Neuburg
Sexuelle Gewalt im Ehebett

36-Jähriger aus Pfaffenhofen muss wegen massiver Übergriffe 29 Monate ins Gefängnis und in Therapie

11.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:22 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: David Ebener/dpa

Neuburg (DK) Es ist eine Art Traumwelt, in der ein 36-jähriger Handwerker aus Pfaffenhofen in den vergangenen Jahren gelebt hat. Gestern sind seine Luftschlösser, allesamt Ausgeburt seiner Alkohol- und Drogensucht, vor dem Amtsgericht Neuburg über dem Mann zusammengebrochen.

Unter anderem wegen Vergewaltigung seiner eigenen Ehefrau muss er für zwei Jahre und fünf Monate ins Gefängnis sowie in eine Entziehungsanstalt.

 

Im Laufe des mehrstündigen Verfahrens hatten zahlreiche Zeugen ein Bild von dem Angeklagten gezeichnet, das durchaus etwas widersprüchlich klang. Da war der liebevolle Ehemann, der hilfsbereite Nachbar und der fleißige Arbeiter, mit dem seine Frau zeitweise "eine perfekte Ehe" führte, wie sie als Zeugin erklärte. Doch dann gab es da noch die andere Seite des Pfaffenhofeners, die aufbrausende und aggressive, die wahnhafte, gar paranoide. Und die trat in den vergangenen Monaten immer häufiger zutage - in teils tragischem Ausmaß. "Er hat gesagt, dass er von oben gesegnet ist", berichtete die Geschädigte. Grünes Licht für all seine Taten soll er aus dem Himmel bekommen haben. Gleichzeitig fühlte sich der Mann einer Vielzahl an Verschwörungen ausgesetzt, hörte Sätze, die niemand gesagt hatte, fühlte sich aber allen anderen überlegen. Die Folge seines übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsums, den er seiner Frau über Jahre hinweg verschwiegen hatte und der letztlich wohl eine Veränderung seines Charakters bewirkte, wie ein Sachverständiger des Gerichts feststellte.

"Er hat gesagt, dass er von oben gesegnet ist."

Die Geschädigte

 

Einen Großteil seiner Entgleisungen gab der bislang nicht vorbestrafte Mann vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Celina Nappenbach auch unumwunden zu. Dazu gehörten auch eine Körperverletzung, massiver Widerstand gegen Polizisten und eine Drohung gegen die Beamten. Denen hatte er im Mai vollmundig verkündet, sie vom Balkon seiner Wohnung zu werfen. Freilich mit wenig Erfolg; seitdem befindet sich der Mann in Untersuchungshaft.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich seine Ehefrau bereits über Monate hinweg massiven Drohungen und Übergriffen ausgesetzt gesehen, an die sich der Angeklagte gestern jedoch nicht mehr erinnern konnte. Dazu zählten auch insgesamt drei Fälle von Geschlechtsverkehr, die in seinen Augen mit Zustimmung seiner Frau stattgefunden hatten. Das schloss die 37-Jährige jedoch kategorisch aus. "Ich habe klar Nein gesagt", erklärte sie, musste jedoch einräumen, sich ihrem immer aggressiver werdenden Mann schließlich doch gefügt zu haben. Sie habe die beiden acht und zwölf Jahre alten Söhne nicht allein lassen wollen und außerdem gedacht, dass es irgendwann besser werde. Aber das wurde es nicht.

Dieser nachlassende Widerstand stellte für die Richter bei der Bewertung der Fälle jedoch die größte Hürde dar. Zwar gilt seit vergangenem Jahr in Deutschland ein schärferes Sexualstrafrecht nach dem Grundsatz "Nein heißt nein". "Doch wir sind hier in einem Grenzbereich der Strafbarkeit, den kein Gesetzgeber abdeckt", erklärte Richterin Nappenbach, die zwar keinen Zweifel an der Aussage der Geschädigten hatte, jedoch nicht final ausschließen konnte, dass der Mann in seiner Wahrnehmung von normalem Geschlechtsverkehr ausgegangen war. Daher stellte das Gericht das Verfahren in zwei der drei Vergewaltigungsfälle nach Rücksprache mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung ein.

Anders verhielt es sich im dritten Fall, in dem der Angeklagte seiner Frau eine schallende Ohrfeige verpasst und sie obendrein mit massivem Druck zu bestimmten sexuellen Praktiken gezwungen haben soll. Dass es sich dabei um einen "Klaps im Liebesrausch" handelte, wie ihn Verteidiger Jörg Gragert für möglich hielt, schlossen Nappenbach und die beiden Schöffen jedoch kategorisch aus. Gleichzeitig sahen sie ebenso wie Staatsanwältin Isabell Wirsching einen besonders schweren Fall der Vergewaltigung als erwiesen. Dennoch blieb das Urteil mit 29 Monaten genau in der Mitte der geforderten Strafen von 19 beziehungsweise 38 Monaten.

Damit können alle Seiten gut leben, sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung nahmen das Urteil noch im Gerichtssaal an. Auf den Pfaffenhofener dürften neben Therapie und Haft wegen seiner Drogenlaufbahn dennoch weitere strafrechtliche Konsequenzen zukommen.