Neuburg
Ziemlich beste Freunde

Gericht: 67-Jähriger muss ins Gefängnis

31.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:24 Uhr

Neuburg (vb) Eigentlich seien sie doch beste Freunde, versicherte der Angeklagte gestern Richterin Susanne Bekk am Amtsgericht Neuburg. Nur: Einen besten Freund schlägt man für gewöhnlich nicht mit dem Gehstock aufs Bein und auf den Kopf, so dass der eine Platzwunde davonträgt und ins Krankenhaus muss.

So geschehen im vergangenen August in der Obdachlosenunterkunft in Neuburg: Der 67-jährige Angeklagte ist ein Nachbar des Opfers. Die beiden kennen sich schon lange, spielen eigentlich so gut wie jeden Tag Karten zusammen – nur manchmal, da kracht’s. Schon im März vergangenen Jahres war der Rentner straffällig geworden – auch damals hatte er seinem „besten Freund“ mit dem Gehstock eine übergezogen. Damals lautete das Urteil: sieben Monate auf Bewährung. Drei Tage, nachdem das Urteil rechtskräftig geworden war, der nächste Zwist. Und immer ging es um das gleiche Thema: Der Jüngere, der gestern vor Gericht nicht anwesend war – er sitzt wegen einer anderen Geschichte im Gefängnis – soll seine Musik permanent zu laut aufgedreht haben. Auch nachts. „Ich konnte nicht mehr schlafen“, so der Angeklagte. „Immer wieder habe ich die Polizei angerufen, aber es ging immer weiter.“ Es habe ihn zur Weißglut gebracht. „Was würden Sie denn machen“, fragte er Richterin Bekk. „Ich würde sicher nicht mit dem Stock schlagen“, entgegnete die. „Ja, Sie sind ja auch eine Frau“, erwiderte der Angeklagte daraufhin. Außerdem würde die Polizei zu ihr, der Richterin, ja auch kommen, ihm würde sie nie helfen. „Und wenn die Polizei mir nicht hilft, dann helf’ ich mir eben selbst.“ Dass er seinen Nachbarn geschlagen hat, gab er auch unumwunden zu. „Mir tut’s auch leid, aber was soll’s.“ Er habe sich eben nicht anders zu helfen gewusst.

Der Angeklagte stand gestern nicht zum ersten Mal vor Gericht. Acht Vorstrafen hat er bereits angesammelt, die erste 1991. Betrug ist dabei, aber auch Diebstahl, Trunkenheit im Verkehr, Beleidigung und Sachbeschädigung. Immer hat er Bewährungsstrafen erhalten. So wie zuletzt vergangenen Sommer. Seinem Kumpel hat er nun unter offener Bewährung den Stock auf den Kopf gehauen – somit stand nun eine Gefängnisstrafe im Raum. Darauf plädierte auch Staatsanwältin Kathrin Fredrich. Ein Jahr forderte sie, immerhin sei die Rückfallgeschwindigkeit enorm. Eine „hartnäckige Rechtsmissachtung“ nannte sie das Verhalten des Angeklagten.

Seine Verteidigerin Christine Mohr sah das auftragsgemäß anders. Ihr Mandant habe bis jetzt alle Bewährungsstrafen durchgestanden, es sei das erste Mal, dass er in dieser Zeit straffällig geworden sei. Es half jedoch nichts: Richterin Susanne Bekk verurteilte den 67-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. „Kann ich nicht noch einmal eine Bewährungsstrafe bekommen“, bettelte der Verurteilte. „Nicht an diesem Gericht“, so Bekk.