Großeltern des Todespiloten lebten in Neuburg

27.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:29 Uhr

Neuburg (DK) „Das habe ich dem Buben niemals zugetraut.“ Die Neuburgerin war fassungslos, als sie den Namen des Todespiloten Andreas L. im Radio hörte. Der 28-Jährige, der den Airbus von Germanwings mit 150 Opfern vermutlich mit Absicht zum Absturz brachte, hatte sich oft in Neuburg aufgehalten.

Im Stadtteil Ried wohnten bis vor wenigen Monaten seine Großeltern. Der 87-jährige Kinderarzt und seine 84-jährige Ehefrau zogen erst vor Kurzem zur 55-jährigen Tochter nach Montabaur. Sie ist die Mutter des Unglückspiloten Andreas L.

Zusammen mit der Mutter besuchte er regelmäßig die Großeltern in Neuburg. Nachbarn, die Andreas L. begegnet sind, beschreiben ihn als „ganz ruhigen und höflichen jungen Mann“. Er sei mit den Großeltern spazieren gegangen und habe ihnen den Rasen gemäht. L. sei sportlich gewesen und sei immer wieder mal durch Ried oder an der Donau entlang gejoggt. Manchmal habe ihn sein Vater – Ingenieur einer Glasfabrik – beim Laufen begleitet.

Die Bekannten wussten seit Jahren, dass der Heranwachsende Pilot werden wollte. „Die Großeltern haben ständig davon erzählt“, erinnert sich eine Nachbarin. Man habe Respekt gehabt vor diesem ehrgeizigen beruflichen Ziel. An der Eignung von Andreas L. hatte offenbar keiner gezweifelt, „denn der Andreas hatte eine selbstbewusste und freundliche Art gehabt“.

Eine Nachbarin, die gelegentlich mit ihm gesprochen hatte, konnte die weltweit verbreitete Nachricht über den Co-Piloten des Airbus 320 und seines Todesfluges in den französischen Alpen nicht glauben. „Als das im Radio gemeldet wurde, habe ich gedacht, ich habe mich verhört“, sagte die Neuburgerin gestern auf Nachfrage. Sie will auch noch nicht ganz ausschließen, dass im Cockpit des Passagierflugzeuges nicht auch noch andere Einflüsse zu dem Absturz geführt haben. Dass Andreas L. zu einer solch unglaublichen Tat fähig gewesen war, hätte man im Umfeld der Familie in Neuburg jedenfalls niemals gedacht.

Man nimmt neben den Todesopfern auch Anteil am Schicksal der Familie des Co-Piloten, die eine schwere Zeit durchlebt. Die Mutter von Andreas L. hatte ihre Großeltern nach Montabaur in Rheinland-Pfalz geholt, um die lange Fahrzeit von vier Stunden zu vermeiden. Die Eltern wohnen jetzt in unmittelbarer Nähe ihrer Tochter. Nach Neuburg gekommen waren sie Anfang der 70er Jahre, als der Großvater – damals ein junger Mediziner – von Rumänien nach Deutschland übersiedelte. Er blieb nach einem Ärztekongress im Westen. Der Arzt fand eine Anstellung als Oberarzt in der Neuburger Kinderklinik, seine Frau arbeitete als Lehrerin in einer Neuburger Grundschule.

Der Onkel von Andreas L. führte ein Sportgeschäft in der Neuburger Innenstadt, später in Ingolstadt. Er löste die Firma auf und zog nach Nordbayern. Eine Tante ist in Neuburg geblieben. Die Nachricht vom Airbus-Absturz mit ihrem Neffen im Cockpit hat auch sie massiv getroffen. Man habe sich so etwas nicht vorstellen können. „Aber man kann in einen Menschen nicht hineinschauen“, sagt sie am Telefon.