Oberhausen
Der Reiz der Vergangenheit

Pfade durch Jahrtausende: 120 Teilnehmer zeigen sich begeistert von historischer Wanderung

15.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:48 Uhr

Rekordverdächtig für eine geführte Wanderung auf historischen Pfaden: Rund 120 Interessierte wanderten mit zur Kaiserburg. In langer Schlange ging es zunächst Richtung Wald, wo Kreideabbau, Römerstraße und Hügelgräber die Wanderer erwarteten. Mini Forster-Hüttlinger links, Foto rechts oben) wusste als Mitglied des Arbeitskreises Geschichte aus der frühen Oberhausener Geschichte zu erzählen. - Fotos: Hammerl

Oberhausen (DK) Herrliches Wanderwetter, alte Sagen um Kaiser Barbarossa oder drei Fräulein, die auf der Kaiserburg gelebt haben sollen, Leierkastenmusik im Wald, Hügelgräber und die alte Römerstraße haben die historische Wanderung mit Mini Forster-Hüttlinger zum Erlebnis gemacht.

Besonders überrascht ist sie nicht vom Ansturm der Leute, die sie auf die etwa fünf Kilometer lange Tour zur Kaiserburg begleiten wollten. Denn schon die erste historische Wanderung war mit 100 Teilnehmern fast ebenso gut angenommen worden. Nun sind es 120, die sich am Latour-Denkmal sammeln. Auch ohne Megafon kommt Forster-Hüttlingers Stimme erstaunlich gut durch, auch dank überwiegend guter Disziplin der Zuhörer, die großes Interesse zeigen und nicht nur die Gelegenheit zu einem geführten Spaziergang nutzen. Den Oberhausenern sind die vier vor acht Jahren eröffnet Wanderwege, als „Pfade durch Jahrtausende“ bezeichnet, natürlich weitgehend bekannt, daher sind vorwiegend Teilnehmer aus Neuburg und dem Umland gekommen.

Das Frühjahr sei der ideale Zeitpunkt für die Touren, schickt Forster-Hüttlinger voraus, denn später im Jahresverlauf verschwände einiges unter der Vegetation und sei nicht mehr erkennbar. Erste Station im Wald sind die Überreste des Kreideabbaus, tiefe Dellen im Waldboden, deren Ursprung sich Ortsfremde ohne das Hinweisschild wohl kaum erklären könnten. Ein Marterl steht hier, das an Johann Voit erinnert, der 1903 in einen Schacht stürzte und umkam. „Erzählen Sie uns die Geschichte von der Römermaske“, bittet Ingrid Kruff. Forster-Hüttlinger meint zwar, die gehöre gar nicht hierher, erzählt sie dann aber kurz vor Ende der Wanderung am Waldrand, dort, wo die Römerstraße aus dem Wald tritt und sich auf dem Feld verliert. Arbeiter der Wifo hatten eine römische Gesichtsmaske gefunden und sie zur Deko an einen Nagel in ihrer Hütte gehängt. Bis jemand sie dort sah und veranlasste, dass sie ins Museum kam. Dass dieser jemand ihr Vater war, lässt sich die dritte Bürgermeisterin der Gemeinde Oberhausen nur ungern aus der Nase ziehen.

An verschiedenen Stationen lässt sie Geschichte und Geschichten lebendig werden, an der Kreuzung des Wanderweges mit der 2000 Jahre alten Römerstraße, zwei vom Weg aus sichtbaren – von insgesamt 18 – Hügelgräbern aus der späten Bronze- bis Hallstattzeit, unterhalb der Kaiserburg, an Wall und Graben, die so weit entfernt angelegt wurden, damit Bogenschützen den Burgverteidigern nicht gefährlich werden konnten und an der so genannten Blidenstellung, die der Kaiserburg dann doch um 1300 zum Verhängnis wurde. Hier installierte Steinschleudern läuteten die Zerstörung der Burg ein, von der heute nur noch wenige wieder ausgegrabene Mauerreste zeugen – allerdings nur Füllmaterial, von den Quadersteinen ist nichts mehr vorhanden. „Viel liegt in der Donau, ein Teil wurde abtransportiert“, erzählt Forster-Hüttlinger, jedoch längst vor dem Bau der Neuburger Hofkirche, die also nicht aus dem Material der Burg gebaut worden sei. Ein Teil der Wanderer steigt den teils recht rutschigen Weg zur Burg hinauf, andere umrunden sie, beide Gruppen treffen sich dort, wo Werner Pfaller mit seinem selbst gebauten Leierkasten Wiener Lieder oder das Lied vom Chianti-Wein in den lauschigen Wald hineinschallen lässt. „Eigentlich macht der Kasten die Musik, nicht der Mann“, weiß der sechsjährige Jamie. So oder so – es ist eine kleine Hommage an glanzvolle Zeiten auf der Burg, um die nicht nur gekämpft, sondern auf der sicher auch gefeiert wurde, einst, zwischen den Jahren 1100 und 1300.