Neupotz
Wo die Polder schon Realität sind

Betroffene Bürgermeister und Landräte besichtigen fertiggestellte Anlagen am Oberrhein

23.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:16 Uhr

Gruppenfoto auf dem Polderdamm: Bürgermeister Alois Schiegg aus Marxheim (von links), Poldergegner Ewald Berner, Peter von der Grün, der Sprecher der Bertoldsheimer Bürgerinitiative, Burgheims Bürgermeister Michael Böhm, Rennertshofens Gemeindechef Georg Hirschbeck und Burgheimer Poldergegner. - Foto: oh

Neupotz (DK) Wer über Polder redet, sollte auch wissen, von was er spricht: Deshalb lud das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt zur Infofahrt an den Oberrhein. Bürgermeister, Landräte und Vertreter der Bürgerinitiativen besichtigten bestehende Hochwasserschutzanlagen und Grundwassermaßnahmen.

Am Dienstagfrüh machte sich der Bus auf den Weg nach Reinland-Pfalz und Baden-Württemberg. "Im Zuge des Integrierten Rheinprogramms sollen 13 Hochwasserrückhalteräume, sogenannte Flutpolder, am Oberrhein geschaffen werden. Einige von ihnen sind bereits gebaut und sogar schon mehrfach in Betrieb gewesen", berichtet das Wasserwirtschaftsamt in einer Pressemitteilung. Neben Fachbeiträgen und Führungen an den Polderstandorten Altenheim und Söllingen-Greffern in Baden-Württemberg sowie Neupotz in Rheinland-Pfalz, gab es auch die Möglichkeit, sich mit Bürgermeistern der betroffenen Kommunen auszutauschen. "Klar wurde, dass auch hier zu Beginn große Skepsis gegenüber dem Thema Flutpolder bestand", so die Behörde. "Unser erster Spruch war auch: Kein Polder für Neupotz", zitiert das Amt Bürgermeister Roland Bellaire aus dem rheinland-pfälzischen Neupotz, "doch auch wir müssen unseren Beitrag leisten". Er betonte darüber hinaus, dass seine Bedenken durch Untersuchungen und Fakten ausgeräumt werden konnten.

Die Teilnehmer bewerteten die Fahrt grundsätzlich positiv. "Es war insofern beeindruckend, weil man sich jetzt etwas vorstellen kann, wenn man von Einlassbauwerken und Schöpfwerken redet", erzählt Burgheims Bürgermeister Michael Böhm. Es habe sich gezeigt, dass auch am Oberrhein die selben Fragen im Mittelpunkt standen: Auswirkungen auf Grundwasser, Landwirtschaft, Immobilienpreise und Natur. "Man hat sich der Probleme angenommen und sie sind gelöst worden", sagt Böhm. "Mich hat es positiv gestimmt, wenn man sieht, dass diese Polderbauwerke ja nicht aus Jux und Dollerei gebaut werden."

Sein Amtskollege aus Rennertshofen sagt: "Skeptisch ist man immer, solange man etwas nicht im Ernstfall sieht." Die Polder am Oberrhein seien noch nie notgeflutet worden. Zwar sei die Fahrt informativ gewesen, aber seine Meinung habe sich nicht geändert: "Ich bleibe skeptisch, denn alles kann man nicht beherrschen, trotz aller Maßnahmen, bleibt immer ein Restrisiko", sagt Hirschbeck im Hinblick auf das Grundwasser. Außerdem seien die besichtigten Polder nur schwer mit Bertoldsheim zu vergleichen.

Bei Altenheim habe man 80 Prozent Auwald und 20 Prozent Landwirtschaft. "Bei uns ist es andersherum", sagt auch Peter von der Grün, der Sprecher der Bertoldsheimer Bürgerinitiative gegen den Polder. Außerdem liege die Wohnbebauung bei allen besichtigten Poldern weiter vom Damm entfernt, als das in Bertoldsheim der Fall wäre.

"Die Informationsfahrt war sehr informativ. Und die Praxis der Polder wurde sehr anschaulich dargestellt. Was nicht eindeutig geklärt werden konnte, ist der Umgang mit der Landwirtschaft bezüglich der Auswirkungen nach einer Flutung im Hochwasserfall. Was wir festgestellt haben, ist, dass es hier auch Widerstände aus der Bevölkerung gegeben hat. Es bedarf sehr viel Bürgerbeteiligung und Transparenz, wenn so etwas umgesetzt werden soll", so der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf.

Christian Leeb, der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, ist mit der Resonanz zufrieden. "Die Fahrt wurde positiv bewertet, auch wenn natürlich noch viel Diskussionsbedarf bleibt und nicht alles eins zu eins vergleichbar mit unseren Gegebenheiten ist", sagt er. Der nächste runde Tisch zum Thema soll bereits im November in Bertoldsheim stattfinden.