Neuburg
Nicht zu viel versprochen

Grandioses Galakonzert der Bigband der Stadtkapelle mit ihren Partnern weckt Wunsch nach Mehr

14.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

−Foto: Hammerl, Andrea, Karlshuld(Grash

Neuburg (DK) Sie haben nicht zu viel versprochen. Was die Bigband der Stadtkapelle Neuburg mit dem Streichorchester Dieter Sauer aus Pfaffenhofen und charismatischen Sängern unter Leitung von Markus Haninger am Samstagabend im Galakonzert geboten hat, war großartiges Pop- und Jazz-Entertainment.

Natürlich nicht gleich auf - schon allein von der Dimension her - mit einem Robbie-Williams-Konzert im Olympiastadion, dafür aber sicher mit sehr viel mehr Herzblut als die ganz großen Popikonen, die sie sich zum Vorbild genommen haben. Und der Bigband-Sound, der die nahezu ausverkaufte Parkhalle füllt, lässt keine Wünsche offen. Galakonzert bedeutet in Neuburg legendäre Melodien, im vollen Sound ebenso auf den Punkt gebracht wie in den beswingten oder ruhigeren Passagen, einen ausgezeichneten Bandleader, der sich für Dschungelbuchmelodien auch mal auf der Bühne zum Affen macht, einen Moderator, der mit seinen Scherzen sogar die eigenen Bandkollegen samt Bandleader zum Lachen bringt, und Solisten, die nicht nur ausgezeichnet singen können, sondern den Titeln auch ihre persönliche Note verleihen.

Das gilt ganz besonders für Alexander Haninger, der sich an die Frank-Sinatra-Lieder "New York, New York" und "My way" traut und keineswegs als - was allein schon optisch schwierig bis unmöglich wäre - Imitation daherkommt, sondern zur eigenen, klangschönen Baritonstimme steht und so den Songs seine ganz eigene Interpretation gibt. Unglaublich, dass Andreas Tatus im wirklichen Leben Ingenieur ist. Der Münchner ist ein absoluter Zugewinn für das ansonsten lokale beziehungsweise regionale - Angelina Siegert kommt aus Ingolstadt - Sängersextett. Wenn Tatus Kurt Weills legendären Song "Mack the Knife" mit seiner erprobten Bigband-Stimme und ebenso verschmitzt leuchtenden Augen wie Williams zum Besten gibt, dann scheint tatsächlich der letzte Satz wahr zu werden: "Mack ist back in town". Oder, um es mit Moderator Dominik Bockelt, zugleich Initiator und Motor des Galakonzerts, zu sagen: "Tatus ist der Robbie Williams für Arme, äh, für Amerikanische Bigband-Klassiker". Kerstin Schulz mit ihrer grandiosen Jazzstimme ist die Idealbesetzung für "Me and Mr. Jones", das so viel verruchter und verzweifelter klingt, wenn Schulz anstelle von Amy Winehouse die schwierige Beziehung zu Mr. Jones beschwört. Wunderbar rhythmisch-beschwingt gelingt auch ihr "Moondance" mit Alexander Harnoß am Kontrabass, lyrisch "At this Moment", inbrünstig sehnsüchtig "Georgia on my Mind", das tief unter die Haut geht.

Noch eins drauf in dem an Höhepunkten reichen Programm setzen Tatus und Siegert mit ihrem traumhaften Duett "Somethin‘ Stupid" - da bleibt den restlos begeisterten Zuhörern wirklich nur, Bockelts Rat zu befolgen und sich beim Nebenmann einzuhängen, "egal, ob Sie ihn kennen oder nicht - hinterher kennen Sie ihn". Musikstudentin Angelina Siegert zeigt sich vielseitig, eher sentimental in "Feelin' Good, fetzig in "Big Time", wo sie am Ende ihre ganze Stimmgewalt beweisen kann. Mitreißende optische Akzente setzt das Dance Corps des ESV Ingolstadt, für das Alexander Angermann individuelle, auf Ensemble und Musik zugeschnittene Choreografien für das Galakonzert erstellt hat. So wird "Mr. Bojangles", gesungen von Schulz, lebendig und legt den erbetenen Tanz tatsächlich auf das schmale Parkett, das vor den 18 Bigbandmusikern und 15 Streichern aufgebaut ist. Hier zeigen vier Tanzpaare meist abwechselnd ihr Können, und sie scheinen dabei genauso viel Spaß zu haben wie die Musiker. Kein Auge bleibt trocken, als Kerstin und Sepp Egerer ihren Auftritt beinahe verpassen, weil Kerstin erst noch "meine Nägel lackieren muss", wie die Stimmen aus dem Off verraten. Nur gut, dass sie darauf verzichtet, bis sie ihr Duett "Things" absolviert haben, ein eingängiger Ohrwurm, der den beiden auf den Leib geschneidert scheint, mit all den Dingen, die sie nicht nur im Park tun, was das Tanzensemble noch unterstreicht.

Das Programm so facetten- und abwechslungsreich zusammenzustellen, ist schon eine Kunst für sich, es so furios und in allen Facetten ausgereift, vom Sound bis zu den Lichteffekten umzusetzen, ist ein Erlebnis - für die circa 750 Konzertbesucher ebenso wie für die Akteure, die damit einen fulminanten Schlussakkord unter die Bigband-Ära der Neujahrskonzerte gesetzt haben. Hoffentlich nicht für immer.