Neuburg
Im Reich des Seeadlers

Die Schönheit des Auwaldes zeigt sich abseits des Weges nur Hartgesottenen

16.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Foto: Sebastian Schanz

Neuburg (DK) Menschlichen Eindringlingen gegenüber zeigt sich der Auwald abseits des Weges nicht gerade einladend. Mannshohe Brennnesseln schützen die inneren Refugien der Natur - ein Streifzug im Morgengrauen durch eine Wildnis, die irgendwann Nationalpark heißen könnte.

Es ist ein Auftritt, eines Königs würdig. Mit der aufgehenden Sonne erhebt sich der Seeadler über dem Bertoldsheimer Stausee in die Lüfte, und die großen und kleinen Vögel auf dem Wasser verkriechen sich ängstlich ins Schilf der Inseln. Mit langsamen Flügelschlägen schwingt er sich nach oben, fliegt über das wellenlose Wasser und dann immer höher und außer Sichtweite ins Licht.

Drinnen im Auwald ist es noch düster. Nur langsam dringen die Sonnenstrahlen ins Dickicht. Der künstliche Horst, den Naturschützer für den König der Lüfte angebracht haben, hängt verschmäht in einer Baumkrone. Noch hat das deutsche Wappentier die Hoffnungen auf eine Brut nicht erfüllt. Heimisch ist es hier trotzdem.

So wie der Eisvogel, der an guten Tagen wie ein leuchtend blauer Pfeil über die Friedberger Ach zischt. Diesmal fliegen hier nur Bienen - und Schnaken, die sich auf jede unbedeckte Körperstelle stürzen. Dichte Brennnesselfelder und algenbedeckte Tümpel, zugewachsene Rinnsale und stachelige Büsche schirmen das Allerheiligste des Auwaldes ab. Ihre Schutzzonen hat sich die Natur selbst eingerichtet.

Weiter in Richtung Marxheim zeugen weiße Baumskelette vom Eschensterben. Moose und Pilze verarbeiten das tote Holz. Flussabwärts in den Burgheimer Auen ist selbst der Waldweg zugewachsen - und verliert sich dann im hohen Gras einer Lichtung. Links und rechts Dickicht. Keine Machete griffbereit - kein Weiterkommen. Neben einem Flusslauf ist Treibgut zu erkennen, wo die Flut Grasbüschel und Äste herangespült hat. Ein Biber hat seine Bissspuren in den Baumen hinterlassen. Dünnere Stämme liegen gefällt in der Friedberger Ach. Zwischen Bittenbrunn und Oberhausen hat das Indische Springkraut die Flora erobert, fasziniert mit seinen pinken Blüten die Laien und ärgert die Naturschützer - über den Blauen Eisenhut freuen sich hingegen beide, auch wenn er giftig ist. Rund um Neuburg ist der Auwald als Erholungsraum auf beliebten Wegen zu erkunden - ohne Verbrennungen: In Richtung Weichering führen sogar Aueninfopfade durch die Natur. Sie könnten den touristischen Kern eines Nationalparks bilden - die tierischen und pflanzlichen Bewohner des Auwaldkerns bleiben dagegen lieber unter sich.