Neuburg
"Willy the Lion" rückt ein

Einreise unter falscher Identität: Ehemaliger Boxweltmeister aus Kamerun muss sechs Monate in Haft

16.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Neuburg (DK) Sieben Jahre ist es her, dass er nach Deutschland eingereist ist. Sieben Jahre, in denen er unter einer falschen Identität lebte. Nun ist ein 29-jähriger, ehemaliger Olympia-Teilnehmer aus Kamerun deshalb vom Amtsgericht zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt worden.

In Expertenkreisen kennt man ihn unter "Willy the Lion". Unter dem tierischen Künstlernamen verbirgt sich ein junger Mann aus Kamerun - der früher einmal ziemlich erfolgreich geboxt hat. 2004 hat er für sein Heimatland an den Olympischen Spielen in Athen teilgenommen, sogar einen Weltmeistergürtel eines Box-Verbandes hat er gewonnen. Keine schlechte Karriere.

Was der Grund dafür war, dass er seine afrikanische Heimat verlassen und sich in Richtung Europa aufgemacht hat, ist unklar. Fest steht jedoch, dass er im Jahr 2010 deutschen Boden betreten und einen Asylantrag gestellt hat. Aber nicht unter seinem Geburtsnamen und nicht als kamerunischer Bürger - sondern als angeblicher Kongolese mit einem anderen Nachnamen. Seinen Pass habe er auf der Reise verloren, hatte er damals den Behörden zu Protokoll gegeben. Der falsche Kongolese wurde registriert und Neuburg zugewiesen, wo er in der Gemeinschaftsunterkunft in der Donauwörther Straße unterkam. Seinem Antrag auf Asyl wurde nicht stattgegeben - weil der Mann aber keine Dokumente hatte, konnte er auch nicht abgeschoben worden. Folglich wurde er in Deutschland geduldet.

Das Asylrecht sieht jedoch vor, dass er in Neuburg wohnen bleiben musste. Was er nicht tat. Den Boxer in ihm zog es in die Landeshauptstadt, wo er sich einem Boxklub anschloss und auch öffentlich bei Kämpfen zu sehen war, wohlgemerkt unter seinem alten Kampfnamen "Willy the Lion".

Die deutschen Behörden, allen voran das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen, versuchten derweil, seine Identität zu klären, um einen Pass zu organisieren - um ihn endgültig abzuschieben. 14 Mal wurde in dieser Zeit seine Duldung verlängert. Einen Termin zur Vorsprache in der kongolesischen Botschaft in Berlin ignorierte er ebenso wie alle anderen Versuche der Behörden, ihn loszuwerden. 2013 dann wurde er der Botschaft zwangsweise vorgeführt. Die Mitarbeiter dort kamen zu dem Ergebnis, dass "Willy the Lion" kein Landsmann von ihnen sei und äußerten die Vermutung, dass er aus Kamerun stammen könnte. Und die Hinweise verdichteten sich: Bei der Polizei in München meldete sich eine anonyme Anruferin, die davon berichtete, dass "Willy" ihr Exfreund sei, dieser aus Kamerun stamme und sie von den Inhabern des Boxklubs bedrängt worden sei, ihn zu heiraten, damit er im Land bleiben könne. "Willy the Lion" entschied sich, unterzutauchen. In den Jahren zuvor war er in Neuburg siebenmal in der Gemeinschaftsunterkunft abgemeldet worden, weil er dauerhaft fernblieb. Er kam aber immer wieder. Denn: ohne zugeteilten Wohnsitz, kein Geld.

Eine Wohnungsdurchsuchung in München folgte. Der Polizei war er bekannt, die Beamten wussten, wo er wohnte. Bei ihm zu Hause entdeckten sie schließlich einen Boxklubausweis aus Kamerun und ein persönliches Fotoalbum. Und als dann schließlich die Staatsanwaltschaft Anklage erhob, kam der Boxer in U-Haft. Ein Gutachter klärte zweifelsfrei, dass der Mann im Gefängnis, der auf den Fotos und der auf dem kamerunischen Boxklub-Ausweis der selbe ist.

Wegen des Erschleichens von Aufenthaltstiteln, des Verstoßes gegen das Asylgesetz und des unerlaubten Aufenthaltes ohne Pass forderte Staatsanwältin Anna Brunwinkel elf Monate ohne Bewährung. Verteidiger Bernhard Lang zweifelte das Gutachten an und plädierte auf Freispruch. Richterin Bettina Mora verurteilte den Mann zu sechs Monaten Haft. "Ich bin überzeugt, dass Sie wieder untertauchen würden, wenn ich die Strafe zur Bewährung aussetzen würde." Die Boxkarriere ist nun fürs Erste beendet. Wie es danach mit "Willy the Lion" weitergeht, ist unklar. Durch seine Täuschung hat er jedoch erreicht, bis jetzt sieben Jahre unberechtigt in Deutschland zu leben.