Neuburg
Weigert kritisiert "Vernebelungstaktik"

Kreistag macht sich mehrheitlich auf den Weg zum Regionalen Gemeinschaftstarif – CSU wollte Beschluss verschieben

18.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:48 Uhr

Mit einem Gemeinschaftstarif soll der öffentliche Personennahverkehr attraktiver werden. In der Anfangsphase wird der Landkreis maximal 411 000 Euro zuschießen. Arch - foto: r

Neuburg (DK) Als sich Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling am Gründonnerstag im Kreistag zu Wort meldete, war schnell klar, wohin die Reise gehen sollte. Die CSU-Fraktion wollte eine Abstimmung über den Regionalen Gemeinschaftstarif aussetzen. Zu viele Fragen seien noch nicht zufriedenstellend beantwortet. Der Fraktionschef der Union konnte sich mit seinen Vorbehalten nicht durchsetzen. Mit 40:11 Stimmen entschied das Gesamtgremium die finanzielle Beteiligung des Landkreises an der Tarifkonstruktion.

„Mit nur einer Fahrkarte ans Ziel“, mit diesen Worten der Wirtschaftsreferentin Andrea Haslauer lassen sich die jahrzehntelangen Überlegungen und Diskussionen in aller Kürze umreißen. Bislang gibt es in der Region 10 eine große Vielfalt an Tarifen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Dem durchschnittlichen Nutzer erschließt sich dieses Durcheinander nicht, zu mehr Attraktivität des ÖPNV trägt es auch nicht bei.

Nachdem lange Zeit darüber zwar gesprochen, aber nicht gehandelt wurde, hob man 2010 den Zweckverband VGI aus der Taufe, um die Arbeit an einem Gemeinschaftstarif voranzutreiben. Eine knifflige Aufgabe, weil die Interessen der Landkreise Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt und der Stadt Ingolstadt sowie die der Verkehrsunternehmen unter einen Hut gebracht werden müssen. Nachdem zu den Folgen einer neuen Tarifstruktur naturgemäß keine konkreten Summen vorliegen und auch die Entwicklung der Fahrgastzahlen eher Kaffeesatzleserei ist, gibt es zum Start die Hilfskonstruktion, dass die Gebietskörperschaften bei den sogenannten Harmonisierungs- und Durchtarifierungsverlusten finanziell in Vorleistung gehen. Konkret muss der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen maximal 411 000 Euro pro Jahr übernehmen. Eben diese Übernahme stand im Kreistag zur Entscheidung an. CSU-Fraktionschef Gmehling fand es zwar zunächst „verdienstvoll, wenn wir den ÖPNV attraktiver gestalten können“, es sei auch ressourcenschonend, der Beschluss aber sei „ein Stochern im Nebel“. Obendrein sei nicht einmal klar, ob der Landkreis Pfaffenhofen mit im Boot ist. Ist er aktuell noch nicht, Landrat Roland Weigert ist jedoch optimistisch, dass sein Kollege Martin Wolf in Pfaffenhofen entsprechend nacharbeiten lasse. Außerdem, so Gmehling weiter, seien die 411 000 Euro keine einmalige Summe, sondern müssten öfter hingeblättert werden. „Gibt es eine 60-prozentige Förderung durch den Freistaat? Wie viele Bürger nutzen den ÖPNV? Wie viel investieren wir denn da“ Für Gmehling unbeantwortete Fragen. Es wäre schön, wenn das alles komplett vorgestellt würde, meinte Gmehling.

Der Landrat fand, das sei zwar geschehen, ließ dann von Sachgebietsleiterin Karen Johannsen, die sich seit Jahren intensiv mit dem Thema befasst, nochmals den Stand der Dinge erklären. Johannsen versicherte, dass der Freistaat die finanzielle Förderung zugesagt habe, zwar nur mündlich, aber durchaus seriös vor Landräten und Ingolstadts Oberbürgermeister. Die Summe, die der Landkreis zu schultern habe, werde also mit Sicherheit niedriger als die 411 000 Euro. „Wenn das in Ingolstadt und Eichstätt zustimmungsfähig ist, frage ich mich, warum es bei uns nicht zustimmungsfähig ist“, ärgerte sich Weigert, der von einer Grundsatzentscheidung von regionaler Bedeutung sprach. Rudi Peterke (CSU) sah zwar ein, „dass wir in den ÖPNV investieren müssen“, wollte den Beschluss aber zurückstellen, bis eine definitive Aussage aus Pfaffenhofen vorliege. Das lehnte Weigert ab. Er wollte eine geschlossene politische Linie der Gebietskörperschaften, um aus einer starken Position heraus verhandeln zu können. Schützenhilfe erhielt der Landrat von der SPD. Fraktionschef Anton Krammer sagte: „Wir sind gegen ein Verschieben. Seit 30 Jahren wird verschoben. Wir müssen jetzt ein politisches Signal setzen.“ Sinngemäß meldete sich auch Maria Lang (FW) zu Wort. Bei einem erneuten Verschieben vergäßen viele Kreisräte, worum es überhaupt gehe. „Wir müssen uns auf den Weg begeben. Das sind wir unseren Leuten schuldig“, fand auch ihr Fraktionskollege Thomas Hümbs. Peterke sprach dann zwar nochmals von nur vagen Aussagen, die man zu hören bekomme, für den Landrat war das indes „Vernebelungstaktik. Eine weitere Diskussion wird keine weiteren Erkenntnisse bringen“, betonte er.

Innerhalb der CSU fehlte der Schulterschluss zum Fraktionsvorsitzenden. Landratsstellvertreter Alois Rauscher sprach von einem „überschaubaren Betrag, über den wir entscheiden“. Er könne dem Beschlussvorschlag des Landrates zustimmen. Eine kleine Retourkutsche für Gmehling gab es dann noch von Ludwig Bayer (FW): „Wir zahlen auch Zuschüsse für das Haus im Moos und das Hallenbad in Neuburg“, sagte der Kreisrat aus der Gemeinde Rennertshofen.

Als der Landrat abstimmen ließ, kam es zum üblichen Abzähldesaster. Mehrfach mussten Mitarbeiter der Verwaltung durch die Reihen gehen und die ganz oder nur versteckt erhobenen Hände zählen. Dass es nur ein konkretes Ja oder Nein gibt, eine Stimmenthaltung in kommunalen Gremien nicht erlaubt ist, gehört offensichtlich nicht zum Rüstzeug jedes Mandatsträgers. Einmal mehr kristallisierte sich unter Mühen ein Ergebnis heraus. Diesmal 40 Ja- und elf Nein-Stimmen. Damit wird der Landkreis die maximal 411 000 Euro Verlust übernehmen.