Neuburg
Pumuckl, Bruno und der Bergdoktor

Krapfen statt Aktenordner: Beim Fasching im Landratsamt geht es mit vielen Auftritten und Einlagen hoch her

24.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Foto: Stefan Janda

Neuburg (DK) Sie tanzen, sie lachen und sie nehmen sich selbst für ein paar Stunden lang nicht ganz so ernst. Wenn die Mitarbeiter im Landratsamt in Neuburg ihre Schreibtischstühle gegen Bierbänke im Sitzungssaal eintauschen, die Aktenordner in den Büros verstauben und Krapfen und Würschtl statt Paragrafen plötzlich am wichtigsten sind, dann dreht sich in der Behörde wieder alles um den Fasching.

Ein Termin, der - zumindest unter Fans der närrischen Zeit - längst Kultstatus erreicht hat.

Dass Landrat Roland Weigert an diesem Tag nicht in die Arbeit geht, hat ebenfalls schon ein bisschen den Charakter einer Tradition. "Er ist aus wichtigen Gründen verhindert", betont sein Stellvertreter Alois Rauscher, gekonnt kostümiert als Landrat. Und fügt frech hinzu: "Wenn ich da bin, rührt sich wenigstens was." Und doch ist der Chef im Sitzungssaal irgendwie allgegenwärtig. Fast so, als könnten seine Mitarbeiter nicht ohne ihn - was ja zumindest auf das Finale des bunten Faschingstreibens zutrifft.

Bei der humorvollen Einlage zeigt sich erneut, welch kabarettistisches Potenzial der FW-Politiker - gespielt von Kämmerer Norbert Hornauer - im Zusammenspiel mit seinem Abteilungsleiter Willi Riß - Hornauer in einer Doppelrolle - scheinbar immer wieder entwickelt. Die mitunter stoiberischen Versprecher des oft nur "Bruno" genannten Landrats, der aus dem juristischen Damendreigestirn der Kreisbehörde schon mal ein damisches Juristentrio macht, kommen dabei ebenso zur Sprache wie Weigerts innige Beziehung zu dem intern nur "Bergdoktor" genannten Neuburger Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Dass Abteilungschef Riß, auch als "Pumuckl" bekannt ("Wenn wichtige Entscheidungen anstehen, ist er plötzlich unsichtbar"), seiner Frau gerne mal übrig gebliebene Blumen von Veranstaltungen im Amt mit nach Hause bringt, lässt das Publikum aufjohlen. Oder dass die Befürworter von Tomatenpflanzungen auf dem Neuburger Friedhof ihre Kontakte zum städtischen Kulturamt genutzt haben sollen, um das Stück "Frau Müller muss weg" auf den Spielplan des Theaters zu bringen. Die angesprochene Elfriede Müller, Friedhofsreferentin und entschiedene Tomatengegnerin, lacht als Wetterhexe schallend mit. Und dann ist da noch das wohl etwas zwiespältige Verhältnis Weigerts zu seinem früheren Werkleiter Franz Josef Simon (gespielt von Peter Griebel), der den Landrat als Belzebub aus der Tonne heimsuchte - sozusagen als Dauer-Quälgeist des Kreischefs.

Doch nicht nur die manchmal etwas (zu) böse Einlage begeistert die Mitarbeiter beim Behördenfasching. Sämtliche Garden und Tanzgruppen aus dem Kreisgebiet zeigen Einlagen aus ihrem Programm - mal spektakulär, mal fetzig und rockig. Das Personal selbst zeigt bei der Kostümierung durchaus Potenzial zur Selbstironie. Die Ausländerbehörde etwa, deren Mitarbeiter als Seeleute kommen und wegen ihrer ständigen hausinternen Umzüge ein schwimmendes Containerprovisorium auf der Donau vorschlagen. Als Tesafilm gehen die Angestellten der Kreiskasse - weil alle anderen Klebstoffe längst unzulässig sind. Hippies mit schrillen Brillen und Perücken, eine Freiheitsstatue, Kaminkehrer und viele weitere kostümierte Gestalten tummeln sich im Sitzungsaal und genießen die arbeitsfreie Zeit.

Viele Mitarbeiter der Behörde haben sich unterdessen ganz bewusst dezent verkleidet und gehen kurzerhand als Landkreisangestellte. Fasching ist eben nicht jedermanns Sache. Das dürfte auch Faschingsmuffel Roland Weigert, der in den vergangenen Jahren meist durch Abwesenheit bei dem Spektakel auffiel, nur allzu gut verstehen.