Neuburg
Erzbischof bittet um Solidarität und Gebete

Geistlicher aus dem Libanon spricht in Neuburg über die Situation verfolgter Christen im Nahen Osten

08.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:16 Uhr

Feierte die Vorabendmesse in Heilig Geist: Erzbischof Flavien Joseph Melki aus dem Libanon. Melki sammelt Spenden für ein Waisenhaus, ein Seniorenheim und für die Kirche im Libanon. - Foto: Hammerl

Neuburg (ahl) Einen eindringlichen Appell an alle europäischen Christen richtet der emeritierte Erzbischof Flavien Joseph Melki aus Beirut im Libanon. Er bittet um Solidarität und Gebete für verfolgte Christen im Nahen Osten. Die Vorabendmesse feierte er in der gut besuchten Heilig-Geist-Kirche.

Sachlich, ruhig, dabei aber ausdrucksstark schilderte der Erzbischof der mit Rom unierten syrisch-antiochenisch-katholischen Kirche die Lage der verfolgten Christen vor allem in Syrien und dem Nordirak. „Sie wollen treu zu Jesus stehen, sind in ihrem Glauben verankert und müssen täglich ihr Kreuz dafür auf sich nehmen“, sagte Melki, manche bezahlten „ihr christliches Leben mit dem Tod“. Einst hätten eine Million Christen im Irak gelebt, heute seien es nur noch rund 200 000. In Mossul und Umland, wo Aramäisch, die Sprache Jesu, sprechende Christen lebten, gebe es heute erstmals seit 2000 Jahren keine Christen mehr, nachdem sie vor die Wahl gestellt worden waren, ihr Zuhause zu verlassen oder zum Islam überzutreten. Aleppo, ein wichtiges Handelszentrum, sei zugleich Sitz von sieben katholischen oder orthodoxen Bischöfen, von denen zwei vor einiger Zeit entführt worden seien. „Niemand hat seitdem mehr eine Nachricht von ihnen erhalten“, berichtete Melki in ausgezeichnetem, nahezu akzentfreiem Deutsch. Kathedralen würden belagert, bombardiert und zerstört, viele Christen seien auf der Flucht, es fehle am Lebensnotwendigen.

Der Libanon ist traditionell Zufluchtsort für Christen aus Nachbarländern. Doch auch hier gebe es zunehmend Übergriffe muslimischer Extremisten, zudem brächten die Flüchtlinge – 1,5 Millionen sind es derzeit bereits – Unsicherheit und steigende Kriminalität mit, was die Menschen im Libanon verunsichere. Daher bat der 82-Jährige, dem sein hohes Alter kaum anzumerken ist, um Gebete für den Frieden und Solidarität mit den Christen im Nahen Osten.

Kaplan Markus Schrom hatte eingangs bereits um großzügige Spenden gebeten für die Projekte Melkis, ein Waisenhaus und ein Seniorenheim für ehemalige Priester sowie für die Kirche im Libanon, die Glaubensflüchtlingen weiterzuhelfen versuche, obwohl sie selbst über keine Mittel verfüge. Ebenso ergreifend wie seine Worte waren auch der Gesang des 82-Jährigen, der das Vaterunser nach gemeinsamem Gebet noch einmal auf Aramäisch sang – in eingängiger Melodie, in die, so schien es, einige Menschen im Kirchenschiff einstimmten.

Eigentlich gehöre in die Kirche keine Politik, merkte der Erzbischof an, dennoch müsse er in dieser politisch-religiösen Situation sagen, dass „der Krieg nicht aufhören kann, solange die Amerikaner die Rebellen unterstützen“. Die Russen unterstützten die Regierung, die anderen Religionen wesentlich toleranter gegenüber sei als die islamistischen Rebellen. Waffenlieferungen westlicher, christlicher Staaten könnten nicht die Lösung sein, denn muslimische Staaten ließen sich nichts von außen aufoktroyieren, erläuterte Bischof Melki in seinem anschließenden Vortrag im Pfarrsaal Heilig Geist. Diktatoren wie Saddam hätten innere Stabilität gebracht und damit den Christen ermöglicht, ihre Religion zu leben.

„Es sind auch syrische Christen hier, die sicherlich Ihretwegen gekommen sind“, stellte Kaplan Schrom abschließend fest, ehe er dem hohen Gast für sein Kommen dankte. Der wiederum revanchierte sich mit Dankworten im Namen der syrischen Kirche, der ältesten der Welt, denn in Antiochia habe Petrus die erste Kirche gegründet. Doch nach 14 Jahrhunderten, während denen „Christen verfolgt und massakriert wurden“, bestehe sie heute nur aus einer kleinen Minderheit.