Neuburg
"Staat müsste sich für seine Bürger einsetzen"

20.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:45 Uhr

"Davon kann man einfach nicht begeistert sein": Theo Walter, Kreisvorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins hat erhebliche Bedenken gegen Google Street View und will das Thema im Herbst bei der Jahresversammlung des Vereins entsprechend vorbringen. - Foto: Schanz

Neuburg (DK) Das Ablichten von Privathäusern und die weltweite Verbreitung im Internet stößt beim Kreisverband "Haus und Grund" auf deutliche Ablehnung. Auch der Zentralverband in Berlin rät, Widerspruch bei Google Street View einzulegen. Kreisvorsitzender Theo Walter beklagt die Hilflosigkeit des Staates.

"Wenn Sie nicht mehr in der Nase bohren können, ohne dass einer zuschaut, dann ist das ein Verlust an Lebensqualität." Plastisch formuliert Theo Walter, dass er kein Freund virtueller Indiskretionen ist. Der Kreisvorsitzende von "Haus und Grund" ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und will nicht, dass die Last sich mit Google herumzuschlagen auf den Einzelnen abgewälzt wird. "Der Staat muss die Grundlagen schaffen. Er müsste sich für seine Bürger einsetzen. Das ist seine Aufgabe", sagt Theo Walter. Doch der Staat sei hilflos.
 

Als Vorsitzender des Grundbesitzervereins weiß der Neuburger, dass die meisten Immobilienbesitzer von Street View nicht begeistert seien. Wegen dieser "punktgenauen Beobachtung" erreichten ihn immer wieder Anfragen bei den wöchentlichen Sprechstunden. Grundsätzlich hätten viele nichts dagegen, wenn eine Straßenfront in Augenhöhe zu sehen sei, "aber der Blick über den Zaun wird kritisiert". Dass die Bilder aus einem Winkel geschossen werden, der "deutlich über der Augenhöhe eines Normalbürgers liegt", moniert auch der Zentralverband von "Haus und Grund" mit Sitz in Berlin. "Hecken und Zäune, die bewusst als Sichtschutz dienen sollten, werden so umgangen", beklagt Haus-und-Grund-Präsident Rolf Kornemann. Theo Walter schließt sich dieser Meinung an. Die Google-Kamera stelle eine Beeinträchtigung der Privatsphäre dar. Davon könne man einfach nicht begeistert sein. Außerdem laufe hier alles verkehrt. Normalerweise müssten diejenigen sich bei Google melden, die ihr Haus abgelichtet haben möchten, nicht die anderen. Also Widerspruch einlegen, was übrigens auch Mieter können? Der Kreisvorsitzende hat für seine Immobilien widersprochen. Aber was geschieht mit den Daten, die bei einem Widerspruch zwangsläufig mitgeliefert werden müssen? Da kann auch Theo Walter nur spekulieren. Werden sie anschließend gelöscht? Werden sie gespeichert? Und wenn ja von wem und welches Recht gilt dort? "Sie können die nur sehr schwer verklagen", glaubt er.

Der Kreisverband zählt inzwischen 700 Mitglieder. Im Herbst ist wieder Jahresversammlung. Bei dieser Gelegenheit soll Street View nochmals thematisiert werden. Der Neuburger Jurist prangert nicht allein eine Verletzung der Privatsphäre an. Er fürchtet, dass sich gerissene Firmen den Google-Dienst zunutze machen werden, um Hausbesitzer mit Offerten einzudecken. Die einen sehen, dass das Pflaster erneuert werden könnte, oder die Fassade, oder dass die Besitzer des Hauses gerne im Garten arbeiten. Das könne dann wirklich lästig werden. Nicht zuletzt hat Walter auch den Sicherheitsaspekt im Auge. Die Tatsache, dass aus erhöhter Position über den Zaun geschaut wird, könnten sich finstere Subjekte zunutze machen. "Das kann nicht in Ordnung sein. Wir haben doch jetzt schon Einbruchserien von Tätern, die von außerhalb kommen", betont Walter. Mit Luftaufnahmen und Street View ließen sich potenzielle Tatorte sondieren, ohne dass sich die Ganoven zuvor dort sehen lassen müssten. Das erschwere hinterher auch die Aufklärungsarbeit.

Polizeihauptkommissar Karl Hafner von der Neuburger Dienststelle, bezweifelt zwar, "dass es so dramatisch wird", will Walters Aspekt aber auch nicht vom Tisch wischen. Das Internet werde ebenso wie GPS mit Sicherheit auch von Straftätern genutzt, räumt Hafner ein, dass die Zahl der Einbrüche aber "einen großen Sprung nach oben machen wird", das glaubt der erfahrene Polizeibeamte indes nicht.