Neuburg
Braune Brühe flutet Geschäftshäuser

07.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:58 Uhr

MItgenommen sieht das Warenlager im Caritas-Secondhandshop an der Hirschenstraße aus. Die meisten Artikel sind jetzt unbrauchbar.

Neuburg (r) "Wir sind hier an der Ostsee". Hans-Jürgen Rudolph steht knietief auf der überfluteten Münchener Straße und hat seinen Humor noch nicht verloren. Der Gewitterregen in der Nacht zum Montag hinterließ in der Innenstadt heftige Spuren, überschwemmte die Keller von Wohn- und Geschäftshäusern.


Der Kanal blockierte, das Wasser staute sich ab 23 Uhr zurück und flutete Oswaldplatz, Hirschen-, Adlerstraße und Schwemmstraße. Die Brühe fand ihren Weg in die Keller von Wohn- und Geschäftshäusern. Nach erster Einschätzung sind rund 30 Anwesen stark betroffen.
 
Die Pumpwerke waren ausgefallen, weil eine Messsonde versagt hatte, so eine mögliche Erklärung des Malheurs. Der Schaden wird voraussichtlich einen erheblichen sechsstelligen Betrag ausmachen. "Wir werden uns um Schadensregulierung bemühen", versprach Oberbürgermeister Bernhard Gmehling Montagfrüh vor Ort. Er schaute im "Neuwirt", im Spörer-Haus und bei anderen Betroffenen am Oswaldplatz vorbei.

Die städtische Kanalabteilung mit Amtsrat Paul Leikam war ebenfalls unterwegs und kümmerte sich um die Geschädigten. Eine exakte Ursache für die überraschende Flut vermochten die Stadtangestellten erst gestern nachmittag zu nennen.
 
Jedenfalls füllte der Starkregen (etwa 30 Liter pro Quadratmeter) in der Nacht die Kanäle in Minutenschnelle. Das Wasser lief nicht ab, staute sich zurück, hob Kanaldeckel hoch und überschwemmte die Straßen. Die Flut drückte Kellerfenster ein und ergoß sich in die tieferliegenden Räume.

"Ich traute meinen Augen nicht". Als Christina Müller ihren Salon "hairfashion" nach dem Gewitter betrat, fand sie dort 20 Zentimeter Pegelstand vor. Das Wasser war durch dieEingangstür eingedrungen. Oswaldplatz, Hirschen- und Münchener Straße (bis zur Post) glichen kurzzeitig Seen. Polizei und Feuerwehr sperrten die Strecken ab.

Die "Neuwirt"-Pächter Karl und Anke Deiml holten alle verfügbaren Helfer zusammen: Catering-Lager und Heizkeller schwammen komplett. Im Sanitätshaus Spörer tauchten gelagerte Artikel ab, ebenso bei Elektro Linzi, und im benachbarten Telefonladen ging angeblich eine Vielzahl von Handys kaputt.

Das Untergeschoß des Caritasladens glich einer Verwüstung, ebenso etliche Privatkeller in Hirschenstraße und Schwemmgasse. "Die Gasse war ein Sturzbach", winkt Hausbesitzer Paul Heinzlmeir ab. Gestern ließ er einen Container kommen. Überall war großes Aufräumen angesagt. Besonders gefragt: waren Heizungsbauer. Sie müssen überprüfen, ob die Heizungen noch funktionieren.

Die Szenerie erinnert an den Juni 1991. Damals lief das Regenwasser durch einen Auslauf am Kai in die Donau. Die Klappe war wegen Hochwassers geschlossen. Als nachts Gewitterregen herunterprasselten, war der Kanal im Nu gefüllt. Die Flut nahm Besitz von Straßen und füllte die unteren Verkaufsräume zum Beispiel im früheren Kaushauf Paul. Eigentümer Andreas Zierer verzeichnete allein 500 000 Mark Schaden.

Auch dieses Mal konnten die Massen an Regenwasser nicht zur Donau hinaus. Pumpwerke, die die Flut durch das Rückhaltebecken am Hertlein in die Donau befördern sollten, sind offenbar einfach nicht angesprungen. "Es könnte so gewesen sein, dass die Messtechnik nicht angezeigt hat, dass das Rückhaltebecken an der Hertlein-Kurve absolut voll war", erklärte OB Bernhard Gmehling. Deswegen seien bis 24 Uhr die Pumpen nicht angesprungen. Die Auswertung der Computerprotokolle ließen diesen Schluss zu. Es handle sich aber lediglich um eine erste Bewertung.

Die Stadt schaltete die Fachleute der Bayerischen Versicherungskammer an, die vermutlich in dieser Woche ihre Abreit in Neuburg aufnehmen werden.