Neuburg
Nightgroove bringt Bewegung in die Stadt

Rund 2700 Musikfans können unter zwölf Bands und elf Lokalitäten wählen

26.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:22 Uhr

Ganz nah dran waren die Fans im Neuwirt: Die Band Exit8 begeisterte mit Rocksongs wie „Rock me“. Das kam vor allem bei der Damenwelt gut an. Wer sich einen Platz vorn erkämpft hatte, wurde mit deutlich mehr Bewegungsfreiheit belohnt, als die übrige Gästen, die sich mit Zuhören begnügen mussten. Umfallen konnte jedenfalls niemand.

Neuburg (DK) Nightgroove bedeutet Trommelklänge in der unteren Stadt, gut gelaunte Spaziergänger, rammelvolle Kneipen und ausgesuchte Bands, die mit Livemusik diverser Stilrichtungen Stimmung machen. Rund 2700 Fans ließen sich vom feuchten Wetter nicht abschrecken und groovten mit.

Das waren zwar rund zehn Prozent weniger als Organisator Andreas Müller sich gewünscht hätte, doch „ein Rückgang an der Abendkasse war bei dem Regen auch zu erwarten“, zieht er eine erste Bilanz für „ein insgesamt tolles Festival“. Mit zwölf Bands an elf Orten ist der Nightgroove kompakter als im Vorjahr und eine Tour durch alle beteiligten Kneipen durchaus machbar, zumal die Musiker jeweils eine Dreiviertelstunde spielen und dann 15 Minuten Pause einlegen, so dass Bewegung in die Sache kommt. Die wenigsten warten so lange, sondern machen sich auf zum nächsten Ort und somit zur nächsten Band.

Die besten Plätze sind natürlich immer vorn an der Bühne, jedenfalls für die, die tanzen wollen. Je weiter hinten die Leute stehen, desto passiver werden sie. Vorn wird getanzt, in der Mitte gewippt und hinten nur noch zugeschaut, das ist überall so, in der Elisenlounge ebenso wie im großen Saal der Rennbahn, der erstmals zum Nightgroove geöffnet ist. „Ziemlich spontan“, wie Emal Zazai sagt. Schließlich sei der Boxenstall auch immer voll gewesen, warum also nicht die Chance nutzen, den Neuburgern den großen Raum im Obergeschoss zu zeigen, „damit sie ihn kennenlernen“. Viele Besucher aber bleiben unten im Restaurant bei Purple Heart und Rock-Klassikern der 60er und 80er Jahre hängen, während es oben deutlich grooviger zugeht mit Bläserensemble, Funk und Soul sowie Leadsängerin Lea, die erstmals mit der Band unterwegs ist, „auf Jungfernfahrt“, wie ihr Sängerkollege verrät.

 

„Zurück zu den Wurzeln, zurück zum Rock 'n' Roll“, ruft der Bandleader im Café Luitpold. Die Band Beathotel steht für Rock und Power-Pop-Beat, die Gäste machen es sich überwiegend an den Tischen gemütlich oder nutzen das gute Licht, um den Flyer zu lesen. An Lesen ist weder im nebelgeschwängerten Tanzcafé Hertlein mit der Band Rockcover zu denken, noch in der proppenvollen Sonderbar, wo die Gitarristen Rob’n’Rol vier Jahrzehnte Musikgeschichte lebendig werden lassen. Im Hertlein lässt es sich gut busseln, im Fly bieten The Mannish Boys nicht nur Rock’n’Roll, sondern einen Schuss Erotik und flotte Sprüche dazu. Der Name der Band ist Programm, im Stakkato stellen sie sich als „drei Brüder aus Augsburg“, vor, begrüßen Neuburger, Ingolstädter und Schrobenhausener. Letztere machen sich zwar rar, doch Neuburg ist umso besser vertreten.

Das Gros der Nachtschwärmer dürfte der mittleren Altersklasse angehören, doch auch ein paar ganz junge sind unterwegs. Robert aus Wellheim ist „sieben Jahre, in zwei Monaten werde ich acht“. Und er weiß ziemlich gut, was ihn auf dem 14. Neuburger Nightgroove erwartet, obwohl es für ihn der erste ist. „In jeder Kneipe ist Musik und die Leute tanzen“, sagt Robert, „und zu Essen und Trinken gibt es auch“. Er selbst will Musik hören und tanzen. „Ich habe keinen Babysitter gefunden“, erklärt Julia Grollmann, warum sie ihren Sohn dabei hat. „Wir bleiben auch nicht so lange“, ergänzt sie noch und steuert aufs Café Zeitlos zu. Dort ist Jazz, Blues sowie Gospel angesagt und die schwarze Sängerin ist mit Herzblut dabei.

„Es kommt auf die Band an“, sagt Neuwirt Karl Deiml, der mit seinem Team alle Hände voll zu tun hat und auch mal drei bis vier Weizen gleichzeitig einschenkt. Exit8 heißt die Rockband „der etwas härteren Gangart“, wie der Flyer verkündet, der jedem Nightgroover an den Abendkassen mitgegeben wird. Die Band war vor drei Jahren schon einmal im Neuwirt. „Dass die gut ist, haben sich die Leute gemerkt“, ist sich Deiml sicher. Jedenfalls ist die Bude voll, seit es um 21 Uhr losging.

Das Publikum mitzureißen, verstehen auch die Rockaholix im Café Huber, die sich zwischen AC/DC und den Zillertalern ansiedeln und gern auf Tuchfühlung mit den Gästen gehen. Das bekommen nicht nur Reporter, sondern auch Maximilian Huber und Mareike Köhler von der Raiffeisen-Volksbank zu spüren, die im Auftrag des Nightgroove-Sponsors Lippenpflegestifte verteilen. „Ist der kussecht“, fragt Leadsänger Pete Fink die 19-Jährige und will gleich die Probe aufs Exempel machen. Was er dann aber angesichts des Altersunterschieds an seinen 21-jährigen Bassisten delegiert. Neben den Stadtwerken ist die Bäckerei Schlegl der dritte Großsponsor und hat sich auch etwas für die Gäste einfallen lassen. Das Eintrittsbändchen kann in den nächsten Tagen gegen eine Körnersemmel eingetauscht werden. Die größte Tanzfläche bietet das Pfafflinger, wo Tukadela mit frech-frischem Latin-Funk zum Mitwippen und mehr animiert. Ins Blut geht der Rhythmus der 15 Trommeln von Drumadama, die auf den Straßen unterwegs sind und sich dort regengeschützte Plätze suchen.

Größtmögliche Vielfalt ist das Credo von Müller, der keine Band zweimal hintereinander nach Neuburg kommen lässt. Frühestens nach zwei Jahren wieder“, erklärt er, „denn es soll keine Langeweile aufkommen“. Den Erfolg der Veranstaltung führt er mit darauf zurück, dass er zwischen 200 und 250 Bands auswählen kann, und auch mal eine bucht, die aus 250 oder 300 Kilometern Entfernung kommt. Dass die Afterparty im Boxenstall diesmal wegen einer privaten Veranstaltung ausfallen muss, soll ein Einzelfall bleiben. „Für nächstes Jahr ist schon fest gebucht“, verspricht er. Zum Ausgleich haben heuer das Hertlein und der Rennbahnsaal bis 2 Uhr früh geöffnet.