Neuburg
Führungswechsel beim Historischen Verein

Roland Thiele übergibt an Michael Henker - OB Gmehling verabschiedet seinen "persönlichen Geschichtslehrer"

21.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr
Die Führungsriege des Historischen Vereins: (v.l.) Michael Teichmann, Gerhard Walter, Vorsitzender Michael Henker, Rita Simon, Margit Vonhof-Habermayr, Hans-Bernd Schmidbaur und der bisherige Vorsitzende Roland Thiele. −Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Von einem Generationswechsel lässt sich wohl nicht sprechen. Nach 18 Jahren als Vorsitzender und 46 Jahre als Ausschussmitglied verabschiedet sich Roland Thiele (75) aus dem Vorstand des Historischen Vereins Neuburg. Neuer Vorsitzender ist der Münchner Historiker Michael Henker.

Der 69-jährige frühere Leiter der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen arbeitet bereits seit 2003 im Ausschuss mit. Kein einziges Wort war vor der Wahl vom designierten Vorsitzenden zu hören, lediglich Thiele hatte mehrfach Henkers Verdienste für die nichtstaatlichen Museen betont und nahm dann Wahlleiter Walter Friemel noch die Arbeit ab, die Mitglieder zu fragen, ob sie auf geheime Wahl verzichten und per Akklamation wählen wollten. Nach der Wahl übernahm Henker die Sitzungsleitung, zu seinen Plänen mit dem Verein sagte er nahezu nichts. Er sei sich bewusst, dass es sich um einen altehrwürdigen Verein handele und kündigte an: "Sie werden im Laufe der nächsten drei Jahre von uns hören".

"Eine Ära endet heute in der Geschichte des Vereins", verabschiedete OB Bernhard Gmehling Thiele, "meinen persönlichen Geschichtslehrer", und fasste dessen viereinhalb Dekaden kurz zusammen - "eine Leistung, vor der ich nur den Hut ziehen kann". Die Entscheidung sich zurückzuziehen, verstehe er, sie sei richtig, dennoch er freue sich, dass Thiele als Berater erhalten bleibe. Der dankte seiner Frau Uschi für die langjährige Führung des Wirtschaftsbetriebs mit einem Blumenstrauß.

Offenbar hatten die Organisatoren trotz der Neuwahlen nur mit wenigen Leuten gerechnet. Tatsächlich waren nur 52 der 739 Mitglieder anwesend, doch der kleine Nebenraum einer Gaststätte in der Altstadt, den sie als Versammlungsort ausgewählt hatten, platzte aus allen Nähten. Zunächst hatte Thiele die wichtigsten Ereignisse seit seinem Amtsantritt im April 2000 Revue passieren lassen, dann ging er auf die Ausstellung "Fürstenmacht und wahrer Glaube" ein, "die uns alles abverlangt hat".

Thiele erklärte Motivation, Organisationsstruktur sowie den Katalog und stellte klar, die Ausstellung sei "nicht aus Ehrgeiz gemacht worden", sondern um zu zeigen, dass das Stadtmuseum ebenso wichtig sei wie das Schlossmuseum. Es gehe nicht an, dass beide gegeneinander ausgespielt würden, wie es aus seiner Sicht im vergangenen Jahr passiert sei. "Außerhalb genießt unser Verein höchstes Ansehen", betonte er. Was er mit "Ausspielen" gemeint hatte, versuchte Museumsleiter Michael Teichmann anschließend auszuführen. Sein Bericht bestand aus Zeitungszitaten und eigenen Kommentaren dazu.

Zu dem Zeitpunkt hatten sich die Reihen der Zuhörer allerdings bereits stark gelichtet. "Mir tut es leid, dass Barbara Höglmeier nicht uns gegenüber Kritik geübt hat, sondern ausschließlich nur in der Zeitung", kartete Teichmann einmal mehr nach. "Die Probleme im Stadtmuseum waren nicht vorhersehbar, da hätten wir hellseherische Fähigkeiten haben müssen", meinte er. Der Mitarbeiter, der gekündigt habe, habe, das wisse er zufällig "eine bessere Stelle angeboten bekommen". Die Winterpause des Stadtmuseums soll am 17. März enden. Für den Tag kündigte Teichmann die im Dezember schon einmal angesetzte Podiumsdiskussion "Quo vadis Weveldhaus?" an. Einladen will er die Journalistin, deren Artikel er zuvor kritisiert hatte, seine Vorgängerin Barbara Höglmeier, "damit sie uns ihre Kritik direkt sagen kann", und Roland Thiele.

Den Jahresrückblick legte Gerhard Walter vor. Der Verein hat 739 Mitglieder, somit 16 mehr als im Vorjahr. Den Löwenanteil, nämlich 691 der insgesamt 1000 Ausstellungskataloge hatte Uschi Thieles Team mit Rita Simon, Gabi Bröm, Rosemarie Brosi, Luise Geller und Inge Golbon verkauft. 247 Exemplare mussten kostenlos abgegeben werden, 60 sind noch vorhanden, so dass Walter "kein Verlustgeschäft" prognostizierte. Derzeit steht hier noch ein Minus von rund 1000 Euro. Probleme gab es durch Überstundenabbau, Krankheit, Kündigung und Urlaub der Hauptamtlichen im Stadtmuseum, das nur dank des großen ehrenamtlichen Einsatzes von Hans-Bernd Schmidbaur und Rita Simon über die Runden gekommen sei. Die Exkursion hatte Margit Vonhof-Habermayr ins Nationalmuseum nach München geführt.

Das Kollektaneenblatt wird heuer in kleinerem Umfang erscheinen, da Winfried Dier die Arbeit als Redaktionsleiter für ein Jahr niedergelegt hatte. Für März sei eine Abschiedsfeier für Thiele geplant, kündigte Walter an. Kassier Schmidbaur legte die mittlerweile geprüfte Jahresrechnung 2016 vor, für 2017 könne drei Wochen nach Jahresschluss nur gesagt werden, dass die Bilanz ungefähr wieder bei 78.000 Euro liegen werde, die Ausgaben bewegten sich im Rahmen der Vorjahre. Der Haushalt 2018 habe ein Volumen von rund 47.650 Euro einschließlich Wirtschaftsbereich.
 

Neuwahlen

Die Neuwahlen beim Historischen Verein brachten folgendes Ergebnis:

Vorsitzender: Michael Henker, zweiter Vorsitzender: Gerhard Walter, Schriftführer: Rita Simon; Kassier: Hans-Bernd Schmidbaur; Beisitzer: Roland Finkenzeller, Thomas Götz, Manfred Veit, Gabriele Kaps, Nils Ostermeier, Margit Vonhof-Habermayr, Markus Nadler.

Kraft Amtes ist Museumsleiter Michael Teichmann Ausschussmitglied. Ausgeschieden sind Ludwig Ried und Paul Segerer, die jedoch das Archiv weiterführen. Alt-OB Hans-Günter Huniar, der vor einem halben Jahr in den Ausschuss kooptiert worden war, wurde nicht erwähnt.
 

Thieles Blick zurück

"Das ist ein besonderer Tag für mich, zu dem ich mir viele Gedanken gemacht habe", schickte der langjährige Vorsitzende Roland Thiele seiner Präsentation voraus. Im April 2000 hatten sein Vorgänger Mathias Schieber und sein damaliger Vize Thiele die Ämter getauscht, eineinhalb Jahre später trat Schieber zurück und starb kurz darauf. Wichtigstes Projekt der damaligen Zeit war die Renovierung des Weveldhauses und Umbau zum heutigen Stadtmuseum. Geschäftsstelle und Depot des Vereins zogen in die Bahnhofsstraße, 2003 erfolgte der Umzug von Vereinsarchiv und Geschäftsstelle ins Loiblhaus.

Im April 2005 wurde das Stadtmuseum nach zehnjähriger Schließung wiedereröffnet, 2008 wurde das 175-jährige Vereinsjubiläum gefeiert, in Schloss und Stadtmuseum lief die Ausstellung "Umbrüche" gemeinsam mit dem Stadtarchiv, im Schloss fand der Festakt statt, im Herbst wurde die Gedenktafel für Heinrich Feyerlein enthüllt. 2009 wurde der zweite Abschnitt des Stadtmuseums fertiggestellt.

Insgesamt wurden ins Stadtmuseum 748.500 Euro, davon 180.100 Euro Eigenmittel und 143.300 Euro aus dem zweckgebundenen Nachlass von Feyerlein investiert. 2012 ging Museumsleiterin Barbara Höglmeier in Ruhestand, Nachfolger wurde Michael Teichmann. 2016 musste das Archäologie-Depot in der Lassigny-Kaserne geräumt werden, da das Gebäude für Asylbewerber gebraucht wurde.

Das Depot kam in Kellerräumen des Landratsamt-Rückgebäudes unter. Sammlung, Forschung und Pflege der Tradition des Fürstentums Pfalz-Neuburg seien die Aufgabe des Vereins, schloss Thiele seinen letzten Rechenschaftsbericht. "Jede Generation muss ihr kulturelles Erbe neu erschließen", betonte er. Was früher der Katalog war, seien heute moderne Medien. Ohne hauptamtliches Personal gehe es nun nicht mehr.