Neuburg
"Im Raum steht räuberische Erpressung"

Einfache Körperverletzung oder filmreife Falle? Verhandlung gegen zwei Schläger und ihre Komplizin wird fortgesetzt

25.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

Neuburg (DK) Räuberische Erpressung und Körperverletzung wird zwei Burschen aus Neuburg und Ingolstadt vorgeworfen. Doch der Fall wirft weiter Fragen auf: Waren es nur ein paar Schläge? Oder wurde gequält und Geld gestohlen? Der Prozess vor dem Jugendschöffengericht geht in eine dritte Runde.

Den beiden 23- und 24-jährigen Männern - beide vor Gericht keine Unbekannten - drohen Gefängnisstrafen. Staatsanwältin Carola Sciurba wirft ihnen vor, am 9. September um 20 Uhr in einer Neuburger Wohnung einen 21-Jährigen aus dem westlichen Landkreis Neuburg-Schrobenhausen mehr als zwei Stunden lang gepeinigt und geschlagen zu haben - und ihn nebenbei auch noch gezwungen zu haben, ihnen sein Geld zu geben (wir berichteten).

Der Kontrahent hatte laut dieser Version der Geschichte die Schwester eines der Aggressoren auf Facebook kontaktiert - der Bruder hatte was dagegen und lockte ihn mit Hilfe einer Komplizin in eine Falle. Sie lud ihn zu sich in die Wohnung ein. Und als er aufkreuzte, standen plötzlich die zwei Raufbolde im Zimmer, die ihn erst zwangen, sich bis auf die Unterhose auszuziehen, seine Socken vom Balkon zu werfen und ihn dann einem peinlichen Verhör unterzogen und bei missliebigen Antworten an Ort und Stelle mit Backpfeifen bestraften. "Ich musste ihre Schuhe küssen, und wenn ich mit dem Kopf heruntergegangen bin, haben sie mich getreten", erzählte das Opfer. Zwischendurch musste er ihnen Drinks mischen.

Die gestrige Aussage des polizeibekannten Opfers brachte einen neuen Dreh in die Verhandlung, denn was er den beiden Jugendschöffen und dem Vorsitzenden Richter Gerhard Ebner schilderte, wirkte zwar abstrus und paradox, wie aus einem schlechten Mafia-Streifen, doch einen besonderen Belastungseifer zeigte der Schüler nicht. Und sein blaues Auge und die Prellung der rechten Gesichtshälfte sind immerhin ärztlich bestätigt.

Die beiden Angeklagten leugneten die Schläge gar nicht, hatten am ersten Verhandlungstag aber eine komplett andere Geschichte erzählt. Er habe seine Freundin - die mutmaßliche Komplizin - inflagranti mit dem späteren Opfer erwischt und nicht lange gefackelt, sagte ein Angeklagter aus. Sein Kumpel habe eher schlichtend eingegriffen. Die Auszubildende aber hatte zugegeben, als Komplizin die Falle gestellt zu haben, dann sei die ganze Geschichte eskaliert.

"Sie waren die ganze Zeit in Boxershorts und mussten zwischendurch auch noch Drinks mischen", fragte Verteidigerin Petra Schleer-Leitmayr ungläubig nach. "Ich konnte ja nichts machen. Ich dachte schon darüber nach, aus dem Fenster zu springen, aber das war im fünften Stock", sagte der Angeklagte im Laufe der Verhandlung.

Knackpunkt sind nicht die Schläge. "Hinsichtlich des Geldbetrages steht räuberische Erpressung immer noch im Raum", machte Jugendrichter Ebner klar. Das würde das Strafmaß deutlich nach oben treiben. Um den Fall weiter auszuleuchten, wird beim nächsten Mal deshalb eine weitere Zeugin gehört werden - sie hatte das Opfer vorher zur Wohnung gefahren.