Neuburg
Unterschrift gefälscht?

Staubsauger: 44-Jähriger benutzt geistig eingeschränkte Frau für Kaufvertrag

24.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Neuburg (DK) Ein über 1000 Euro teurer Staubsauger, eine seltsame Bekanntschaft zwischen einem 44-jährigen Mann und einer 25-jährigen, geistig eingeschränkten Frau und eine Unterschrift - das waren die Zutaten für einen etwas kuriosen Fall gestern am Amtsgericht.

"Ich will nicht die Moralpolizei spielen, aber so ganz richtig ist die Sache nicht abgelaufen." Mit diesen Worten stellte Richterin Celina Nappenbach gestern das Verfahren am Amtsgericht Neuburg gegen einen 44-Jährigen ein, dem Staatsanwältin Lisa Kuhn Urkundenfälschung vorgeworfen hatte.

Das war passiert: Auf einer Handelsplattform im Internet, auf der man Kleinwaren kaufen und verkaufen kann, lernte der Neuburger eine 25-Jährige aus Ingolstadt kennen, die auf der Suche nach Küchengeschirr ist. Die Frau, die aufgrund ihrer geistigen Entwicklung einem gesetzlichen Betreuer unterstellt ist, holte die Sachen in der Wohnung des Neuburgers ab - und kam ab diesem Zeitpunkt ein paar Mal zu Besuch.

Einige Tage nach dem Kennenlernen bat der Angeklagte die Ingolstädterin, für ihn einen Kaufvertrag für einen 1049 Euro teuren Staubsauger zu unterschreiben, da ihm das aufgrund diverser Schufa-Einträge nicht möglich sei. "Ich habe das Formular ausgefüllt, sie hat unterschrieben", sagte der 44-Jährige aus. Nur: Das bestreitet die junge Frau - deshalb wurde dem Mann nun wegen Urkundenfälschung der Prozess gemacht.

"Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie sind arbeitslos. Musste es da unbedingt ein Staubsauger für über 1000 Euro sein", fragte Richterin Nappenbach den Angeklagten gleich zu Beginn der Verhandlung. "Ich fand den halt gut", erwiderte der Neuburger. "Ich find' auch viele Dinge gut und kann mir nicht alles leisten", sagte daraufhin die Richterin.

So oder so: Der Angeklagte blieb bei seiner Version, dass die junge Frau selbst unterschrieben habe - und nicht er. "Ich habe im Formular ja auch ihren Nachnamen falsch geschrieben, und bei der Unterschrift steht's richtig", argumentierte er. Er habe außerdem seine eigenen Kontodaten angegeben, nur sei nie irgendetwas abgebucht worden - deshalb stand nach Angaben der Ingolstädterin irgendwann ein Staubsaugervertreter vor ihrer Tür.

Was die junge Frau vor Gericht aussagte, war derweil wenig erhellend. Sie könne sich nicht erinnern, wie oft sie bei dem Mann gewesen sei, auch nicht, wo er wohne oder wie das alles abgelaufen sei. "Ich kann mich nicht erinnern, das ist schon so lange her", wiederholte sie. Fast klang es so, als habe sie diesen einen Satz auswendig gelernt. Nur einer Sache sei sie sich sicher: "Als er mich gefragt hat, ob ich unterschreiben kann, habe ich gesagt, dass ich meinen Betreuer fragen muss. Der hat ,nein' gesagt."

Als Richterin Nappenbach die Unterschrift der 25-Jährigen auf deren Personalausweis mit dem auf dem Staubsauger-Kaufvertrag verglich, stellte sie fest: "Das ist jetzt nicht ganz unähnlich." Nein, das sei sie nicht gewesen, beharrte die Frau. Einzig ein Unterschriftengutachten könne nach Ansicht von Celina Nappenbach beweisen, ob nun ein Original oder eine Fälschung vorliege. Das anfertigen zu lassen sei angesichts der Anklage dann aber doch etwas übertrieben - und so schlug sie vor, das Verfahren einzustellen, Staatsanwältin Kuhn willigte ein. "Mir hat sie gesagt, dass sie die Betreuerin für ihren Bruder sei", erzählte der Neuburger. "Dass das nicht sein kann, das hätte Ihnen aber klar sein müssen," erwiderte Kuhn. "Die Frau hat erkennbar nicht alles 100-prozentig im Griff", schloss Nappenbach die Sitzung.