Neuburg
Im Kampf gegen die Kinderlähmung

Heute ist Welt-Polio-Tag Noch drei Länder sind vom Virus betroffen Keine große Gefahr durch Flüchtlinge

27.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:08 Uhr

Schluckimpfungsaktion in Indien: Der Rotary Club und die WHO haben sich als Ziel gesetzt, dass die Welt bis 2018 komplett poliofrei ist. Noch taucht der Virus in Afghanistan, Pakistan und Nigeria auf. "Bei der Schluckimpfung werden Lebendviren eingesetzt, das hilft, schneller eine sogenannte Herdenimmunität herzustellen", erklärt Johannes Donhauser vom Gesundheitsamt. - Foto: Jean-Marc Giboux/Rotary

Neuburg (DK) In Deutschland ist die Kinderlähmung ausgerottet - aber nicht überall ist der Kampf gegen die Infektionskrankheit zu Ende gefochten. Daran erinnert der heutige Welt-Polio-Tag. In Neuburg sieht das Gesundheitsamt keine Gefahr durch ankommende Flüchtlinge.

Bleibende Lähmungserscheinungen zumeist in der Oberschenkelmuskulatur - das ist eines der häufigsten Symptome von Polio. Die Erkrankung kann sogar zum Tod durch Ausfallen der Atemmuskulatur führen. Dabei befallen Viren die muskelsteuernden Nervenzellen des Rückenmarks. Betroffen sind überwiegend Kinder im Alter zwischen drei und acht Jahren. In Deutschland gilt Polio dank konsequenter Impfung als ausgerottet. "Polio gehört nach wie vor zu den Standardimpfungen", erklärt Johannes Donhauser vom Gesundheitsamt. "Wir registrieren auf diesem Gebiet keine Impfmüdigkeit." Anders sehe es bei Masern, Mumps, Röteln und Windpocken aus. "Da sind die Leute etwas zurückhaltender geworden."

Polio wird im Säuglingsalter zusammen mit Tetanus und Diphterie geimpft - und meistens auch mit Hepatitis B. "Da haben wir im südlichen Landkreis aber gewissen Praxen, die meinen, dass man gegen Hepatitis B erst im Jugendalter impfen sollte, wenn erste sexuelle Kontakte anstehen", erklärt der Amtsarzt. Das Gesundheitsamt jedoch empfiehlt die Sechsfach-Kombinationsimpfung, mit der die kleinen Patienten zusätzlich noch gegen Keuchhusten immunisiert werden (siehe Kasten).

Doch nicht überall auf der Welt sieht es so rosig aus wie in Deutschland. Daran erinnert der Welt-Polio-Tag. Er wurde im Jahr 1998 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen und wirbt für die Bekämpfung der Kinderlähmung. Der Tag ist in Erinnerung an den Geburtstag von Jonas E. Salk gewählt, der den ersten Impfstoff zusammen mit Albert B. Sabin 1955 in den USA entwickelte. "Gegen die Virusinfektion gibt es keine wirksame medikamentöse Behandlung, sondern nur den Impfschutz vor einer Ansteckung", erklärt Ivo Henrichs, der ehemalige Leiter der Neuburger Kinderklinik. "Auch an der Neuburger Kinderklinik wurden Beatmungsgeräte, sogenannte ,eiserne Lungen' eingesetzt, um die Folgen der Erkrankung zu behandeln." Henrichs engagiert sich beim Neuburger Rotary-Club. Rotary International hat 1979 erfolgreich ein großangelegtes Impfprogramm an 6,3 Millionen philippinischen Kindern durchgeführt. Später hat sich die Organisation mit der WHO, Unicef und der Melinda-und-Bill-Gates-Stiftung mit dem Ziel zusammengetan, alle Kinder der Welt zu impfen und die Polio komplett auszurotten. "Seit 1988 konnte die Zahl der jährlichen Infektionen von 350 000 Menschen in 125 Ländern auf nur noch drei Länder - Nigeria, Afghanistan und Pakistan - mit 26 Neuerkrankungen im laufenden Jahr 2016 gesenkt werden", erklärt Henrichs. "Der dauerhaften Ausrottung des Poliovirus ist man näher als je zuvor gekommen."

Aus den drei genannten Ländern, in denen die Krankheit noch wütet, flüchten jedoch zahllose Menschen vor Krieg und Not nach Europa. Die Gefahr, dass ein Asylbewerber den Polio-Virus nach Deutschland einschleppt, schätzt Johannes Donhauser jedoch als gering ein. "In Zeiten der Mobilität der Weltbevölkerung kann immer etwas eingeschleppt werden", sagt der Amtsarzt. "Polio macht uns aber nicht besonders große Sorgen." Im Jahr 2013, als in Syrien ein Polio-Ausbruch stattfand, wurden alle in Neuburg ankommenden Flüchtlinge auf die Krankheit hin untersucht. "Die Stuhluntersuchung war damals verpflichtend", berichtet Donhauser. Die Krankheit habe man in Syrien jedoch durch eine Schluckimpfungs-Aktion wieder in den Griff bekommen können. "Seitdem werden Flüchtlinge nicht mehr auf Polio untersucht. Würden wir Auffälligkeiten beobachten, würden wir aber aktiv werden."

Derweil strebt die WHO als strategisches Ziel, die Welt poliofrei zu bekommen, das Jahr 2018 an. "Zwar kostet eine Polio-Impfung nur 50 Cent, doch ist nach WHO-Berechnungen momentan mit einer Finanzierungslücke von mehreren Millionen US-Dollar auszugehen, um einen ausreichenden Durchimpfungsgrad der Bevölkerung zu erreichen", erklärt Ivo Henrichs. "Alle eingegangenen Spenden werden von der Gates-Stiftung verdreifacht."

Wer den Kampf gegen Polio unterstützen möchte, kann auf folgendes Konto spenden: Rotary Deutschland Gemeindienst e.V., Deutsche Bank aG, Düsseldorf, Kontonummer 0940 940. BLZ 300 700 10, IBAN DE56300700100094094000, BIC DEUTDEDD, Verwendungszweck: Polio.