Überwachungsvideo als Beweis: Würgeattacke auf Bargast

23.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:26 Uhr

Neuburg (ND) Der Überwachungskamera in einer Neuburger Bar ist es zu verdanken, dass eine gefährliche Körperverletzung im Oktober 2016 schnell aufgeklärt war. Ein 28-Jähriger hatte einen Thekengast plötzlich von hinten am Schal gepackt, bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und zu Boden geworfen. Nur eines konnte auch die Videoaufnahme nicht erhellen: den Grund für die Attacke.

„Ja, das bin ich. Ich bin geschockt. Ich kann mich daran nicht mehr erinnern“, sagte der Angeklagte, als er im Amtsgericht zusammen mit Staatsanwalt Lorenz Mödl und Richterin Bettina Mora das Beweisvideo ansah. Deutlich war der beschuldigte Leiharbeiter auf den Schwarz-Weiß-Aufnahmen zu erkennen, denn er trug in der Tatnacht am 16. Oktober gegen 1 Uhr einen auffälligen Hut. Immer wieder schüttelte der 28-Jährige den Kopf, als er sich selbst beobachtete, wie er offensichtlich betrunken an der Bar herumschwankte, mit einem Gast ein Tänzchen startete, ihm seinen Hut aufsetzte, dann zu einem sitzenden Mann an der Bar torkelte, dessen Schal in beide Hände nahm, die Arme überkreuzte – und in Mafiamanier zusammenzog. Das Opfer kippte sofort vom Hocker, landete ungebremst zwischen Stühlen und wurde vom Aggressor wieder hochgehoben. „Im Anschluss unterhielt er sich weiter mit ihm“, las der Staatsanwalt aus der Anklageschrift vor. Warum also die Attacke gegen den ehemaligen Arbeitskollegen? War es ein grober Scherz im Vollrausch? War es eine spontane Aggression?
Fest steht, dass das Opfer eine Gehirnerschütterung und eine Nasenbeinprellung davonzog und eine Woche nicht arbeiten konnte. „Ich hätte dabei umkommen können. Das ist sehr gefährlich gewesen“, sagte der gebeutelte Neuburger. Die Entschuldigung, die ihm der Peiniger reumütig anbot, schlug er aus. „Da hätte viel passieren können. Mit so etwas ist nicht zu spaßen“, konterte er den Akt des guten Willens.
Der Angeklagte legte ein Geständnis ab, auch wenn er sich an nichts mehr erinnern könne. In der Zeit der Trennung von seiner Frau habe er damals sehr viel getrunken, an diesem Abend ebenfalls, erklärte der in Polen geborene Neuburger. „Es tut mir sehr leid.“
Staatsanwalt Mödl mahnte, es handle sich um eine „lebensgefährliche Behandlung“ und forderte eine Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung. Auf einen Verteidiger verzichtete der Angeklagte. Richterin Bettina Mora verurteilte den bislang unbescholtenen 28-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung zu sechs Monaten auf Bewährung. 1000 Euro muss der Leiharbeiter an die Ärzte ohne Grenzen zahlen und eine Suchttherapie beginnen. „Sie wirken eigentlich ganz freundlich, wie Sie da sitzen. Es ist verwunderlich, wie Sie zu so einem Gewaltausbruch verleitet wurden.“