Neuburg
Auftakt des Lutherjahres in der Schlosskapelle

Neuburg: Christus- und Apostelkirche feiern gemeinsamen Gottesdienst im sanierten Kirchenraum Übertragung in Große Dürnitz

06.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:05 Uhr

Neuburg (DK) 499 Jahre ist es her, dass Martin Luther das Christentum nachhaltig verändert hat. Ein Jahr lang feiern nun Protestanten das Jubiläum der Reformation. In Neuburg machte den Auftakt ein ganz besonderer Gottesdienst - der erste in der wunderschön sanierten Schlosskapelle.

Kunsthistorisch und kirchengeschichtlich von besonderem Rang - so kann man die Neuburger Schlosskapelle zweifelsohne definieren. Nur, Pfalzgraf Ottheinrich hätte sie ruhig etwas geräumiger bauen können, denn heute zählen die beiden evangelischen Gemeinden Neuburgs, die Christus- und die Apostelkirche, weitaus mehr Gläubige, als beim gestrigen Gottesdienst Platz fanden. Zahlreich waren sie nämlich zum Premieren-Gottesdienst gekommen, um gemeinsam mit Regionalbischof Hans-Martin Weiß und den Pfarrern Steffen Schiller, Jürgen de Fallois, Anne Stempel-de Fallois und Jürgen Bogenreuther den festlichen Reformationsgottesdienst zu feiern. Zu den 150 Gläubigen, die in der Schlosskapelle sitzend und stehend Platz gefunden hatten, kamen weitere 120, für die der Gottesdienst auf eine große Leinwand in die Große Dürnitz übertragen wurde. Der Posaunenchor unter der Leitung von Bernd Kordetzky und Gabriella Lay an der Orgel untermalten den Reformationsgottesdienst musikalisch.

Bischof Hans-Martin Weiß hielt die Predigt. Er erinnerte daran, wie er 1985 zum ersten Mal die Schlosskapelle besucht hat. "Seither werde ich nicht müde, dieses Gotteshaus als die älteste lutherische Kirche weltweit bekanntzumachen", sagte er. Zwar sei auch das sächsische Torgau der Meinung, ihre Kapelle sei die älteste - noch dazu sei sie von Martin Luther selbst eingeweiht worden. "Sei dem, wie es ist, geschichtliche Superlative und Exklusivbenennungen aus dem Tourismusmarketing sind ganz und gar nicht das, was unsere erste und wichtigste Beziehung zu diesen Gotteshäusern ausmacht", predigte der Bischof. Es sei nämlich der Glaube, der in ihnen ausgesprochen, und der Trost, der in ihnen weitergegeben werde, der diesen Orten Innigkeit verleihe und dankbar mache, dass solche sprechenden Räume auch durch verschiedene Wirrnisse der Geschichte hindurch erhalten geblieben seien.

Im Anschluss an den Gottesdienst luden beide Pfarreien zu einem kleinen Empfang in die Dürnitz ein, wo Ehrenamtliche Kartoffelsuppe und Brot anboten. Besonders kluge und nachdenklich stimmende Worte sprach Bundestagsabgeordneter Reinhard Brandl. Er erinnerte daran, dass früher das ganze Volk den Glauben des jeweiligen Herrschers angenommen habe. "Das hat sich über die Zeit hinweg aufgeweicht, aber bis vor 50 Jahren gehörten in Westdeutschland noch fast 100 Prozent einer der beiden großen Kirchen an. Heute sind es nur noch 56 Prozent. Tendenz fallend." Die Herausforderung, so Brandl weiter, sei deshalb nicht, welche Kirche nun die richtige sei, sondern wie man gemeinsam den Glauben und das damit verbundene Menschenbild wieder stärker in der Gesellschaft verankern könne. Der CSU-Politiker ging auch auf aktuelle Entwicklungen ein. "Ich glaube, dass gerade in einer Zeit, in der viele Menschen aus fremden Ländern zu uns kommen, von denen wir erwarten, dass sie unsere Werte und Regeln akzeptieren, wir Christen eine besondere Verantwortung haben, ihnen diese auch zu vermitteln. Dazu müssen wir sie aber selber kennen." Das Lutherjahr stelle deshalb eine besondere Chance dar.