Neuburg
Zu wenig Beweise

Freispruch für mutmaßlichen Vergewaltiger

28.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:08 Uhr

Neuburg (rje) Weil er seine damalige Frau vergewaltig haben soll, stand gestern ein 30-jähriger Mann vor dem Neuburger Schöffengericht. Das mutmaßliche Opfer hatte ihn nach der Trennung im Juni 2011 angezeigt.

Zu diesem Zeitpunkt lagen die Vorfälle bereits anderthalb Jahre zurück.

Ermittlungsrichterin Ida Roth hatte mit der Frau gesprochen. „Sie erzählte mir, dass er nachts in das Schlafzimmer gekommen sei“, berichtet sie. Der Neuburger habe Geschlechtsverkehr gewollt und sich ausgezogen. Seine Frau habe aber erklärt, dass sie weiterschlafen wolle. Daraufhin habe der Angeklagte ihr die Hände auf dem Rücken zusammengehalten und die Unterwäsche ausgezogen. „Sie erzählte, dass sie sich nicht wehren konnte, da er ihr körperlich so überlegen sei“, erinnerte sich Roth.

Erst habe die Frau den Vorfall nicht angezeigt, weil sie befürchtet habe, ihr Mann nähme ihr die gemeinsame Tochter weg. Dann habe sie jedoch von einem Vorfall erfahren, bei dem etwas zwischen ihrer Schwester und dem Angeklagten vorgefallen sei. „Sie meinte, dass es jetzt zu viel sei.“ Mittlerweile ist das Paar geschieden. Die Tochter lebt bei der Mutter, aber der Sorgerechtsstreit ist noch in vollem Gange.

Der Angeklagte bestritt die Tat. „Das stimmt überhaupt nicht“, stellte er klar. Sie hätten oft gestritten, weil seine Frau den Haushalt nicht gemacht habe, obwohl sie daheim gewesen sei. Im Juni hätte es schließlich eine Auseinandersetzung gegeben, nach der die Frau mit dem Kind das Haus verließ. „Ich wusste nicht, was los ist und wo sie sind.“ Daraufhin sei er zu einem Anwalt gegangen und habe das alleinige Sorgerecht für die Tochter beantragt. Unmittelbar darauf erfuhr er, dass er wegen Vergewaltigung angeklagt sei.

Sein Verteidiger Bernhard Lang legte Briefe vor, die das mutmaßliche Opfer an den Angeklagten während der Ehe geschrieben hatte. Darin beschwerte sie sich über zu wenig sexuelle Zuwendungen in der Beziehung. Lang beantragte, einen Freispruch für seinen Mandanten, da es nur eine Zeugin vom Hörensagen gebe. „Eine Verurteilung darf nicht alleine darauf fußen. Sie muss sich auf weitere Beweismittel stützen, aber die gibt es nicht.“ Die Ex-Frau selbst machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und sagte nicht aus. Zudem war sie wegen einer Falschaussage vor Gericht bereits vorbestraft. Der Angeklagte selbst hatte keine Einträge im Bundeszentralregister.

Das Schöffengericht sah den Fall genauso und sprach den Neuburger frei. Richter Gerhard Ebner erklärte: „Dieser Sorgerechtsstreit wirft Zweifel auf. Es gibt zu wenig Beweismittel und auch die einstige Falschaussage der Frau sprechen für einen Freispruch.“ Es könne zwar sein, dass die Aussage stimme, aber die Zweifel wögen schwerer.