Neuburg
Mit Fußball zurück in die Gesellschaft

Wettkampf um den Sepp-Herberger-Pokal in der JVA Neuburg-Herrenwörth

26.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:53 Uhr

Motivation für die Gefangenen: Wolfgang Dremmler (zweiter von links) erzählte den Teilnehmern des Fußballturniers - allesamt jugendliche Straftäter - von seinem eigenen Lebensweg, der auch nicht einfach gewesen sei. - Foto: Reißner

Neuburg (DK) Um den Pokal der DFB-Stiftung Sepp Herberger spielten am Samstag neun Fußballmannschaften jugendlicher Häftlinge aus Jugendstrafanstalten aus ganz Deutschland in Herrenwörth. Das Turnier ist Teil des Resozialisierungsprogramms "Anstoß für ein neues Leben".

Auch Wolfgang Dremmler, ehemaliger Nationalspieler und Spieler des FC Bayern München, sowie Tobias Wrzesinski, stellvertretender Geschäftsführer des DFB, waren zu Gast in der Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth.

"Fußball ist nur eine wahre Liebe", erklärte Wolfgang Dremmler auf die Frage, wie viele Fußballspieler es schaffen, ein Profi zu werden: Im Schnitt sind es nur zwei Spieler pro Jahr. Nach den ersten vier Stunden Spielzeit fand eine Talkrunde statt, bei der der ehemalige FC-Bayern-Spieler Wolfgang Dremmler, Ministerialrat Carsten Haferbeck vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz sowie Astrid Kutz von der Bundesagentur für Arbeit in Ingolstadt den jugendlichen Inhaftierten Mut für ihre Zukunft machten.

Es würde händeringend nach Arbeitskräften gesucht, vor allem im handwerklichen Bereich, meinte Kutz. Außerdem betonte sie, dass es in der Gesellschaft mehr Vertrauen geben müsse und die Arbeitgeber offen für die Auszubildenden sein sollten. Haferbeck wies darauf hin, dass die Gefangenen der JVA Neuburg-Herrenwörth die Möglichkeit hätten, einen Schiedsrichterlehrgang zu absolvieren.

Wolfgang Dremmler erzählte seine eigene Geschichte: Dass er es trotz frühem Schicksalsschlag so weit gebracht habe. "Ich habe gesehen, dass es geht", meinte er und forderte die inhaftierten Jugendlichen dazu auf, ihre Chancen und Möglichkeiten nach der Inhaftierung zu nutzen. Wolfgang Dremmler ist von Anfang an bei der Initiative der Sepp-Herberger-Stiftung "Anstoß für ein neues Leben" dabei. Das Ziel ist, die jugendlichen Häftlinge auf ihre Zeit nach der Haft vorzubereiten und damit einen Beitrag zur Resozialisierung zu leisten. "Resozialisieren kann ich nicht", sagte Dremmler. Doch das Wichtige sei, den Jugendlichen zu zeigen, dass sie "nicht die verlorenen Kinder der Gesellschaft" seien und ihnen zu zeigen, "dass man einfach nur da ist". In seinem Ruhestand wolle er auch wieder mehr bei der Tafel aktiv werden, erzählt Dremmler.

Im Anschluss an die Talkrunde übernahmen der deutsche Rapper Danny Fresh und der Projektmanager der Klangstiftung Karsten John das Wort. Ihr Projekt "Teamsong" wird von der Sepp-Herberger-Stifung und der Klangstiftung in Haftanstalten der Initiative "Anstoß für ein neues Leben" ausgerichtet. In mehreren Anstalten hat Danny Fresh bereits Songs mit den Jugendlichen produziert. Seit Februar diesen Jahres war er bereits in sieben Haftanstalten. Hier wird bei null angefangen: Der Beat wird gebastelt, ein Text geschrieben und schließlich der Song aufgenommen, erzählt Danny. Die Idee dafür sei ursprünglich als Projekt seines Masterstudiums entstanden. Der Rap-Song der Justizvollzugsanstalt in Schifferstadt mit dem Titel "Ein Mann" schien bei den anwesenden Häftlingen verschiedener Bundesländer ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu bewirken. Zeilen wie "Wir sind wie ein Mann, Du kriegst uns nicht klein" kamen bei den Gefangenen gut an.

Danach folgten die letzten entscheidenden Spiele um den Sepp-Herberger-Pokal. Trotz der hohen Temperaturen waren der Ehrgeiz und der Teamgeist bei den Spielern aus den Jugendstrafanstalten acht verschiedener Bundesländer nicht zu übersehen. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Neuburg-Herrenwörth, Ernst Meier-Lämmermann, betonte, dieses Projekt sei eine gute Möglichkeit, den Jugendlichen Fairness und Teamfähigkeit näher zu bringen. Außerdem gäbe es in fast jedem Ort einen Fußballverein, so dass die Häftlinge nach ihrer Zeit im Gefängnis durch den Fußball eine gute Möglichkeit haben, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten, wenn sie sich für diesen Sport begeistern.

Letztendlich erreichten die Insassen der Jugendstrafanstalt Berlin den ersten Platz und gewannen damit den Sepp-Herberger-Pokal. Der Gastgeber, die Spieler der Mannschaft der JVA Neuburg-Herrenwörth, belegten einen guten fünften Platz.