer Fremdsprache. "Parlez-vous français" – "Sprechen Sie französisch", fragt eine ältere Frau. "Un peu" – "Ein bisschen", antwortet Monika Winkler und lächelt. Dann verkauft sie der Französin die gewünschten Karten, woraufhin diese samt Gatten zufrieden hinaus ins Festgeschehen entschwindet.

Geöffnet ist das Büro täglich von 9 bis 20.30 Uhr. Vor allem das wechselhafte Wetter beschert den Frauen von der Touristinfo jede Menge Arbeit. Während eines heftigen Wolkenbruchs am Samstag standen plötzlich weit über 100 Leute im Raum und wollten Karten umtauschen. "Viele Menschen rufen auch an, weil sie wissen wollen, ob eine Veranstaltung ausfällt", erklärt Elias. Die gute Laune lässt sich das Duo nicht verderben. "Es ist zwar sehr anstrengend, aber es macht auch viel Spaß."

Auch Ochsenbrater Peter Stadelmann (40) aus dem mittelfränkischen Döckingen kriegt vom Festgeschehen nur am Rande etwas mit. Sein Arbeitstag beginnt bereits um 5 Uhr morgens, dann spießt er gemeinsam mit seinem Sohn den 300-Kilo-Ochsen auf. Schließlich dauert es bei 150 Grad Ofentemperatur etliche Stunden bis das riesige Tier durch ist.

Gegen 13 Uhr ist es dann soweit und der Ansturm beginnt. Am Verkaufsstand herrscht permanent Hochbetrieb. "Einmal mit Knödel und Krautsalat! Einmal mit Kartoffelsalat und Blaukraut!" – Stadelmann und seine Truppe kommen kaum hinterher. Immer wieder muss der 40-Jährige den Portionierern Fleischnachschub liefern. Dann wuchtet er die große Glasscheibe vor dem Ofen nach oben und säbelt mit seinem langen Messer bei etwa 70 bis 80 Grad Lufttemperatur ordentliche Stücke vom Ochsen herunter. Ein Tier gibt etwa 500 Portionen.

"Qualität ist das A und O", sagt Stadelmann, während er ein saftiges Stück auf einem Teller drapiert. Seine Ochsen kauft er im mittelfränkischen Burgsalach, die Rasse nennt sich Fränkisches Gelbvieh. Aus den Knochen macht er die Soße, die Kartoffelknödel bekommt er aus Karlshuld. Rund 120 Ochsen grillt er pro Jahr. Mit seinem Ofen-Anhänger fährt er sogar manchmal hinauf bis nach Hamburg.

Die Schlossfesttage sind lang für Stadelmann und sein Team. "Nach Hause komme ich meistens erst gegen Mitternacht", sagt der Ochsenexperte, der auch schon bei der Eröffnung der Münchner Allianz-Arena seine Spezialiät verkauft hat. "Mir macht’s aber trotzdem viel Spaß." Kein Wunder, schließlich klingelt bei dem Ansturm auf sein Fleisch auch ordentlich die Kasse.

Über mangelnde Arbeit kann sich auch Markus Fahrmayr vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) nicht beklagen. Die schwülwarme Hitze beschert dem Einsatzleiter und seinem 22-köpfigen Team jede Menge Einsätze. "Stress pur", sagt der 35-Jährige. "Meistens sind es Kreislaufprobleme." Hier reicht in der Regel ein Glas Wasser und ein wenig Ruhe, um die meist etwas älteren Patienten wieder auf die Beine zu bekommen. Allerdings mussten die BRKler auch schon einige Male wegen Verdachts auf Herzinfarkt ausrücken.

Zwei Mann sind in den Straßen des Schlossfestes ständig auf Patrouille, der Rest ist auf zwei Stationen verteilt. Das kleine Rot-Kreuz-Lager ist in der Kirche St-Peter, die Hauptstation ist im Foyer des Stadttheaters. "Wir sind hier für alle Notfälle gewappnet", sagt Fahrmayr. Krankenliegen, Sauerstoffgerät und sogar ein Defibrillator sind vorhanden

Notruf vom Schlosshof

Und es dauert auch nicht lange, bis der nächste Notruf eingeht: "Äskulap Neuburg 1 für Neuburg 12/1", quäkt es aus dem Lautsprecher des Funkgeräts. Fahrmayr meldet sich und erfährt, dass einem Protagonisten während des Steckenreitertanzes die Kniescheibe herausgesprungen ist. Der Einsatzleiter schickt den Notarzt und zwei Sanitäter los.

Keine zehn Minuten später kehren die Retter mit dem Patienten zurück. Der verletzte Trommler wird auf einer speziellen Trage mit großen Gummireifen hereingeschoben. "Die Trage haben wir extra von der Bundeswehr ausgeliehen", erklärt Fahrmayr. Nur mit diesem speziellen Gerät lassen sich die Kranken sicher über das Kopfsteinpflaster durch die Menschenmassen bugsieren. Der Sanitäter bindet dem jungen Mann eine Eispackung aufs Knie.

Macht es ihm eigentlich gar nichts aus während des Fests zu arbeiten? "Irgendjemand muss ja aufpassen, während die anderen feiern", sagt Fahrmayr und grinst.