Neuburg
Die CSU zapft an, die Freien Wähler schenken kräfig ein

Ausverkauftes Haus beim FW-Starkbierfest mit Fastenpredigt und einem lustigen Singspiel

09.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:58 Uhr

Georg Thaller ließ einen CSUler anzapfen und schenkte danach seinen Zuhörern kräftig ein.

Neuburg (DK) Nach der Bayernhymne ist der Kolpingsaal plötzlich voller orangefarbener Luftballone. Die Stimmung brodelt. Damit findet das Starkbierfest der Freien Wähler seinen markanten Abschluss. Zuvor hat die Partei Landrat Roland Weigert kräftig hochleben lassen, Kreisvorsitzenden Klaus Brems zum König gekrönt und OB-Kandidat Johann Habermeyer werbewirksam in Szene gesetzt.

Die politische Konkurrenz hat ihr Fett wegbekommen, und das traditionelle Singspiel der FW-Truppe ist zu eingängiger Musik einmal mehr witzig und spritzig geraten.

Dass mit Festwirt Manfred Enzersberger ausgerechnet ein CSU-Stadtratskandidat das Fass auf der Bühne gekonnt ansticht, ist eine Kuriosität am Rande, ansonsten muss die Union an diesem Abend Federn lassen. Darum kümmert sich schon Fastenprediger Schorsch Thaller. „Sollte die CSU wieder demonstrativ den Saal verlassen, wäre das schade, aber empfehlenswert“, leitet er seine Predigt ein, die diesmal etwas weitschweifig auf bundes- und landespolitisches Terrain, zu Pädophilen und dem ausgabenfreundlichen Limburger Bischof Tebartz-van Elst führt und viel vom erwarteten Lokalkolorit vermissen lässt.

Thallers Motto an diesem Abend ist die Wahrheit. „Der Wahn vom political correktness verhindert, dass Wahrheiten auch nur angedacht werden“, beklagt er, lobt Thilo Sarrazin, was manchem peinlich ist und deklariert unter dem Applaus des Publikums Pädophile als Drecksäue. „Wer ist Mitglied im ADAC? Und wer ist ausgetreten? Wer ist Mitglied beim FC Bayern, und wer ist wegen der Hoeneß-Affäre ausgetreten“, fragt der Prediger ins Publikum. Bei der ersten Frage heben sich wenige Hände, bei der zweiten gar keine. „Also mir hat noch nie ein Fußballspieler geholfen, wenn’s mir einen Reifen zerrissen hat“, trumpft Thaller auf.

Das Desaster der Grünen mit der Aufstellung ihrer Kandidatenlisten greift ein Stück Neuburger Lebenswirklichkeit auf, auch der zweiten Donaubrücke, die „seit 25 Jahren ein kabarettistischer Dauerbrenner ist“, widmet sich Thaller. Ebenso dem Ordnungsamt, das den Weihnachtsmarkt in Marienheim „ohne Herz und Verstand“ verboten hatte, was OB Bernhard Gmehling dann wieder gradebiegen musste. Streckenweise gerät die Fastenpredigt ziemlich derb, dann wieder augenzwinkernd freundlich, bisweilen ein bisserl platt. „Ist der Hans dann der OB, wird Neuburg schee.“

Ob besagter Hans OB wird, ist noch nicht raus. Am Samstagabend kommt Johann Habermeyer direkt von einer Reise ins Heilige Land in den Kolpingsaal und spannt humorvoll den Bogen vom Nahen Osten nach Neuburg. Am See Genezareth habe er versucht über das Wasser zu laufen und sei gescheitert. „Ohne Brücke werden wir das auch über die Donau nicht schaffen“, prophezeite er den Zuhörern.

Was in Baring nicht möglich sei, sei im Beduinenzelt Realität: kostenloser W-Lan-Empfang. Und in Anspielung auf das Stimmzettelproblem: „Dass ihr gleich die Wahl verschieben wollt, nur weil ich eine Woche nicht da bin, das halte ich für übertrieben.“

Musikalisch, lustig und mit Sinn für Pointen wird es zum Abschluss des Abends beim Zirkus Kommu(k)nalli. Sissy Schafferhans, Bernhard Pfahler und Klaus Babel nahmen die Neuburger Politszene aufs Korn. Schorsch Thaller und Anita Kerner zeigten nicht nur ihr schauspielerisches Talent sondern auch ihre Klasse als Sänger.

Friedhelm Lahn war die Rolle des gescheiterten Linke-Bewerbers Roland Keller auf den Leib geschneidert, gesanglich steigerungsfähig, aber absolut überzeugend. Lautstarker Applaus im Kolpinghaus war der Mühe Lohn. Auch dieses Singspiel hatte Witz und Charme, wurde engagiert und ideenreich präsentiert – und wird alljährlich mit Spannung erwartet. Beim nächsten Starkbierfest wird es einen neuen Fastenprediger geben. Dreimal hat Schorsch Thaller kräftig eingeschenkt, auch wenn einer von der CSU angezapft hat.