Neuburg
Fürstenmacht wird zu musealem Pilotprojekt

Der Chatbot "Credo" soll die Besucher im Sommer auf Smartphones durch die Neuburger Sonderausstellung begleiten

21.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:05 Uhr

Foto: Stefan Janda

Neuburg (DK) Die Sonderausstellung "Fürstenmacht und wahrer Glaube" in Neuburg wird zum Pilotprojekt für Museen in ganz Bayern. Erstmals begleitet dabei ein sogenannter Chatbot die Besucher und beantwortet ihre Fragen. Gleichzeitig soll die Smartphone-App das junge Publikum ansprechen.

An spannenden Inhalten dürfte es der Schau rund um die Reformation unter Neuburgs Pfalzgraf Ottheinrich und die von seinem Nachfahren Wolfgang Wilhelm eingeläutete Gegenreformation kaum mangeln. Und doch wollen die Macher die Sonderausstellung, die in knapp zwei Monaten in Schloss, Fürstengang und Hofkirche zu sehen sein wird, noch spannender machen. Mit einem Chatbot. Hinter dem englischen Begriff verbirgt sich ein Dialogsystem für internetfähige Mobiltelefone. Im Klartext: Wer sich das Programm aus dem Netz herunterlädt und im Sommer die Ausstellung besucht, kann einem "Credo" genannten Charakter Fragen zu Exponaten und zur mitunter turbulenten Geschichte im einstigen Fürstentum Neuburg stellen.

"Der Chatbot ist unser i-Tüpfelchen, unser Sahnehäubchen", freute sich Kurator Michael Teichmann über das Angebot für die Besucher der ambitionierten Schau. Dieses bietet jedoch weitaus mehr als den simplen Wechsel zwischen Frage und Antwort, wie die Macher gestern bei der Vorstellung im Neuburger Stadtmuseum verrieten. Über das Programm wollen die Macher vor allem jüngere Menschen für die Schau und damit auch für Geschichte begeistern. Ähnlich wie bei anderen Handyspielen auch, sollen die Benutzer mit Hilfe von "Credo" mehrere Rätsel lösen. Der Charakter, der auf einer historischen Figur aus Neuburg basieren soll, ist in der Zeit gefangen und kann sich nur mit Unterstützung der Benutzer - also der Besucher - befreien. "Dabei ist Teamarbeit nötig", erklärte Susanna Wolf von der Universität Erlangen-Nürnberg, die das Projekt für die bayerische Sparkassenstiftung koordiniert. Diese unterstützt die Entwicklung finanziell - und zwar gerne, wie Vorstandsmitglied Ingo Krüger betonte. "Wie vermittle ich Kultur so, dass sie die Menschen interessiert", stellte Krüger die Gretchenfrage eines jeden Kurators in den Mittelpunkt der Überlegungen. Eine innovative Antwort darauf ist in seinen Augen der Chatbot - "eine völlig neue Methode der Wissensvermittlung".

Ganz ohne Menschen klappt es aber nach wie vor nicht, weder im Museum noch hinter den Kulissen. "Das Wissen des Bots ist begrenzt", erklärte Wolf Kunert von der verantwortlichen IT-Firma, "doch er wird besser". Dafür sorgen neben ihm und seinen Kollegen auch Schüler des Descartes-Gymnasiums, die das System vor dem Start der Ausstellung auf Herz und Nieren überprüfen werden. Auch die Neuburger Stadtführer fürchten sich vor der virtuellen Konkurrenz nicht. "Ich sehe das als Ergänzung und Bereicherung", versicherte Margit Vonhof-Habermayr. Ihre Kollegin Gabriele Kaps erinnerte an den Trend anderer Handyspiele und forderte "Mut, das für unsere Zwecke einzusetzen".

Bis das Programm erhältlich sein wird, dürften noch ein paar Wochen vergehen. Dann soll es Neuburg aber dauerhaft erhalten bleiben, wie die Verantwortlichen versicherten. Mit vielen, vielen Möglichkeiten. "Eine hochinteressante Geschichte für uns", freute sich auch Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Der CSU-Politiker sprach zugleich aus, was sich viele dachten: "Wenn die Leute das daheim nutzen können, bringt es uns nicht viel." An dieses Problem haben die Macher auch gedacht, wie sie versicherten. "Ein paar Fragen funktionieren auf jeden Fall, doch am Ende führt einen der Bot in die Ausstellung", so Kunert. Denn nur dort lassen sich die nötigen Antworten finden, um mit "Credo" eine Zeittafel zu entschlüsseln und die Hauptfigur des Programms schließlich in seine - oder ihre - eigene Zeit zurückzuschicken.