Oberhausen
Zum Lernen und zum Staunen

Oberhausen feiert seine 800-jährige Historie unter anderem mit einer Geschichtsmeile

20.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:40 Uhr

 

Oberhausen (DK) Die Pfähle stehen schon, eröffnet wird die Geschichtsmeile Hausen aber erst am Sonntag, 1. Juni, wenn der 800. Geburtstag gefeiert wird. Der resultiert aus der ersten urkundlichen Erwähnung im Besitzverzeichnis der Reichsmarschälle von Pappenheim, dem Pappenheimer Urbar von 1214.

Natürlich reichen die Anfänge der Besiedlung viel weiter zurück, schließlich führte hier die Römerstraße vorbei, doch schriftliche Belege gibt es nicht.

Für die Geschichtsmeile reichen auch 800 Jahre, denn genau 800 Meter lang ist der Radlweg, der Ober- und Unterhausen verbindet, wie Annemarie Meilinger herausgefunden hat. Die ideale Distanz, um ihre Idee des Zeitstrahls umzusetzen, mit dem die Wusterhausenerin die 800-jährige Geschichte nachvollziehbar machen will. Jeder Meter steht für ein Jahr. „Für Kinder und Erwachsene soll der Weg eine begehbare Chronik sein – zum Lernen und Staunen“, wünscht sie sich.

Pädagogisch wertvoll, das ist der Unterhausener Künstlerin, die im Hauptberuf Berufsschullehrerin ist, eine Herzenssache. Zunächst wurde das Projekt im Oberhausener Kunstkreis diskutiert, doch der entschied sich dann doch lieber für eine Ausstellung. Einige Kunstwerke wird es dennoch entlang der Geschichtsmeile geben, auf die Meilinger ein halbes Jahr hingearbeitet hat. Sie hat nämlich acht bekannte Persönlichkeiten auf alten Holzpaletten porträtiert, darunter „Ludwig, den Königinnenmörder“, besser bekannt als Ludwig der Strenge, der seine erste Ehefrau fälschlich des Ehebruchs bezichtigte und sie hinrichten ließ, aus Reue später jedoch das Kloster Fürstenfeldbruck stiftete. Hinter „Philipp, dem tragischen Helden“, verbirgt sich niemand anderes als der in Neuburg wohlbekannte Prinz Philipp, Bruder des Pfalzgrafen Ottheinrich. Eine weniger bekannte Seite an Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm stellt Meilinger heraus – er hatte sich als Hexenverbrenner hervorgetan, 38 Prozesse sind nachgewiesen. Unter seinen Opfern befand sich 1629 auch eine Unterhausenerin, die 56-jährige Anna Spitzerin, Tochter eines Forstknechts. Ihr Verbrechen? Meilinger hat es nicht herausfinden können. „Im Zweifel hatte sie rote Haare“, kommentiert Roland Holzmayr, der sie nach Kräften unterstützt. Er hat gemeinsam mit Georg Habermayr die Ortschronik erstellt, die die Grundlage des geschichtsträchtigen Zeitstrahls bildet. 60 Daten oder Eckpunkte hat sich Meilinger aus der Chronik herausgepickt, anhand derer sie einerseits historische Fakten mit Leben füllen, andererseits aber auch ein gesellschaftspolitisches Bild entwerfen will. „Dass praktisch alle Menschen hier noch im 18. Jahrhundert unfrei waren, hat mich schwer beschäftigt“, erzählt sie, „keiner besaß irgendetwas von dem Land, das er bearbeitete“. Erst 1812 wurde die Leibeigenschaft in Bayern abgeschafft. Kein Wunder, dass auch Oberhausen mit einem Wilderer aufwarten kann. Johann Seitz hieß er und war ein Leinwebers Sohn.

Während die erste Hälfte der Geschichtsmeile mit nur wenigen spezifisch Oberhausener Daten aufwarten kann, verdichten sich die Ereignisse und damit die Tafeln ab etwa der Mitte. Um 1500, als das Fürstentum Pfalz-Neuburg entstand, gab es auch mehr Urkunden und somit mehr Information, auch die vergangenen 200 Jahre sind gut bestückt. In der Anfangszeit hat sich Meilinger dagegen mit wichtigen zeitgenössischen Daten beholfen. So findet sich auf einer der Tafeln die Entdeckung Amerikas, eine andere erzählt, was alles um das Jahr 1300 schon erfunden war – von der Nähnadel (24 000 vor Christus) bis zum Buchdruck (1041) und der Brille (1280).

Leicht war es nicht, die kreative Idee in die Tat umzusetzen. Absprachen mit dem Straßenbauamt waren notwendig, im Boden liegende Leitungen mussten berücksichtigt werden. Doch alle Bedenken konnten ausgeräumt werden. Seit Anfang Mai stehen die Pfähle in gebührendem Abstand zur Straße und die Leitungen waren den sieben Männern, die kräftig zulangten und in 2,5 Stunden alle 60 Pfähle einschlugen, eher Anlass zu Scherzen als zur Sorge. Die Schilder sollen erst kurz vor dem Festsonntag angebracht werden. Zudem gibt die Gemeinde Oberhausen ein Büchlein, in dem alle Tafeln der Geschichtsmeile plus 20 weitere von Holzmayr erstellte Bilder enthalten sind, in der Auflage von 2000 Stück heraus, das an alle Interessierten verteilt werden soll.