Neuburg
Spielleute in der Schlosskapelle

Platerspil bieten einen schwungvollen musikalischen Streifzug durch sieben Jahrhunderte

04.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:57 Uhr

Erfreuten mit Musik aus sieben Jahrhunderten in St. Ursula: (von links) Dieter Reitmeier, Gitti Pöhler, Konrad Prinke, Helmut Schels, Ulli Glawion und Heinz Werner. - Foto: Hammerl

Neuburg (ahl) Einen schwungvollen musikalischen Streifzug durch sieben Jahrhunderte bescherten die Spielleute von Platerspil ihren rund 70 Zuhörern in der Seminarkirche, die derzeit die Kleinen Konzerte in der Schlosskapelle beherbergt.

Den Schwerpunkt setzt die Ingolstädter Renaissancegruppe mit Ulli Glawion (Flöten, Schalmei, Gitarre, Gesang), Konrad Prinke (Violine, Cornamuse, Platerspil), Gitti Pöhler (Tischharfe, Rhythmus, Gesang), Dieter Reitmeier (Flöten, Krummhorn, Rhythmus, Gesang), Helmut Schels (Flöten, Chalumeau, Schalmei, Gesang) und Heinz Werner (Schalmei, Gitarre, Gesang, Arrangements) natürlich auf das 16. Jahrhundert und die Musik der Renaissance. Aus der Zeit stammt auch das Pierre Attaingnant zugeschriebene französische Trinklied Tourdion, in dem es um eine freundlichen Umgang miteinander geht, wie der Ansager verrät. Mit Hintergrundinformationen werden die Konzertbesucher abwechselnd von Helmut Schels, Konrad Prinke und Dieter Reitmeier versorgt. Ebenfalls der Renaissance zugeordnet sind im Programm die Instrumentalstücke „Intertruncum“ und „Vade“. Rudislav Schirkov, der sie um 1542 geschrieben haben soll, sei ein Hofmusiker des Bayerischen Herzogs Wilhelm gewesen, erzählt Schels augenzwinkernd. Der Musikus sei an schlechtem Bier verstorben, was für den Herzog Anlass für das Reinheitsgebot gewesen sein soll. Für die Legende verbürge sich Günter Grünwald, versichert der Moderator. Nur, dass das Reinheitsgebot mindestens 30 Jahre vor dem Tod des ominösen Komponisten erlassen wurde. Doch die kleine Schelmelei verzeihen die Zuhörer gewiss und überlassen sich gern der charaktervollen Musik, die Stück für Stück zwischen instrumental und Gesang wechselt. „Wir spielen nicht mit der Laute, dafür laut“ ergänzt Heinz Werner die Ansage für Hans Neusiedlers „Welschen Tanz“. Neusiedler war der Hauptvertreter früher deutscher Lautenmusik und sein munterer Tanz stammt tatsächlich aus der Renaissance. Dass auch modernere Werke ebenso mitreißend klingen können, beweist das an der Tradition mittelalterlicher Totentänze angelehnte „Es führt über den Main“ von Felizitas Kuckuck. Die fröhliche Kantate wirkt tröstlich, erinnert daran, dass jeder den Weg eines Tages gehen muss, ganz gleich, ob Fuhrmann, König, Bursch oder Mädchen, da hilft auch nicht, die steinerne Brücke entzweizuschlagen. Daher schlägt das Lied vor, diesen letzten Gang tanzend hinter sich zu bringen.

Interessant auch der Text des aus Siebenbürgen stammenden Liedes „Ein klein wild Vögelein“, der 1865 aufgezeichnet wurde. Das wilde Vögelein steht hier für alle, die sich nicht in Abhängigkeit begeben wollten, vor allem für junge Frauen, die es ablehnten, sich von einem reichen Liebhaber aushalten zu lassen.

Vom 13. bis zum 20., mit Mut zur Lücke im 15. und 18. Jahrhundert, reicht der Reigen der Instrumentalstücke, Tänze, Balladen und Lieder. Das Älteste, das Palästinalied, stammt gesichert von Walther von der Vogelweide. Von den insgesamt elf Strophen bieten die sechs Musiker und Sänger allerdings nur vier, um den vorgegebenen Zeitrahmen einer knappen Stunde nicht zu sprengen. Den hält Platerspil – der Name geht auf das gleichnamige Instrument zurück, eine einfache Sackpfeife mit Schweinsblase – trotz zweier Zugaben gut ein. Für Parsons Farewell aus dem 17. Jahrhundert greift Konrad Prinke zum Platerspil und schließlich ziehen die Musiker zu Stadtpfeifers Lieblingsreigen und beklatscht vom begeisterten Publikum hinaus aus St. Ursula.