Neuburg
Neue Wege gehen

Im Fürstlichen Marstall werden zukunftsträchtige Gedanken zur Mobilität vorgestellt

20.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:58 Uhr

Bei der „Wave“-Parade wurde es vorgemacht, Elektroautos fuhren durch Neuburg. Die Stadt will ihren Ausstoß an Treibhausgasen verringern, daran erinnerte Oberbürgermeister Bernhard Gmehling bei der Fachtagung „Mobilität und Stadtplanung“. Arch - foto: Schanz

Neuburg (DK) Stau und Verkehrschaos nerven alle Autofahrer, doch die wenigsten Menschen verzichten auf ihr eigenes Fahrzeug. Eine Tagung zum Thema Mobilität zeigte Alternativen auf.

Mit dem Auto oder dem Zug zur Arbeit, dort den ganzen Tag sitzen oder stehen, am Abend mit dem Auto oder dem Zug wieder nach Hause und sich dann an den Esstisch und auf die Couch setzen. So dürfte der Alltag vieler Menschen überspitzt aussehen – doch wie viel Zeit bleibt da noch für Bewegung übrig? Es sind, das hat eine Studie ergeben, gerade einmal 800 Meter, die der durchschnittliche Deutsche am Tag läuft – viel zu wenig.

Diese und andere spannende Aspekte rund um das Thema „Mobilität“ wurden bei der jährlichen Fachtagung der Stadt Neuburg deutlich. „Mobilität und Stadtplanung“ standen dieses Jahr im Vordergrund. Es sollten Wege aufgezeigt werden, wie man auf kommunaler Ebene eine autofreie Gesellschaft attraktiver machen kann.

Hierzu versammelten sich gestern Nachmittag gut 70 Zuhörer im Fürstlichen Marstall. Schwerpunkt der Tagung war die „Walkability“, also die Bewegungsfreundlichkeit der Stadt, wie die Veranstalter erklären. Sucht man im Netz nach einer treffenden Übersetzung, schlägt das Internet „Fußgängerfreundlichkeit“ vor. Doch Walkability bedeutet viel mehr, das machte Dr. Minh-Chau Tran, eine Expertin auf diesem Gebiet, deutlich. Auch soziale Aspekte, der Klima- und der demografische Wandel spielen mit hinein. Die Dozentin der Universität Duisburg-Essen erklärte: Je höher die Walkability in einer Stadt, desto mehr Menschen bewegen sich. „Das fördert den sozialen Zusammenhalt, kurbelt die lokale Wirtschaft an und reduziert die Lärmbelastung“, sagte Tran.

Zuvor hatte ihr Kollege Prof. Alexander Schmidt zum Thema „Mobilität im Alltag“ referiert. Neuburg befinde sich in einer Automobilregion, dort sei es schwierig, einfach mal auf dieses Verkehrsmittel zu verzichten. Eine Veränderung im Bereich der Mobilität könne aber nur gemeinsam mit der Automobilbranche funktionieren. Städte, so Schmidt weiter, stünden heute vor großen Herausforderungen: „Die Stadt von heute macht krank, das haben Studien gezeigt. Das Auto hat uns faul und vielleicht auch ein bisschen schwergewichtig gemacht.“ Es gebe einige Möglichkeiten, beim Thema Mobilität neue Impulse zu setzen. Dazu gehören zum Beispiel Elektroautos, der Fahrradverleih oder das Car-Sharing. Darunter versteht man die gemeinsame Nutzung eines Autos. Wichtig sei es außerdem, die Fahrradfreundlichkeit von Städten zu überprüfen. Nicht überall gibt es genügend Radwege und Abstellplätze.

Schmidt stellte in seinem Vortrag alternative Konzepte vor: In einem finnischen Landstrich ist die Benutzung der Busse an einem Tag in der Woche frei. Dies hat dazu geführt, dass die öffentlichen Verkehrsmittel auch an anderen Tagen deutlich häufiger genutzt werden. In ländlichen Regionen der Uckermark fahren die Menschen gemeinsam mit dem Bus zum Einkaufen, das ist unterhaltsamer und umweltfreundlicher. „Mut zu Experimenten“, fordert deshalb der Experte.

Neuburgs OB Bernhard Gmehling hatte die Veranstaltung eröffnet und die Bedeutung von Mobilität klar gemacht: „Das ist ein Thema, das alle Kommunalpolitiker interessieren muss. Wir sind dazu aufgefordert, in der Zukunft neue Wege zu gehen.“ Neuburg habe vor Jahren das ehrgeizige Ziel beschlossen, seine CO2-Emissionen bis 2020 um 30 Prozent zu verringern. Deshalb greift auch die Stadtverwaltung zunehmend auf Elektrofahrzeuge zurück.

Am heutigen Freitag findet ebenfalls im Marstall ab 9.30 Uhr das Energieforum der Region 10 statt. Die unterschiedlichen Vorträge stehen ganz im Zeichen der Energiewende.