Neuburg
Einst fremd, heute unzertrennlich

Beim ersten ökumenischen Erzählcafé steht die Annäherung von Protestanten und Katholiken im Mittelpunkt Neuer Veranstaltungsort

17.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:28 Uhr

Gut befreundet: Der evangelische Pfarrer Steffen Schiller (l.) und sein katholischer Kollege Herbert Kohler. - Foto: Janda

Neuburg (sja) Es soll um die einstmals schwierige Annäherung zwischen Protestanten und Katholiken gehen, um Unterschiede und um Gemeinsamkeiten - und um Lebensentscheidungen, die letztlich doch zum heutigen Miteinander der beiden Konfessionen geführt haben. Beim ersten Neuburger Erzählcafé dürften am kommenden Donnerstag all diese Dinge zur Sprache kommen.

Die Moderation übernehmen die beiden Pfarrer Steffen Schiller und Herbert Kohler, die selbst privat befreundet sind. Für die Organisation des ökumenischen Treffens sind die evangelische Kirchengemeinde Christuskirche und die katholische Pfarreiengemeinschaft St. Peter und Heilig Geist gemeinsam zuständig.

Die Veranstaltung ist Teil des Programms, das anlässlich des Reformationsjubiläums in Neuburg stattfindet. Und sie ist auf gewisse Weise ein Sprung ins kalte Wasser, wie die beiden Seelsorger im Gespräch mit unserer Zeitung betonen. Denn ein derartiges Beisammensein, bei der die Geschichten und Anekdoten der Neuburger im Mittelpunkt stehen sollen, hat es bislang noch nicht gegeben. "Wir wollen, dass sich die Leute gegenseitig erzählen, wie sie die andere Konfession kennengelernt haben", beschreibt Steffen Schiller das Konzept. Dabei stützen sich er und sein katholischer Amtskollege auf viele Gespräche mit Gläubigen, bei denen diese von ihren mal heiteren, mal ernsteren und mitunter auch tragischen Schicksalen berichtet haben. Dass Schiller selbst etwas beitragen kann, liegt für den Sohn eines Katholiken und einer Protestantin auf der Hand.

Der Großteil der Beiträge dürfte wohl aus der Zeit der Annäherung beider Konfessionen nach dem Zweiten Weltkrieg kommen. "Durch die Flüchtlingsströme kamen damals plötzlich Protestanten in vorwiegend katholische Gebiete und andersrum auch, das hat auch zu Ausgrenzungen geführt", weiß Kohler. Ein Alltag ohne eigene Kirchengemeinde, Schule ohne eigenen Religionsunterricht oder die Fremdartigkeit des kulturellen Lebens sind nur drei der Probleme, mit denen die Menschen in der damaligen Zeit zu kämpfen hatten. "Was für viele Leute aber das Schlimmste war: Plötzlich gab es auch gemischtkonfessionelle Ehen", so der katholische Geistliche, der sich noch gut an ein Paar erinnern kann, das im Vorjahr diamantene Hochzeit gefeiert hat. "Da ist er als Protestant in der katholischen Familie der Frau als Lutherzipfel beschimpft worden", berichtet Kohler. Doch auch diese Geschichte habe ein glückliches Ende gefunden, "die Liebe hat sich durchgesetzt."

Beide Seelsorger wissen auch um die Schwierigkeiten, mit denen einige ihrer Vorgänger zu tun hatten. Sowohl Josef Magnus Moser auf katholischer Seite als auch Johannes Zwanzger bei den Protestanten hatten sich in der Nachkriegszeit für eine Annäherung der Konfessionen eingesetzt. "Sie waren sehr weitsichtig, da gibt es sehr schöne Geschichten aus Neuburg", erklärt Kohler.

Der Stadtpfarrer hofft ebenso wie sein evangelischer Kollege am kommenden Donnerstag auf zahlreiche Besucher. Und vor allem darauf, dass diese ihre Geschichten auch erzählen wollen. Beide Seelsorger werden das Erzählcafé moderieren, die Beiträge selbst müssen natürlich von den Menschen kommen. "Ich bin mir sicher, dass es viele bewegende Erzählungen gibt", ist sich Kohler sicher. Wer weiß: "Wenn das Ganze erst mal in Gang kommt, ist es vielleicht schwer, ein Ende zu finden."

Los geht die Veranstaltung um 14 Uhr. Allerdings hat sich kurzfristig der Ort geändert: Nachdem das Café Huber bereits umgebaut wird, weichen die Organisatoren in die Rennbahn aus.