Neuburg
Klassik hinter Gittern

Yehudi-Menuhin-Stiftung spielt Konzert mit Werken von Piazzolla und Granados im Jugendgefängnis

28.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Ungewöhnlicher Auftritt: Vor Inhaftierten der JVA spielten die Musiker der Yehudi-Menuhin-Stiftung. - Foto: Everts/JVA

Neuburg (DK) "Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude": Die Yehudi-Menuhin-Stiftung vermittelt diese Grundüberzeugung Lord Menuhins und verbindet sie mit der Förderung junger Künstler, die am Beginn ihrer Karriere stehen. Musik soll vor allem den Menschen zugutekommen, die aufgrund ihrer Lebensumstände nicht in Konzerte gehen können.

Etwa im Gefängnis.

"Obwohl klassische Konzerte weniger Zuhörer anziehen als Rockkonzerte, war der erste Kammermusikabend in der 25-jährigen Geschichte der Neuburger Jugendanstalt von ganz besonderer Stimmung und ein voller Erfolg", schreibt Simone Everts, die Studienrätin der JVA, in einer Pressemitteilung.

In der kleinen Anstaltskirche traten der junge Münchner Gitarrist Adrian Ingerl und die ebenso junge türkischstämmige Cellistin Deniz Ayse Birdal vor rund 40 jugendlichen Inhaftierten auf. Auf dem Programm standen Werke von Astor Piazzolla, Joaquin Nin, Alfredo Piatti, Enrique Granados, Friedrich Burgmüller, Isaac Albeniz und Villa Lobos. "Durch Auftritte von Bands, Theatergruppen, Zauberern und so weiter möchten wir den jungen inhaftierten Männern ein kleines kulturelles Angebot bieten. Wir suchen selbst nach attraktiven Möglichkeiten und wählen aus externen Anfragen aus. In Absprache mit der Anstaltsleitung stellen wir zum Jahresbeginn drei bis vier unterschiedliche Veranstaltungen zu einem Jahresplan zusammen", so die Organisatoren.

Natürlich muss ein solches Konzert anders vorbereitet werden, da Auftritte in deutschen Gefängnissen in einem gesicherten und geordneten Rahmen vonstattengehen müssen. Beamte bewachen an den Wänden die bestuhlte Veranstaltung und auch die Künstler müssen sich gründlichen Sicherheitschecks unterziehen. "Schwer vorstellbar, dass unter solchen Bedingungen Stimmung aufkommt", so die Veranstalter. "Die Insassen waren aber nur kurz schüchtern, es dauerte nicht lange, bis sie sich an die neuen Töne gewöhnt hatten und am Ende des Konzerts verlangten sie sogar nach Zugaben und stellten interessiert Fragen. Das Konzert war eine tolle und gelungene Abwechslung zum gewöhnlichen Gefängnisalltag."

Die jungen talentierten Künstler im fast gleichen Alter wie die Insassen waren ebenso begeistert von der guten Stimmung und den interessierten Jugendlichen, dass es auch für sie eine prägende Erfahrung war, vor einem etwas anderen Publikum zu spielen.